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Top-Mediziner sagt, wie lange Corona-Behandlung dauert

Mit 620 Patienten spitzt sich die Lage auf den Intensivstationen weiter zu. Top-Mediziner Michael Joannidis sprach mit "Heute" über seine Erfahrungen. 

Heute Redaktion
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Die Lage auf den Intensivstationen ist "angespannt bis kritisch".
Die Lage auf den Intensivstationen ist "angespannt bis kritisch".
Picturedesk

620 Patienten am Sonntag. Die Lage auf den Intensivstationen sei "angespannt bis kritisch", sagt Michael Joannidis zu "Heute". "Laut Prognosen wird in zwei Wochen die Spitzenbelastung erreicht", erklärt der Leiter der Internistischen Intensivstation der Uniklinik Innsbruck. Erfahrungen aus dem Vorjahr zeigen, dass nach Erreichen des Peaks die Anzahl der Intensivpatienten "nur sehr langsam abnimmt". Die hohe Belastung werde "mindestens bis Ende Jänner, vermutlich sogar bis März 2022 andauern", so der Uni-Professor.

Die Sterblichkeitsrate auf Intensivstationen liege bei 30 Prozent, überlebende Patienten blieben im Schnitt noch zehn Tage auf Normalstationen. Auch längere Zeit danach seien "starke körperliche Beeinträchtigungen" möglich. Die Wirkung der Omikron-Variante sei derzeit noch unklar, so Joannidis. Ein Unterlaufen des Impfschutzes sei zwar möglich. Doch es müsse sich erst herausstellen, ob Omikron die dominierende Delta-Variante verdrängen könne. Das sei unsicher.

Peak in "circa zwei Wochen" erreicht

Wie beurteilen Sie die derzeitige Lage auf Intensivstationen?

Michael Joannidis: Die Lage ist angespannt bis kritisch. Allerdings gibt es regionale Unterschiede, die von der jeweiligen Infektionszahlen und lokalen Clusterbildungen abhängen.

Wann ist der Peak erreicht?

Nach den derzeitigen Prognosen in circa zwei Wochen. Allerdings zeigten die Erfahrungen aus der Welle im Vorjahr, dass auf die Intensivstationen nach dem Erreichen des Peaks die Anzahl der Patienten nur sehr langsam abnimmt und daher die hohe Belastung mindestens bis Ende Jänner vermutlich sogar bis März 2022 andauern wird.

Kann man die Lockdown-Wirkung schon beurteilen?

Erfahrungsgemäß dauert es mindestens zwei Wochen bis sich der Rückgang der Infektionszahlen auf die Intensivstationen auswirkt.

Michael Joannidis
Michael Joannidis
Uniklinik Innsbruck

Nachbehandlung kann Wochen dauern

Wie lange brauchen Patienten nach der Intensivstation noch Pflege auf Normalstationen?

Wir haben aus dem COVID-19 ICU Register das alle Intensivpatienten Tirols erfasst, festgestellt, dass die Patienten nach der Intensivstation im Durchschnitt 10 Tage noch auf der Normalstation behandelt werden müssen. Die wirkliche Aufenthaltsdauer hängt jedoch vom Schweregrad der Erkrankung ab. Wenn die Patienten intubiert waren, dauert die Nachbehandlung länger, nach einer ECMO (Herz-Lungen-Maschine übernimmt Organfunktionen) dauert sie oft wochenlang. Oft ist ein Reha-Aufenthalt nötig.

Wie hoch ist der Prozentsatz der Patienten, die bleibende Schäden davontragen?

Das ist nicht so einfach zu beantworten. Es hängt wieder vom Schweregrad der Erkrankung ab. Ohne Intubation erholen sich die Patienten üblicherweise vollständig. Bei einem schweren ARDS (Acute Respiratory Distress Syndrome, akutes Lungenversagen) und Intubation dauert es oft Monate bis die Patienteninnen wieder komplett im Leben stehen. Das war bei diesem Krankheitsbild aber schon vor Corona bekannt. In einigen Langzeitstudien nach ARDS waren 60 Prozent der Pateinten, die die Erkrankung überlebt haben, noch nach einem Jahr stark körperlich und/oder psychisch beeinträchtigt. Nach einer ECMO kann dieser Prozentsatz noch höher sein, hier werden valide Daten aber erst erhoben.

30 Prozent der Intensivpatienten sterben

Wie hoch ist der Prozentsatz der ICU-Patienten, die es nicht schaffen?

In Tirol waren es ca. 30 Prozent. Aber auch hier gibt es starke regionale und nationale Unterschiede. Aus manchen Ländern werden Sterblichkeitsraten von bis zu 50 Prozent berichtet.

Wie schätzen Sie die Wirkung der Omikron-Variante ein? Gibt es schon genug Daten?

Hier ist noch das meiste unklar. Die ca. 30 Mutationen im Spike Protein dieser Variante lassen die Möglichkeit offen, dass sie unseren derzeitigen Impfschutz unterlaufen könnten, das wird aber gerade im Detail untersucht. Allerdings muss es sich ja noch herausstellen, ob diese Variante wirklich fitter als die derzeit dominierende Delta Variante ist. Es ist ja schon im Frühjahr 2021 eine sogenannte Escape Variante aus Südafrika (B 1.351) in mehreren Ländern Europas und auch in einem Bezirk Tirols aufgetreten. Diese war aber dann letztendlich doch weniger fit und hat sich gegen die damals vorherrschende (britische) Alpha (B 1.1.7) Variante und die nachfolgende Delta Variante nicht durchsetzen können.

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    ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com