Politik
Ingrid Felipe tritt grünes Glawischnig-Erbe an
Erwartungsgemäß kürten die Grünen Ingrid Felipe zur neuen Parteichefin. Spitzenkandidatin Lunacek nennt Strache "Austro-Trump".
Die Grünen wählten am Sonntag bei ihrem Bundeskongress im Linzer Design Center ihre neue Doppelspitze. Ingrid Felipe wurde mit 93,7 Prozent zur Bundessprecherin und Ulrike Lunacek mit 96,5 Prozent zur Spitzenkandidatin für die Nationalratswahl gekürt. Die beiden folgen der zurückgetretenen Eva Glawischnig nach, die bei ihrer ersten Wahl zur Bundessprecherin 2009 auf stolze 97,4 Prozent kam.
Vergeben wurden auch die vorderen Plätze auf der Bundesliste für die Wahl, deren Kandidaten von von Felipe persönlich vorgestellt wurden. Ob Haudegen Peter Pilz auf der Liste kandidieren wird, entscheidet sich erst am Nachmittag.
Das Hearing und die Wahl der Tirolerin Felipe zur Parteichefin bildeten den ersten Programmpunkt im Design Center. Man werde um jede Stimme kämpfen, unterstrich Felipe, "von Donaustadt bis Favoriten". Sie glaube an einen Erfolg bei den Wahlen im Oktober, an Hoffnung "sei nie etwas verkehrt". Hierzulande gebe es drei Überzeugungen, die man für unverrückbar halte, spottete sie, nämlich dass Österreich eine große Fußballnation sei, ein echter Wiener nicht untergehe und dass Wahlumfragen immer richtig lägen.
"Solidarische Gesellschaft"
Eine "solidarische Gesellschaft in einer intakten Umwelt" stehe im Zentrum grüner Politik, hatte Felipe betont. Felipe zeigte sich auch "einigermaßen enttäuscht" von der SP-Entscheidung, sich von Rechtspopulisten wie der FPÖ nicht mehr abzugrenzen. "Mit Rechtsstaatlichkeit taktiert man nicht", richtete sie SP-Chef Christian Kern aus. Bisherige SP-Wähler, die ähnlich denken, seien "herzlich eingeladen, ihre Stimme bei der Nationalratswahl den Grünen zu geben".
Lunacek nennt Strache "Austro-Trump"
Auch Lunacek langte ordentlich zu. Sie bezeichnete die Nationalratswahl am 15. Oktober als „Richtungsentscheidung". „ÖVP und SPÖ sind in den letzten Monaten in einem atemberaubenden Tempo Richtung Rechts gerückt." Für die Grünen gehe es deshalb darum, Haltung zu zeigen: „Wir machen nicht blau."
Demokratie und Rechtsstaatlichkeit würden derzeit in Europa ausgehöhlt, warnte Lunacek. „Ich kann nicht tatenlos zusehen, wie Österreich in Richtung Orban abdriftet." Und sie wolle auch nicht mit ansehen, wie Österreich noch einmal den Preis einer schwarz-blauen Regierung bezahle: „Dieser Preis war zu hoch." Die Grünen würden auch nicht hinnehmen, dass FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache, den Lunacek „Austro-Trump" nannte, Vizekanzler oder Kanzler dieser Republik werde.
Und wieder der "Vollholler"
Speziell ÖVP-Chef Sebastian Kurz bekam für seinen Vorstoß zur Schließung der Mittelmeer-Route sein Fett ab. „Man kann Menschen auf der Flucht nicht einfach abdrehen, wie man einen Wasserhahn abdreht. Das ist Vollholler", meinte Lunacek in Anspielung auf ein Zitat von Bundeskanzler Christian Kern.
Das höchste Gremium
Der jährlich stattfindende Bundeskongress ist das höchste Gremium der Grüne. Er setzt sich zusammen aus den Delegierten der neun Bundesländer und des "zehnten Bundeslandes" (ethnische Minderheiten), den Abgeordneten des Europaparlaments, des Nationalrats, des Bundesrats, der Landtage, den Regierungsmitgliedern, dem Bundesvorstand der Grünen und dem Bundesvorstand der Grünen Bildungswerkstatt. (GP)