Coronavirus

"Ich bitte Sie!" Rauch streitet mit ORF-Star in ZIB2

Die Corona-Quarantäne fällt am 1. August – Experten sehen den Schritt kritisch, doch Gesundheitsminister Rauch verteidigt in der ZIB2 das Aus!

André Wilding
ORF-Moderator Martin Thür im Gespräch mit Gesundheitsminister Johannes Rauch.
ORF-Moderator Martin Thür im Gespräch mit Gesundheitsminister Johannes Rauch.
Screenshot/ ORF

Die Bundesregierung hat am Dienstag den Variantenmanagementplan vorgelegt, der den weiteren Weg Österreichs durch die Pandemie in vier Szenarien zeichnet. Für die nächsten Monate setzt die Regierung auf die Kombination aus Auffrischungsimpfungen und dem verstärkten Einsatz von COVID-19-Medikamenten.

Damit können Menschen mit erhöhtem Risiko für einen schweren Verlauf wirksam geschützt werden. Die Absonderung Infizierter wird ab 1. August durch eine Verkehrsbeschränkung von zehn Tagen ersetzt: Infizierte ohne Symptome dürfen das Haus verlassen und sogar zur Arbeit gehen – sofern sie durchgehend eine FFP2-Maske tragen.

Kranke Personen gehen wie bei allen anderen Krankheiten in den Krankenstand. Gleichzeitig wird die Risikogruppen-Verordnung wieder in Kraft gesetzt: Menschen aus Risikogruppen können damit ins Homeoffice wechseln bzw. von der Arbeit freigestellt werden.

Mehrere Experten können mit dem Quarantäne-Aus aber nicht wirklich etwas anfangen und üben an der Lockerung heftige Kritik. Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) war am Dienstagabend zu Gast in der "Zeit im Bild 2" und stellte sich im Interview mit ORF-Moderator Martin Thür hinter die Lockerung.

"Es ist nicht egal, wie man sich verhält"

"Die Maske ist das beste Schutz-Instrument, das wir haben", sagte Minister Rauch zu Beginn des Gesprächs auf die Frage von Thür, ob es ihm unangenehm wäre, wenn dieser Corona-positiv wäre und mit Maske das Interview führen würde. Ihm sei dabei "grundsätzlich nichts egal, was mit Corona zu tun hat."

Angesprochen auf das Ende der Quarantäne, wollte der Minister festhalten, dass "wir eine veränderte Situation haben und eine komplett andere Virus-Variante." Außerdem würde es auch eine Impfung bzw. Medikamente geben, die gegen schwere Verläufe schützen würden.

Als Moderator Thür darauf anspielte, dass vermutlich nicht alle Infizierten eine FFP2-Maske tragen werden, wenn sie das Haus verlassen und in ein Lokal oder Bad gehen, antwortete der Minister: "Das haben Infizierte bisher auch schon gemacht." Es sei natürlich "nicht egal, wie man sich verhält." Bislang war es so, dass Corona-Kranke zu Hause bleiben mussten – das wird ab 1. August nun geändert.

"Ich trage die Verantwortung dafür"

Als Beispiel, wie gut eine Abschaffung der Quarantäne funktionieren kann, nannte der Minister die Schweiz. "Die Schweiz hat die Quarantäne abgeschafft und es hat überhaupt keinen Effekt auf die Spitalszahlen gegeben." Die Kontrollen sieht Rauch jedenfalls nicht als ein Problem, diese seien auch bisher nur "stichprobenartig" durchgeführt worden.

Man sei aber natürlich darauf angewiesen, "dass sich die Menschen daran halten." Außerdem könne man sich auch wieder telefonisch krankschreiben lassen und die Risiko-Verordnung komme ebenfalls wieder. Verkehrsbeschränkungen seien in der jetzigen Situation jedenfalls ausreichend, so Rauch.

"Wir haben eine andere Situation und eine andere Variante und ich halte das für vertretbar. Und ich trage auch die Verantwortung dafür", erklärte der Gesundheitsminister. Die Kritik aus Wien an der Abschaffung der Quarantäne sei jedenfalls "massiv".

"Ich liebe meine Frau"

Im Interview wurde der Minister auch auf die Aussage seiner Frau angesprochen, die das Verhalten von Rauch "falsch" nannte. Dazu der 63-Jährige: "Ich liebe meine Frau, sie hat eine andere Meinung und das ist gut so. Sie spricht in ihrer Rolle als SPÖ-Landesparteivorsitzende." Einen Druck spüre er jedenfalls nicht, die Quarantäne abschaffen zu müssen.

"Entschuldigen Sie! Ich bin lange genug im Geschäft und ich bin nicht jemand, der Druck nachgibt. Die Pandemie hat nicht nur Folgen im körperlichen Bereich, es gibt auch massive Auswirkungen auf die Psyche." Man müsse nun darauf schauen, ein gesellschaftliches Klima zu schaffen und mit der Pandemie zu leben.

Als Thür ein paar Beispiele mit Rauch durchgehen wollte, zeigte sich der Minister davon wenig begeistert – es entbrannte ein hitziges Streit-Gespräch zwischen den beiden. "Herr Thür, ich bitte Sie. Das ist eine weltfremde Sichtweise", so Rauch auf die Frage, wie das in der Praxis funktionieren kann, wenn ein Infizierter in einem Großraumbüro acht Stunden lang keinen Schluck Wasser trinken bzw. etwas essen soll, weil er die Maske nicht abnehmen darf.

"Tun wir jetzt nicht so"

Immerhin würde es laut Johannes Rauch in Großraumbüros bereits diverse Sicherheitskonzepte geben, wie etwa Glasscheiben oder auch Aufenthaltsräume, wo man sich zurückziehen könnte. "Das ist Alltag und tun wir jetzt nicht so, als wäre ein Leben mit der Pandemie nicht möglich. Wir werden lernen müssen, als Nation mit der Pandemie einen guten Umgang zu finden."

"Niemand muss arbeiten gehen, wenn er krank ist", versichert Rauch. Es gebe aber Medikamente, die bisher noch zu wenig bei Patienten ankommen würden, die gegen schwere Verläufe helfen würden. Und auch beim Thema Kindergärten lieferten sich Rauch und Thür eine hitzige Diskussion.

Infiziertes Kind mit "Maske" in Betreuung

"Kein Mensch auf dieser Welt, kein Elternpaar kommt auf die Idee, Kinder mit Windpocken irgendwohin zu schicken! Niemand wird auf die Idee kommen, ein positiv getestetes Kind in den Kindergarten zu bringen!", so Rauch. Sollte das Kind infiziert sein, aber keine Symptome haben, könnten Eltern es mit Maske in die Betreuung geben.

Als ORF-Moderator Martin Thür dem Ministerin daraufhin klar machen wollte, dass dies aber in der Bundeshauptstadt nicht möglich sei, antwortete Rauch etwas genervt: "Was die Stadt Wien in dieser Frage macht, wird die Stadt Wien zu entscheiden haben."

Laut Johannes Rauch würde es zudem natürlich Möglichkeiten geben, dass sich die Lage in Österreich wieder verschärfe. "Wir haben Pläne, aber das Virus hält sich nicht an Pläne. Wenn neue Varianten auftauchen, dann reagieren wir", stellte der Minister am Ende der Sendung klar.

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