Ukraine-Krieg
Horrende Verluste – Hälfte aller Putin-Panzer verloren
Wladimir Putins Invasion der Ukraine fordert immer höhere Verluste. Seine Armee soll bereits die Hälfte ihrer einsatzbereiten Panzer verloren haben.
Die russische Armee hat bei ihrem Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Schätzungen des US-Verteidigungsministeriums bereits die Hälfte ihrer Kampfpanzer verloren. "Vermutlich die Hälfte des Hauptbestands an Panzern" der russischen Armee sei "von der Ukraine zerstört oder beschlagnahmt" worden, sagte am Freitag Celeste Wallander, Staatssekretärin für Internationale Sicherheitsfragen im US-Verteidigungsministerium.
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Die genaue Zahl der Verlusten ist nicht bekannt, den ukrainischen Streitkräften zufolge soll die russische Armee bei ihrer Invasion bereits mehr als 3.200 Panzer auf unterschiedlichste Weise verloren haben. Aktuelle Angaben zu den eigenen Verlusten gibt es aus dem Kreml nicht, die herausgegebenen Daten beider Seiten lassen sich auch nicht unabhängig überprüfen.
Horrende Zahl visuell bestätigter Verluste
Es gibt aber eine Unterkante, deren Höhe aber an sich schon erschütternd ist: Die niederländische Gruppe "Oryx" bzw. "Oryxspioenkop", die sich auf Verteidigungsanalysen spezialisiert hat, hat anhand von Fotos aus dem Kriegsgebiet eine Liste der visuell bestätigten Verluste beider Seiten erstellt und veröffentlicht.
Hierbei wurden Fotos und Videos von Wracks aus dem Kriegsgebiet genau auf den Typ und die Herkunft des Geräts untersucht, dann einem Zeitpunkt und einem Ort zugeordnet. Die Datenbank wird regelmäßig auf mögliche Doubletten durchforstet und diese danach gelöscht. "Oryx" wird von zwei ehemaligen "Bellingcat"-Mitarbeitern in den Niederlanden betrieben.
Mehr als 1.000 Putin-Panzer zerstört
Anhand dieser Daten gelingt eine, von den beiden im Krieg befindlichen Staaten unabhängige Einschätzung der horrenden Verluste. Visuell gesichert ist demnach, dass mindestens 1.008 Kampfpanzer aus Putins riesigem, größtenteils aus der Sowjetunion geerbten Arsenal, bereits zerstört wurden. 79 Panzer wurden beschädigt, 87 zurückgelassen und 546 – mehr als die Hälfte sind vom Typ T-72 – von den ukrainischen Streitkräften gekapert.
Militäranalyst Jakub Janovsky, der selbst an "Oryx" mitwirkt, wurde dazu wie folgt in CNN zitiert: "Russland ging in diesen Krieg mit 3.000 einsatzbereiten Kampfpanzern. Es besteht eine große Chance, dass Russland bereits die Hälfte davon verloren hat."
Wettrüsten für die Front
Wie viele der gekaperten Ex-Putin-Panzer von den Verteidigern wieder flott gemacht und auf der eigenen Seite wieder an die Front geschickt werden konnten, ist unklar. Und: die Verluste könnten weit höher sein, denn nicht immer dürften Soldaten mit Smartphone und Internetverbindung vor Ort sein, um Fotos zu machen.
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Allerdings lässt Putin jetzt auch die alten Sowjet-Depots räumen, wo noch immer tausende Uralt-Panzer schlummern. Selbst wenn nur ein Bruchteil wieder flott gemacht werden kann, wären es dennoch mehr als viele Länder Europas überhaupt aktuell im Einsatz haben.
Westliche Panzer für die Ukraine
Doch auch die Ukraine bekommt in den nächsten Wochen neue Panzer durch mehrere westliche Verbündete. Großbritannien hat Kiew die Lieferung von Challenger-2-Kampfpanzern für März zugesagt. Deutschland will in einer Koalition mit anderen Staaten bis April ein Bataillon an Leopard-2-Panzern in die Ukraine liefern. Die USA haben ebenfalls ein Bataillon aus 31 Kampfpanzer vom Typ Abrams zugesagt. Ihre Lieferung dauert jedoch aller Voraussicht nach wesentlich länger.
Russen rücken auf Bachmut und Wuhledar vor
Wagner-Söldner und reguläre russische Truppen sind nach Einschätzung britischer Militärexperten in den vergangenen Tagen auf die ostukrainischen Städte Bachmut und Wuhledar vorgerückt – erlitten dabei aber teils hohe Verluste. Das ging aus dem täglichen Geheimdienst-Update des Verteidigungsministeriums in London am Freitag hervor. "Russische Kräfte dominieren zunehmend die nördlichen Zufahrtswege nach Bachmut. Im Süden sind russische Einheiten auf den westlichen Rand des Ortes Wuhledar vorgerückt (...)", hieß es darin.
Russische Truppen hätten wohl besonders hohe Verluste um Wuhledar erlitten, weil unerfahrene Einheiten zum Einsatz gekommen seien, hieß es. Bei einem einzigen Vorfall seien 30 weitgehend intakte gepanzerte Fahrzeuge nach einem missglückten Angriff zurückgelassen worden.
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlicht seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine Ende Februar vergangenen Jahres unter Berufung auf Geheimdienstinformationen täglich Updates zum Kriegsverlauf. Damit will die britische Regierung sowohl der russischen Darstellung entgegentreten als auch Verbündete bei der Stange halten. Moskau wirft London eine gezielte Desinformationskampagne vor.
Putin hält Rede zur Lage der Nation
Der russische Präsident Wladimir Putin wird seine Rede zur Lage der Nation am 21. Februar, kurz vor dem Jahrestag seines Krieges gegen die Ukraine, halten. Die Föderale Versammlung – die Staatsduma und der Föderationsrat – trete dazu im Veranstaltungszentrum Gostiny Dwor in Kreml-Nähe zusammen, teilte Putins Sprecher Dmitri Peskow am Freitag mit. Bereits seit Tagen wurde in Moskau über das Datum der seit langem erwarteten Rede Putins spekuliert. Am 24. Februar wird es ein Jahr her sein, dass der Präsident die Invasion in die Ukraine befohlen hat.
Putin werde auf die aktuelle Lage eingehen und sich zur Wirtschaft und zur Sozialpolitik äußern, sagte Peskow. Wegen der Sanktionen des Westens im Zuge von Putins Krieg gegen die Ukraine ist die russische Wirtschaft massiv unter Druck. Viele Russen klagen über steigende Preise und hohe Lebenshaltungskosten sowie Perspektivlosigkeit im flächenmäßig größten Land der Erde.
Es wird Putins 18. Rede zur Lage der Nation sein. Diese wegweisenden Auftritte geben die großen politischen Leitlinien für die russische Gesellschaft vor. Zuletzt hatte Putin im April 2021 die Rede zur Lage der Nation gehalten. Im vergangenen Jahr gab es keine; der Kremlchef hatte dies mit einer sehr hohen "Dynamik der Ereignisse" erklärt.
Nicht nur wegen Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine wird die Rede in diesem Jahr weltweit mit Spannung erwartet. In gut einem Jahr sind Präsidentenwahlen in Russland angesetzt. Beobachter gehen davon aus, dass der 70-Jährige nach mehr als 20 Jahren an der Macht 2024 erneut für das Amt kandidiert. Putin hatte die Verfassung geändert und kann demnach bis maximal 2036 Kremlchef bleiben, sollte er 2024 und 2030 gewählt werden.