Politik

Höchstgericht stoppt Abschiebung nach Afghanistan

Wegen der aktuellen Sicherheitslage hat der EGMR eine Abschiebung von Österreich nach Afghanistan kurzfristig gestoppt.

Leo Stempfl
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Seit Mai diesen Jahres erobern die Taliban Stück für Stück Afghanistans
Seit Mai diesen Jahres erobern die Taliban Stück für Stück Afghanistans
Rahmat Gul / AP / picturedesk.com

Die politische Debatte im Juli stand ganz im Zeichen der Abschiebungen nach Afghanistan. Dort verschärft sich die Lage zunehmend. Seit dem Abzug der internationalen Truppen sind die radikalislamischen Taliban auf dem Vormarsch, im Zuge ihrer Bodenoffensive konnten sie bereits den Großteil des Landes unter ihre Herrschaft bringen, auch die zweitgrößte Stadt des Landes ist bereits so gut wie erobert.

Auf der "Abschussliste" stehen nun Zivilsten, die in den letzten Jahren mit der eigentlichen Regierung kooperiert haben oder westliche Werte vertreten. Für Aufsehen sorgte hier etwa ein Fall, über den "Heute" ausführlich berichtete: Ein Englisch-Lehrer sollte aus Wien abgeschoben werden, obwohl er kurz vor seinem Master-Abschluss steht. In seiner Heimat droht ihm der Tod.

Verschnaufpause

Zu einem ähnlichen Erkenntnis kam nun der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Am Dienstag sollte ein Abschiebeflug stattfinden, der Personen aus Österreich und Deutschland nach Afghanistan bringt. Quasi in letzter Sekunde wurde dieser aber gestoppt, wie die Deserteurs- und Flüchtlingsberatung berichtet.

Als Grund nennt der EGMR, dass in Afghanistan eine Verletzung der Menschenrechte drohe. Darüber hinaus wurden drei Fragen an die österreichische Regierung gestellt. Die erste fragt etwa danach, wie Abschiebungen nach Afghanistan generell durchgeführt werden sollen, wenn doch die dortigen Behörden ankündigten, ab 8. Juli keine Abschiebungen mehr zu akzeptieren.

Die letzten beiden Fragen stellen für Menschenrechtsorganisationen das Herzstück dar, denn sie gehen auf die veränderte Sicherheitslage in Afghanistan ein und wollen wissen, ob diese ausreichend berücksichtigt wurde. Bis 31. August wurde die Abschiebung des einzelnen Beschwerdeführers jedenfalls gestoppt, bis dahin haben auch die österreichischen Behörden Zeit, sich zu äußern.

Zur Lage in Afghanistan
Im Global Peace Index liegt Afghnaistan aktuell auf dem letzten Rang Jedes Jahr werden Tausende Zivilsten ermordet. Terroranschläge sind an der Tagesordnung. Im Mai zogen sich die internationalen Truppen zurück, seitdem sind die radikal-islamistischen Taliban wieder auf dem Vormarsch. Das österreichische Außenministerium warnt auf seiner Website: "Bestehendes Risiko von gewalttätigen Auseinandersetzungen, Raketeneinschlägen, Minen, Terroranschlägen und kriminellen Übergriffen einschließlich Entführungen, Vergewaltigungen und bewaffneter Raubüberfälle im ganzen Land. Den in Afghanistan lebenden Auslandsösterreichern und Österreichern, die sich aus anderen Gründen in Afghanistan aufhalten, wird dringend angeraten das Land zu verlassen."

Das sagt das Innenministerium

Gegenüber "Puls24" sagte das Innenministerium: "Wir evaluieren generell vor jeder Abschiebung mehrere Wochen im Voraus die Lage, dabei fließen natürlich auch die politische Lage vor Ort sowie rechtliche Entscheidungen mit ein."

Anfang Juli stellte Bundeskanzler Sebastian Kurz bereits klar: "Auch der Forderung der NGOs, einen Abschiebestopp nach Afghanistan zu verhängen erteile ich eine klare Absage. Ganz im Gegenteil: Es muss mehr und nicht weniger abgeschoben werden."