Politik

"Herr Kanzler, können wir ein Selfie machen?"

Heute Redaktion
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In Teil vier der "Heute"-Öffi-Talks begleiteten wir Sebastian Kurz von seinem Heimatbezirk Meidling zum Kanzleramt, sein Amtssitz bis 27. Mai – das gestaltete sich schwieriger als erwartet.

Interviews mit Spitzenkandidaten während des Wahlkampfs – und das auch noch in den Öffis – sind generell kein leichtes Unterfangen. Mit Ex-Kanzler Sebastian Kurz sind sie aber beinahe unmöglich.

"Schuld" daran ist die augenscheinlich hohe Bekanntheit des ÖVP-Chefs. Das zeigt sich von Anfang an: Als wir Kurz in der U-Bahn-Station Meidlinger Hauptstraße ("Ich wohne hier gleich ums Eck") treffen, schaffen wir es nicht einmal bis zum Bahnsteig, ohne dass unser Gespräch Dutzende Male von Passanten unterbrochen wird. Die Frage ist immer die Gleiche: "Herr Kanzler, können wir ein Selfie machen?" Dass Kurz (aktuell) gar nicht mehr Kanzler ist, scheint bei den Menschen nie angekommen zu sein oder wird schlicht ignoriert.

"Dirty Campaigning" als Tatbestand

Gefühlt hundert Selfies später finden wir in der U-Bahn auf dem Weg ins Kanzleramt dann doch Zeit für ein Gespräch. Kurz bemängelt, dass die "Wahlkämpfe leider Gottes immer schmutziger" werden. Für den Meidlinger unumstößlich: Für einen Straftatbestand "Dirty Campaigning", den er schon im Öffi-Talk 2017 gefordert hatte, gebe es "noch immer Bedarf". Generell werde nämlich "viel zu wenig über echte Inhalte" geredet.

Wahlziel

Beim Wahlziel gibt sich der Ex-Kanzler vorsichtig. "Gute Umfragen", so der 33-Jährige, "dürfen nicht dazu führen, dass die Leute (gemeint sind ÖVP-Wähler, Anm.) glauben, es ist ohnehin schon gelaufen." Denn Kurz ist sich sicher: "Wenn es eine Mehrheit links der Mitte gibt, dann ist ganz egal, ob die ÖVP stärkste Kraft wird … Dann wird es diese linke Koalition an uns vorbei geben!" Grundsätzlich will der Ex-Kanzler aber mit allen Parteien verhandeln, vorausgesetzt, "unser Kurs wird fortgesetzt". Der umfasst, skizziert er, den "Kampf gegen illegale Migration, die Senkung der Steuerlast und keine neuen Schulden".

Mit Türkis-Blau II gibt es freilich ein Problem – Herbert Kickl. Kurz betont einmal mehr, dass dieser "nicht wieder Innenminister sein kann". Und er fügt an: "Der Bundespräsident sieht das genauso." FPÖ-Chef Norbert Hofer aber bestand in seinem Öffi-Talk auf Kickl als Innenminister: "Sonst gehen wir in Opposition."

Als wir am Westbahnhof in die U3 umsteigen, eskaliert die Selfie-Situation endgültig. Innerhalb von Minuten folgt uns eine große Menschenmenge. Das Interview steht komplett still. Gut für Kurz: So kommt er noch zu einem "spontanen" Bad in der Menge.

Sebastian Kurz im Wordrap