Pilnacek vs. ÖVP
"Hast versagt" – das brisante Protokoll der Abhöraffäre
Ein neues Tonband soll belegen, wie Ex-Justizgrande Christian Pilnacek über versuchte ÖVP-Interventionen wütete. Dabei fielen brisante Vorwürfe.
Wieder erschüttert eine geheime Aufnahme die Politlandschaft Österreichs. Dieses Mal geht es um ein Tonband, aufgenommen Ende Juli 2023 in einem Wiener Nobel-Restaurant. Darauf zu hören: Wie der mittlerweile verstorbene Ex-Justiz-Sektionschef Christian Pilnacek sich massiv über die ÖVP auslässt, weil diese bei ihm interveniert haben soll. Was Pilnacek dabei enthüllte, könnte brisanter kaum sein. So warf er der ÖVP im Beisein von Vertrauten (einer von ihnen nahm das Gespräch auf), ihn bedrängt zu haben, Ermittlungen gegen die Partei einzustellen. Der "Falter" zitiert Pilnacek aus einem Protokoll der Aufnahme:
„Man verlangt, dass ich Ermittlungen einstelle. Das kann ich nicht, das mache ich nicht! Da kamen ÖVP-Minister, selbst als eine Hausdurchsuchung bei der ÖVP schon stattgefunden hat, kam man zu mir und fragte, warum drehe ich das nicht ab? Ich habe immer gesagt, ich kann es nicht, ich mach es nicht, ich will es nicht.“
Die Wutrede kam zu einem Zeitpunkt, zu dem Pilnacek suspendiert worden war, weil ihm durch geleakte Chats vorgeworfen wurde, versucht zu haben, die Ibiza-Ermittlungen zu torpedieren und Korruptions-Ermittler observieren zu lassen. Zumindest eine Mitschuld an seinem Fall dürfte Pilnacek dabei der ÖVP und vor allem dem Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka gegeben haben:
„In jedem Gespräch sagt der Sobotka, Du hast selber versagt, Du hast es nie abgedreht. Aber das geht nicht und ich mache es nicht. Wir leben in einem Rechtsstaat. (...) “
Wie Pilnacek betonte, sei er nie und nimmer auf die ÖVP-Begehrlichkeiten eingegangen, und habe sich ordentlich Kritik anhören können, warum er denn nicht eingreifen wolle:
„Als ich sagte, tut ihr auch was für meine Unterstützung? (...) kam als Antwort: Du warst ja nie bei uns. Das Zweite ist, dass sie gesagt haben, Du hast ja nie eine Hausdurchsuchung bei uns verhindert. So denken die. Die müssen froh sein, wenn ich nicht irgendwelche Dinge sage“
Wie es im "Falter"-Bericht zudem heißt, belastete Pilnacek nicht nur Sobotka, sondern auch die Ex-Justizministerin Beatrix Karl (im Amt 2011 bis 2013), und zwar im Zusammenhang mit der Telekom-Affäre. Bekanntlich wurden im Rahmen des Skandals Kursmanipulationen der Telekom-Aktie mitsamt unerlaubten Wahlkampf-Spenden vermutet – auch die ÖVP geriet in die Ermittlungen. Und, so der Vorwurf Pilnaceks vor seinen Vertrauten, Ministerin Karl hätte dies auf Druck der Partei abstellen sollen – und habe deswegen das Gespräch mit ihm gesucht:
„Ich kann nichts tun. Ich mache auch nichts. Ist alles rechtswidrig. Kann ich nicht leisten“
Die Affäre Pilnacek
Er war der höchste Justizbeamte im Land – und starb tragisch mit nur 60 Jahren.
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Ansprechstellen für Betroffene
Telefonseelsorge Österreich: 142
Kriseninterventionszentrum Wien: 01/40 69 595
Rat auf Draht: 147
Weisser Ring - Verbrechensopferhilfe: 0800 / 112 112