Brisantes Tonband aufgetaucht

Neuer ÖVP-Krimi um Abhör-Affäre in Wiener Pizzeria

In einem heimlich in einem Nobel-Lokal mitgeschnittenen Gespräch belastet der kürzlich verstorbene Ex-Justizsektionschef Christian Pilnacek die ÖVP.

Newsdesk Heute
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    Christian Pilnacek (l.) packte in der Wiener City über die ÖVP aus – und wurden aufgenommen.
    Christian Pilnacek (l.) packte in der Wiener City über die ÖVP aus – und wurden aufgenommen.
    Helmut Graf, Sabine Hertel

    Ein Nobel-Italiener in der Wiener City, ein Handy und der Erste Nationalratspräsident sind die Zutaten zu jenem brisanten Polit-Krimi, der der Kanzlerpartei schwer auf den Magen schlägt. Wie mehrere Polit-Quellen unabhängig voneinander gegenüber "Heute" bestätigen, wurde ein privates Gespräch des kürzlich verstorbenen Ex-Justizsektionschef Christian Pilnacek in einem Restaurant mitgeschnitten.

    90 Minuten Mitschnitt

    Insgesamt ist die Audiodatei rund 90 Minuten lang. Knapp fünf Minuten davon sind politisch brisant und bringen die Kanzlerpartei und ihren Nationalratspräsidenten schwer unter Druck: So soll Pilnacek zwei Gesprächspartnern aus dem Umfeld des politischen Mitbewerbs darüber berichtet haben, dass die Schwarzen ihm vorgeworfen hätten, die ÖVP bei ihren Justiz-Querelen zu wenig unterstützt zu haben. "Man verlangt, dass ich Ermittlungen einstelle. Das kann ich nicht, das mache ich nicht!", zitiert die Stadt-Zeitung "Falter" aus einem Protokoll über den Tonband-Mitschnitt.

    Man verlangt, dass ich Ermittlungen einstelle.
    Christian Pilnacek 
    am 28.7.2023

    Dass die ÖVP hier Gefallen bei Pilnacek eingefordert hätte, hat Pilnacek freilich im Untersuchungsausschuss unter Wahrheitspflicht diametral anders ausgesagt. Das Gespräch in privater Runde soll laut "Heute"-Infos übrigens im Sommer 2023 stattgefunden haben. Pilnacek war da längst suspendiert, ihm sei im Zuge dessen ein Engagement als Konsulent avisiert worden, wird in Polit-Kreisen erzählt.

    Namentlich belastet er Wolfgang Sobotka und die ehemalige ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl schwer: "In jedem Gespräch sagt der Sobotka, Du hast selber versagt, Du hast es nie abgedreht. Aber das geht nicht und ich mache es nicht. Wir leben in einem Rechtsstaat".

    Pilnacek wurde nur 60 Jahre alt

    Zwischenzeitlich nahm das Schicksal jedoch eine dramatische Wendung. Wie berichtet, ist Christian Pilnacek in der Nacht auf 20. Oktober im Alter von 60 Jahren auf tragische Weise aus dem Leben geschieden. Er war alkoholisiert und als Geisterfahrer auf der S6 bei Stockerau unterwegs gewesen, als er von der Polizei aus dem Verkehr gezogen und ihm der Führerschein abgenommen worden war. Ein Bekannter holte ihn am Wachzimmer ab; wenig später war er tot. Derzeit deutet nichts auf Fremdverschulden hin.

    Suizidgedanken? Es gibt Hilfe.
    Wenn du unter Suizidgedanken, Depressionen oder anderen Ausnahmesituationen leidest, bietet die Telefonseelsorge unter der Nummer 142 von 0-24 Uhr kostenlos und anonym schnelle Unterstützung.
    Weitere Ansprechstellen für Betroffene:
    Kriseninterventionszentrum Wien: 01/40 69 595
    Rat auf Draht: 147
    Weisser Ring - Verbrechensopferhilfe: 0800 / 112 112

    Pilnacek diente als Generalsekretär 

    Pilnacek hatte – vor allem im ÖVP-Umfeld – den Ruf als Spitzenjurist. Er wurde 2018 zum mächtigsten Beamten im Justizressort befördert, stürzte aber tief: Im Februar 2021 wurde der ÖVP-nahe Beamte suspendiert, da er einem betroffenen Investor eine bevorstehende Razzia verraten haben und einer Journalistin Amtsgeheimnisse "gesteckt" haben soll (das Verfahren endete mit einem Freispruch). Einem Kabinettchef im Finanzministerium soll er zudem geraten haben, Rechtsmittel gegen eine von der WKStA durchgeführten Hausdurchsuchung einzulegen. Auch der Chat "Wer vorbereitet Gernot auf seine Vernehmung?" ist vielen noch in Erinnerung. Hierfür setzte es eine Geldstrafe.

    Die Rolle Sobotkas

    Ein Kontakt stach auf dem damals beschlagnahmten Handy von Christian Pilnacek besonders hervor: Eben Nationalratspräsident und ÖVP-Grande Wolfgang Sobotka. 12 Mal telefonierten die Beiden in den vier Tagen vor der Beschlagnahmung des Telefons. Im Anrufprotokoll finden sich etwa mehrere entgangene Anrufe innerhalb weniger Minuten – auch spätabends.

    Der Wahlkampf wirft bereits seine Schatten voraus. Für mich gilt, was Christian Pilnacek unter Wahrheitspflicht im U-Ausschuss gesagt hat.
    Christian Stocker
    ÖVP-Generalsekretär

    Die ÖVP sieht in einer ersten Reaktion den "Niedergang der politischen Kultur in Österreich" voranschreiten. Ein Toter würde instrumentalisiert, so Generalsekretär Christian Stocker. Der schwarze Mandatar verortet die Urheber im Polit-Umfeld: "Ich bin offen gestanden sprachlos, dass seine Person nun dafür herhalten muss, politisches Kleingeld zu schlagen und die Skandalisierungskampagne der SPÖ und FPÖ voranzutreiben." Für ihn gelte, was Pilnacek unter Wahrheitspflicht im U-Ausschuss ausgesagt habe. Wolfgang Sobotka hat persönlich bisher keine Stellungnahme abgegeben. Ob er im – protokollarisch zweithöchsten Amt im Staat – zu halten ist, werden die nächsten Tage zeigen ...

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      Christian Pilnacek ist tot. Die Staatsanwaltschaft Krems leitet die Ermittlungen.
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      Heute, PD
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        Bald wird der vergoldete "Bösendorfer"-Flügel im Empfangssalon des Parlamentes stehen.
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        Heute
        red
        Akt.