Größter Betrug Österreichs
Haibecken, Privatjet – jetzt sind Schnösel-Urteile da
Am Landesgericht Klagenfurt fielen am Mittwoch die Urteile zum größten Betrugsprozess des Landes. Es ging um 20 Millionen Euro & 40.000 Opfer.
Dieser Prozess am Landesgericht in Klagenfurt hat jede erdenkliche Dimension gesprengt. Ab 200 Aktenbestandteilen spricht man von einem Großverfahren, in der EXW-Causa gibt es fast 3.000 Aktenanteile – ein Großverfahren mit "Doppelsternchen" also.
Aber am Mittwoch ist nun nach 60 Verhandlungstagen und etwa 300 Verhandlungsstunden Schluss. Diese waren seit letzten September notwendig, um Licht in das Betrugsnetzwerk zu bringen. Jetzt wird das Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner die Urteile gegen die Angeklagten im Strafverfahren um das Firmenkonstrukt EXW sprechen.
Betrug, Geldwäscherei – darum geht's
Rückblick: Im Juni 2023 hat die Staatsanwaltschaft eine Klage gegen acht Männer eingebracht. Ihnen wird gewerbsmäßig schweren Betrug, Geldwäscherei, Ketten- und Pyramidenspiel sowie kriminelle Vereinigung vorgeworfen. Das Strafmaß betrug ein Jahr bis zehn Jahre Freiheitsstrafe.
Die Zahl der Verdächtigen wuchs. Mittlerweile sitzen auf der Anklagebank sieben Kärntner, zwei Tiroler, ein Italiener und ein Kroate. Ihre Tricks: Sie haben Anlegern hohe Gewinne versprochen, wenn diese in Immobilienprojekte, den Handel mit Kryptowährungen und in die Kryptowährung EXW-Token investieren. Mit dem erhaltenen Geld sollen die Männer aber das eigene Leben finanziert haben.
Die Summe ist dabei gigantisch. 20 Millionen Euro beträgt inzwischen der angeklagte Schaden. Die Summe ist seit dem Prozessgewinn gestiegen, damals waren es "nur" 14 Millionen Euro.
Eine Zeugin nannte in ihrer Einvernahme sogar eine Schadenssumme von 100 bis 120 Millionen Euro. Auch die Anzahl der Opfer ist riesig. Mindestens 40.000 Menschen sollen eingezahlt haben.
Am 27. September 2023 hat am Landesgericht Klagenfurt der Prozess vor einem Schöffengericht unter Vorsitz von Richterin Claudia Bandion-Ortner begonnen. Nach 60 Verhandlungstagen und etwas mehr als ein Jahr später fielen am Mittwoch, dem 23. Oktober, die Urteile.
So luxuriös lebten die Angeklagten
Ein Blick auf die Lebensumstände der Angeklagten zeigt das ganze Ausmaß des Betrugs – was man sonst nur aus diversen Hollywoodfilmen kennt, dürfte hier Realität gewesen sein. An Geld mangelte es ja nicht.
Die Angeklagten sollen dabei Partys in Dubaier Nobelklubs gefeiert und auch das eine oder andere Luxusauto gekauft haben – inklusive Luxusuhr natürlich. Gereist sind die Angeklagten in der bekanntlich besten Klasse – dem Privatjet.
Auch die eigenen vier Wände wurden "ausgeschmückt". So soll es eine Villa samt Haifischbecken geben, ebenso wie Schuhkartons voller Banknoten.
Das Geld, das eigentlich für Investments angedacht gewesen war, soll zudem in Plastiksackerln durch ganz Österreich transportiert worden sein.
So ging die Bande vor
Die Ermittlungen sind laut Staatsanwältin Czedik-Eysenberg durch die Vorgehensweise der Angeklagten maßgeblich erschwert worden. Die Firmensitze wurden nämlich ins Ausland verlegt, etwa nach Dubai, wo es kein Auslieferungsabkommen mit Österreich gibt.
Hinzu kamen auch noch Tarnfirmen und Konten, die auf der ganzen Welt verteilt waren. Die Kommunikation lief über Telegram, eine Plattform, die nicht mit den Behörden kooperiert. Das Geld wurde auf Kryptoplattformen gewechselt, bis die Spur komplett verschwand. Einige der Angeklagten setzten sich außerdem ins Ausland ab, ehe sie erwischt werden konnten oder sich freiwillig gestellt haben.
Konnten in Cannabis investieren
Gegen einiger der Angeklagten laufen zudem weitere Ermittlungen in anderen Betrugsfällen. Dabei handelt es sich etwa um die Causa "My First Plant" (MFP), wo Investoren legal von der Cannabis-Ernte profitieren konnten – mindestens 16 Millionen Euro Schaden und 17.000 Opfern.
War alles von Anfang an geplant?
Die entscheidende Frage im Prozess in Klagenfurt ist: War der Betrug von Anfang an geplant? "Ja", sagt Staatsanwältin Caroline Czedik-Eysenberg: "Es gab nie gewinnträchtige Projekte, und das war auch nie vorgesehen. Diese waren nur da, um Kunden anzulocken."
Nein, der Betrug sei nicht geplant gewesen, hält Philipp Tschernitz entgegen, der den Hauptangeklagten, einen 27-jährigen Klagenfurter, vertritt. Er argumentiert, dass sein Mandat "viel Arbeit investiert und geplant hat, mit verschiedenen Assets Gewinne zu lukrieren". Das System sei dem Klagenfurter aber über den Kopf gewachsen.
Urteile sind gefallen
Das Schöffengericht hat nun eine Entscheidung getroffen. Zwei Angeklagte wurden jeweils zu fünf Jahren 5 Jahre unbedingt verurteilt, zwei Angeklagte zu je 30 Monaten, davon je 21 Monate bedingt auf drei Jahre. Ein Angeklagter erhielt 18 Monate bedingt auf drei Jahre. Die Vorstrafen bei drei Angeklagten werden auf die Strafen angerechnet.
Außerdem müssen sie die gesamten Prozesskosten tragen und Schadenersatz leisten. Mehrere Angeklagte haben schon im Vorfeld angekündigt, im Falle von Verurteilungen, in Berufung gehen zu wollen.
Darüber hinaus gab es fünf Freisprüche. Ein Angeklagter war am Mittwoch nicht vor Gericht erschienen. Alleine die Urteilsverlesung dauerte 30 Minuten.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Am Landesgericht Klagenfurt wurden die Urteile im größten Betrugsprozess Österreichs gefällt, bei dem es um 20 Millionen Euro und 40.000 Opfer geht
- Die Angeklagten, die ein luxuriöses Leben führten und Anleger mit falschen Versprechen betrogen, wurden zu verschiedenen Haftstrafen verurteilt, während einige freigesprochen wurden und weitere Ermittlungen in anderen Betrugsfällen laufen