Welt
Hagia Sophia wird Moschee – Griechen drohen der Türkei
Nach der Umwandlung des Museums der Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee droht Griechenland der Türkei mit Konsequenzen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan habe einen "historischen Fehler begangen", erklärte der griechische Regierungssprecher Stelios Petsas. Auf diese Beleidigung der christlichen Welt müsse es eine entsprechende Antwort geben. Die EU, Russland und die USA nannten die Entscheidung bedauerlich. Die russisch-orthodoxe Kirche zeigte sich entsetzt.
Das Oberste Verwaltungsgericht der Türkei hatte am Freitag den Status der einstigen Kirche als Museum aberkannt. Kurz danach ordnete Präsident Recep Tayyip Erdogan an, das Gebäude für das islamische Gebet zu öffnen. Damit war gerechnet worden.
Umwidmung bis zum 14. Juli
In dem am Samstag für Besucher geschlossenen Wahrzeichen begannen bereits die Vorbereitungen für die Umwidmung. Mitarbeiter des Tourismusministeriums inspizierten die Kuppel und die Minarette, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Der Vorsitzende der Religionsbehörde Diyanet, Ali Erbas, sagte: "Wir haben mit der erforderlichen Arbeit begonnen." Er hoffe, bis zum 24. Juli fertig zu sein. Nach Erdogans Willen soll die einstige Kirche dann als Moschee genutzt werden können.
➤ Die Hagia Sophia (griechisch: Heilige Weisheit) wurde im 6. Jahrhundert nach Christus erbaut und war Hauptkirche des Byzantinischen Reiches, in der die Kaiser gekrönt wurden, und einst das größte Gotteshaus der Christenheit. Nach der Eroberung des damaligen Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 wandelte Sultan Mehmet II. die Hagia Sophia in eine Moschee um. Erst auf Betreiben von Mustafa Kemal Atatürk, dem Begründer der türkischen Republik, wurde aus dem Gotteshaus 1934 ein Museum. Es gehört zum Unesco-Weltkulturerbe.
"Wie der Petersdom in Rom für die Katholiken"
Weil die Hagia Sophia eine so große Bedeutung für die Orthodoxie hat, kamen die deutlichsten Reaktionen aus Griechenland und Russland. Metropolit Ilarion vom Moskauer Patriarchat sprach im russischen Staatsfernsehen von einem Schlag gegen die Orthodoxie. "Für alle orthodoxen Christen auf der Welt ist die Hagia Sophia ein wichtiges Symbol, wie der Petersdom in Rom für die Katholiken." Die Umwidmung werde die Beziehung der Türkei zur christlichen Welt beeinflussen.
Die innenpolitische Lage in der Türkei und die Faktoren, die zur Umwidmung geführt hätten, könnten unterschiedlich eingeschätzt werden, sagte der Metropolit weiter. "Aber das geistige und kulturelle Erbe einer ganzen Welt sollte nicht als Geisel einer politischen Situation genommen werden."
"Opfer von Erdogans Größenwahn"
"Griechenland verurteilt dieses Verhalten Erdogans und wird alles tun, was es kann, damit es Konsequenzen für die Türkei gibt", sagte Regierungssprecher Petsas. Details nannte er nicht. Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis hatte zuvor schon erklärt, dass der Beschluss Erdogans Folgen für die Beziehungen der Türkei zur EU haben werde. Griechenland und der Nachbar der Türkei streiten sich ohnehin schon um Erdgasvorkommen im Mittelmeer und über verschiedene Migrationsthemen.
Die griechische Presse reagierte mit Schlagzeilen wie "Die Hagia Sophia ist Opfer des Größenwahns Erdogans geworden" (konservative Zeitung "Kathimerini"). "Unsinn ohne Ende", hieß es in der konservativen Zeitung "Eleftheros Typos". Griechische Kommentatoren meinten, Erdogans Türkei entferne sich mit großer Geschwindigkeit vom Laizismus, der Trennung von Staat und Religion, und sei auf dem Weg der vollen Islamisierung.
Russlands Vize-Außenminister Alexander Gruschko erinnerte an die Bedeutung der Hagia Sophia. Es gebe heute nicht mehr viele Symbole mit solch einer jahrhundertealten Geschichte, die auch Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit gehabt hätten, sagte er der Nachrichtenagentur Interfax.
"Es schmerzt mich sehr"
Papst Franziskus hat sein Bedauern über die Umwandlung der Hagia Sophia in Istanbul zu einer Moschee zum Ausdruck gebracht. "Ich denke an die Heilige Sophia, und es schmerzt mich sehr". Das sagte der Pontifex nach dem traditionellen Angelusgebet am Sonntag in Rom. Näher äußerte sich das Katholiken-Oberhaupt nicht zu der international umstrittenen Entscheidung der Türkei, das Museum in eine Moschee umzuwandeln.