Kalte Progression

"Gutsherrenart" – Experte kritisiert neue Steuerreform

Die Regierung rühmt sich mit der Abschaffung der kalten Progression. Doch das stimmt so nicht, kritisiert Ökonom Dénes Kucsera von der Agenda Austria.

Robert Zwickelsdorfer
"Gutsherrenart" – Experte kritisiert neue Steuerreform
Finanzminister Magnus Brunner: Abschaffung der kalten Progression "ein Akt der Fairness".
Michael Indra / SEPA.Media / picturedesk.com

Es klingt kompliziert: Zwei Drittel der kalten Progression, also der schleichenden Steuererhöhung, werden  automatisch an die Inflation angepasst. Über das letzte Drittel kann die Regierung freihändig entscheiden. Das hat sie jetzt auch getan.

Ökonom kritisiert: "Weniger Netto vom Brutto, nicht umgekehrt"

Kritik kommt vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria. "Auch wenn der Finanzminister gerne das Gegenteil behauptet: Die kalte Progression wurde nicht komplett abgeschafft, ein Drittel wird immer noch nach Gutsherrenart verteilt. Das heute präsentierte Programm bedeutet konstanten Reallohn, mehr Steuern, weniger Kaufkraft. Also weniger Netto vom Brutto, nicht umgekehrt", sagt Ökonom Dénes Kucsera zu "Heute".

Denn mit knapp 4 % wurden tatsächlich alle Steuergrenzen unter der Inflationsrate von 5 % angepasst. "Damit bleiben alle Steuerzahler betroffen und real belastet", sagt Kucsera. Dieser Effekt kumuliere sich, denn auch im Vorjahr sei das der Fall gewesen, so der Experte.

Dabei wäre laut ihm die tatsächliche Abschaffung der kalten Progression ganz einfach: Es müssten einfach alle Steuergrenzen an die Inflation angepasst werden. Daher kritisiert Kucsera auch die Zweidrittel-Lösung und fordert eine "Dreidrittel-Lösung". "Die Schweiz zeigt uns vor, wie das gehen kann. Die jetzige Lösung ist keine Entlastung der Steuerzahler, sondern nur die Rückgabe der Belastung, die durch die Inflation entstanden ist."

Bis zu 212 Euro mehr am Konto wären möglich

Wären die Steuergrenzen seit 2023 tatsächlich jährlich mit der Inflation angepasst worden, hätte eine Person mit einem Bruttomonatslohn von 4.000 Euro nach Berechnungen der Agenda Austria jährlich 212 Euro mehr am Konto.

Als erfreulich bezeichnet die Agenda Austria die Tatsache, dass Teilzeitkräfte nicht stärker entlastet werden sollen als Vollzeitbeschäftigte. Unklar sei aber, was sozialpolitische Maßnahmen wie die Erhöhung des Kilometergeldes oder der Kinderzuschlag mit der kalten Progression zu tun haben.

Grundsätzlich gebe es unter den Initiativen für die Verwendung des letzten Drittels der kalten Progression begrüßenswerte Vorhaben. Diese sollten aber nicht aus den Mitteln der kalten Progression finanziert werden. "Eine tatsächliche Abschaffung der kalten Progression würde das nachhaltig garantieren statt jedes Jahr aufs Neue den politischen Winden auszuliefern."

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