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Grenz-Hammer! Deutschland-Kontrollen wohl rechtswidrig

Deutschland will trotz Schengen an den Grenzkontrollen zu Österreich festhalten. Für einen EU-Rechtsexperten sind sie jedoch rechtlich nicht zulässig. 

Deutschland will die Grenze zu Österreich weiterhin kontrollieren – ein EU-Rechtsexperte hält das für nicht rechtskonform.
Deutschland will die Grenze zu Österreich weiterhin kontrollieren – ein EU-Rechtsexperte hält das für nicht rechtskonform.
Sven Hoppe / dpa / picturedesk.com

Vorerst weitere sechs Monate will Deutschland seine Grenzen zum Nachbarn Österreich kontrollieren. Für Autofahrer, primär am Grenzübergang Kufstein-Kiefersfelden, bringt das regelmäßig lästige Staus mit sich. Normalerweise sollte es im Schengen-Raum, dem neben Deutschland und Österreich weitere 25 europäische Länder angehören, keine Grenzkontrollen geben. Seit der Flüchtlingskrise 2015 entschieden sich jedoch mehrere Staaten dazu, diese Regelung auszusetzen.

Für den EU-Rechtsexperten Walter Obwexer von der Universität Innsbruck sind die Kontrollen aktuell rechtlich nicht mehr zulässig. Grenzkontrollen sind demnach nur möglich, wenn "eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder inneren Sicherheit" bestehe. Nach sechs Monaten müsse eine Neubewertung der Situation stattfinden – laut Europäischem Gerichtshof (EuGH) dürfen sie maximal zwei Jahre lang durchgeführt werden. 

Was ist eine ernsthafte Bedrohung?

Obwexer stellt nun infrage, ob die dafür notwendige, ernsthafte Bedrohung für Deutschland gegeben sei. Deutschland begründet die Kontrollen mit den ansteigenden Flüchtlingszahlen im Land. Gegenüber dem ORF gab das deutsche Bundesinnenministerium an, dass 2022 23.000 Schutzsuchende die österreichisch-deutsche Grenze passiert hätten. Damit waren es fast doppelt so viele wie im Jahr zuvor (12.600). 

Dieser Umstand rechtfertigt die Kontrollen aus Sicht des Rechtsexperten jedoch nicht. Österreichs Kontrollen an den ungarischen und slowenischen Grenzen attestiert Obwexer ebenso rechtliche Fragwürdigkeit. Begründet werden sie seit Jahren auf dieselbe Art und Weise: Man wolle so irreguläre Migration verhindern. Doch der EuGH bemängelte die österreichischen Kontrollen bereits voriges Jahr als nicht rechtmäßig.

Mitgliedsstaaten müssten eigentlich gemeinsam Maßnahmen setzen

"Der Schengener Grenzkodex geht davon aus, dass wenn es eine Bedrohung wie Migrationsströme gibt, sich die Mitgliedsstaaten eigentlich gemeinsam darauf einigen müssten, Maßnahmen zu setzen, um diese Bedrohung zu reduzieren und die Binnengrenzkontrollen wieder aufzuheben. Es wurde vielleicht zu wenig gemacht, aber trotzdem wurde einiges gemacht in der Verstärkung der Außengrenzkontrollen, der Rückführung von Schutzsuchenden, usw. Daher bezweifle ich, ob diese Grenzkontrollen noch rechtskonform sind", führt Obwexer seine Skepsis aus. 

Laut Schengener Abkommen dürften die Grenzkontrollen nur das letzte Mittel sein, um der jeweilig wahrgenommenen Bedrohung entgegenzuwirken. Nun hat selbst die Gewerkschaft der deutschen Polizei kritisiert, dass die durchgeführten Stichproben keine effiziente Maßnahme in der Bekämpfung irregulärer Migration darstellen würden. Aktuell würden diese nämlich oft an denselben Stellen stattfinden, was die Etablierung von Ausweichrouten zur Folge hätte.

EU hält sich raus

"Im November 2023 wäre rein rechtlich wieder ein Zeitraum von zwei Jahren zu Ende und dann geht es nicht mehr weiter. Außer man findet wieder eine neue Rechtsgrundlage und geht mit Empfehlung des Rates der EU vor. Ob das passiert, weiß ich nicht. Ich schließe aber auch nicht aus, dass die Grenzkontrollen im November um weitere sechs Monate verlängert werden – sowohl in Österreich zu Slowenien als auch in Deutschland zu Österreich – und dass weder die Kommission noch die anderen Mitgliedsstaaten sich dagegen äußern werden", so EU-Rechtsexperte Walter Obwexer gegenüber dem ORF. 

Damit könnt er Recht behalten. Denn: Die Mitgliedsstaaten scheinen derartige unilaterale Maßnahmen stillschweigend zu akzeptieren, nicht zuletzt, da viele selbst Grenzkontrollen eingeführt haben. Auch die Kommission schritt bisher nicht ein. Beobachter meinen, dass sie somit Rücksicht auf die politische Stimmung in Europa nehme. Abgesehen von den Staus hätten sich die negativen Auswirkungen bisher auch in Grenzen gehalten. 

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    ALEX WROBLEWSKI / AFP / picturedesk.com
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