Wien
"Geheime Liste" – So dramatisch ist Wiens Ärztemangel
Den Wiener Spitälern fehlen die Ärzte. Seit 2021 verließen 26 Anästhesisten die Klinik Favoriten. Abhilfe sollen selbstständige Ärzte schaffen.
Dass in Wien Ärztemangel herrscht, ist längst kein Geheimnis mehr – aktuelle Zahlen zeigen jedoch das enorme Ausmaß des Problems. Wie die "Kronen Zeitung" berichtet, sollen seit dem Jahr 2021 bereits 26 Anästhesisten der Klinik Favoriten den Rücken gekehrt haben – bei einer Station mit 36 Dienstposten. Davon verabschiedeten sich 12 in die Pension, 14 wechselten den Dienstort und sollen bei anderen Trägern als dem Wiener Gesundheitsverbund angefangen haben.
250 Euro Stundenlohn für Externe
Um den Betrieb dennoch aufrecht erhalten zu können, werden selbstständige Anästhesisten eingesetzt und Personal aus anderen Krankenhäusern geholt. 250 Euro verdienen die freien Mitarbeiter in der Stunde – mit einigen Diensten habe man dann ein ganzes Monatsgehalt beisammen, so ein Klinik-Insider zur "Krone". Dies sei jedoch nicht das einzige Problem: Die externen Mitarbeiter kommen lediglich für die Operation selbst ins Haus. Vorarbeit, Nachbetreuung und Bürokratie bleibe an den Angestellten hängen. Dennoch: Die OP-Kapazitäten konnten von 4,5 aktiven Operationstischen im Juli auf sechs im August erhöht werden, im Oktober sollen es sieben sein.
Der Ärztemangel betrifft jedoch nicht nur die Spitäler, sondern auch die niedergelassenen Ärzte. In Wien gibt es aktuell 800 Kassenstellen für Allgemeinmediziner, jedoch sind nur 684 aktiv, so die Ärztekammer. 116 Kassenstellen sind also entweder nicht besetzt (35) oder nicht aktiv (81). In der Kinder- und Jugendheilkunde fehlen 15 Ärzte, in der Gynäkologie acht und bei den Hautärzten ebenso acht.
"Als Kassenarzt kann sich das nicht ausgehen"
Kassenstellen werden immer unattraktiver und kaum finanzierbar, erklärt Ärztekammer-Vize Dr. Erik Randall Huber gegenüber der "Krone". Die Kosten für Ärzte seien im Vorjahr um knapp neun Prozent gestiegen, darunter Gehälter, Mieten, Energie oder Material. Die Tarife wurden hingegen nur um 2,6 Prozent angehoben. "Als Kassenarzt kann sich das irgendwann rechnerisch einfach nicht mehr ausgehen", so Huber.
Derzeit verhandeln Ärztekammer und Gesundheitskasse, Ergebnisse liegen noch nicht vor. Für Huber ist klar: Der Bund muss dringend neue Mittel zur Verfügung stellen.