Wien
Gefallene Ex-Ministerin bricht vor Gericht in Tränen au
Der Prozess gegen Sophie Karmasin am Wiener Landesgericht beginnt: Mit kurzer Verspätung traf die Ex-Politikerin ein – von ihren Anwälten abgeschirmt.
Sophie Karmasin, die ins Bodenlose gefallene Ex-Familienministerin, steht jetzt in Wien vor Gericht. Die ehemalige Familienministerin (VP) muss sich im großen Schwurgerichtssaal am Landesgericht wegen mutmaßlichen wettbewerbsbeschränkenden Absprachen und zu Unrecht bezogenen Bezugsfortzahlungen verantworten – eine Haftstrafe droht.
Von Anwälten abgeschirmt, dann AMS-Beichte
Ihre beiden Anwälte – Philipp Wolm und Norbert Wess – deckten die Ex-Ministerin geschickt vor den Kameras ab. Sie erschien im blauen Hosenanzug und mit reinweißer Seidenbluse im Gerichtssaal, nahm dann auf der Anklagebank Platz. Momentan beziehe sie keinen AMS-Bezug, so die Ex-Spitzenpolitikerin.
Anmerkung: Hier stand in einer früheren Version des Artikels, dass sie "einen AMS-Bezug" erhalte. Dabei handelte es sich um ein akustisches Missverständnis, dass von ihrem Anwalt aufgeklärt wurde. Bei der vor Gericht angebenen monatlichen Summe von 300 Euro handelt es sich offenbar um Mieteinnahmen.
Karmasin wird vorgeworfen nach ihrem Polit-Aus ihren Anteil am Ministergehalt von in Summe 78.589,95 Euro weiterbezogen haben soll – obwohl sie andere Einkünfte hatte. Einen Großteil zahlte sie zwar noch vor der Anklage zurück, wie "Heute" ebenfalls berichtete – für die WKStA aber zu spät und nur wegen der "erdrückenden Verdachtslage".
"Sie beging Sozialbetrug in Extremform"
Der Staatsanwalt führte aus, dass Karmasin im Grunde genommen Sozialbetrug begangen habe – und das als ehemals sogar für Sozialleistungen zuständige Familienministerin. "Es gibt sogar eine eigenen Taskforce des BMI, am häufigsten sehen wir Fälle von Schwarzarbeit in der Arbeitslosigkeit. Karmsin hat die Extremform davon betrieben, da sie vermögend und nicht bedürftig war und während der Bezugsfortzahlung durchgehend gearbeitet hat und das noch durch Scheinrechnungen versucht hat zu vertuschen", wurde er im Eröffnungsplädoyer deutlich. Insgesamt betreffe es Einkünfte von 31.910 Euro in mehreren Monaten im Jahr 2018.
"Die Täter Opfer Umkehr ist unangemessen. Wir achten darauf, dass alles korrekt abläuft. Sie durften in der Garage ins Polizeiauto einsteigen, damit es kein Aufsehen gibt", sagte der Staatsanwalt zur Ex-Minsiterin, die daraufhin vor Gericht in Tränen ausbricht.
Zwei-Millionen-Euro-Villa bezogen
Und das, obwohl sie "nicht knapp bei Kasse war", so der Staatsanwalt weiter. Denn sie kaufte in der Zeit auch ein Grundstück in NÖ, "mit traumhafter Aussicht". Darauf wurde dann eine Villa im Wert von zwei Millionen Euro errichtet, in die die Ex-Ministerin gemeinsam mit ihrem Ehemann im April 2018 auch einzog.
Im umfangreichen Fall geht es auch noch um drei Studien für das Sportministerium, die Karmasins Meinungsforschungsinstitut durchführte. Dabei soll sie Preisabsprachen mit zwei Mitbewerberinnen – eine davon ihre frühere Mitarbeiterin Sabine Beinschab – vorgenommen haben, um den Zuschlag zu bekommen.
Beinschab sagt als Zeugin aus
Die Umfragen-Unternehmerin, die in der Chat-Causa um Kurz und Co. als Beschuldigte geführt wird und Kronzeugin ist, sagt am Dienstag jedoch nur als gewöhnliche Zeugin aus. Das Medieninteresse am Landesgericht ist hoch, im Saal saß neben der Reporter-Prominenz des Landes auch Kommunikationsexperte und Ex-Politiker Stefan Petzner. Er hatte zuletzt große finanzielle und private Probleme öffentlich gemacht, siehe hier.
Im Zuge des Ermittlungsverfahrens war es sogar zum echten Knalleffekt gekommen: Karmasin musste kurzzeitig in U-Haft, bezog dort eine Einzelzelle im vierten Stock der Frauenabteilung in der JA Josefstadt – "Heute" berichtete.
Der Prozess ist zunächst auf drei Verhandlungstage bis 9. Mai anberaumt. Zunächst, weil Karmasins Verteidiger Philipp Wolm und Norbert Wess noch keine Entlastungzeugen beantragt hatten. Das komplexe Verfahren könnte nun aber noch weit länger laufen. Im Falle einer Verurteilung, die laut Staatsanwaltschaft auch "aus generalpräventiven Erwägungen" erforderlich sei, drohen der früheren Ministerin bis zu drei Jahre Haft. Es gilt die Unschuldsvermutung.