Politik

FPÖ stimmt gegen eigene TTIP- und CETA-Linie

Nach außen hin hat es breite Ablehnung der FPÖ zu den Freihandelsabkommen TTIP und CETA gegeben. Nun stimmte die FPÖ Schiedsgerichten zu.

Heute Redaktion
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Strache lehnte bisher TTIP und CETA ab, ein Bundesratsbeschluss verwundert nun.
Strache lehnte bisher TTIP und CETA ab, ein Bundesratsbeschluss verwundert nun.
Bild: Sabine Hertel

"TTIP bleibt ein unwägbares Risiko für unsere Gesellschaft. Von uns ein klares NEIN. TTIP muss verhindert werden!!!" und "Wer TTIP und CETA wirklich verhindern will, sollte Van der Bellen nicht vertrauen. Nur Norbert Hofer will und wird die Abkommen ohne Volksabstimmung nicht unterschreiben!" sowie "CETA und TTIP können wir nur gemeinsam mit einem Bundespräsidenten Norbert Hofer verhindern!" sind nur drei Facebook-Statements von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu den Freihandelsabkommen.

Nach außen hin schien die Linie der Freiheitlichen klar zu sein: Nein zu TTIP und CETA, und wenn schon ein "Ja", dann nur nach einer Volksabstimmung darüber. Vor allem die Schiedsgerichte in den Handelsabkommen waren der FPÖ ein Dorn im Auge. Die Sorge: Die privaten Schiedsgerichte könnten die staatliche Gerichtsbarkeit aushebeln. Etwa, wenn internationale Investoren ihre Ansprüche in Österreich durchsetzen wollen.

Große Verwunderung

Politische Beobachter sind deshalb über das Abstimmungsverhalten der FPÖ mehr als nur verwundert. Wie "profil-online" berichtet, weicht die FPÖ in einer aktuellen Abstimmung im Parlament von ihrer bisherigen Position zu Handelsabkommen wie CETA und TTIP ab. Bei einer Abstimmung im Bundesrat am Dienstag stimmte die FPÖ für den Einsatz von Investitionsschiedsgerichten.

Konkret ging es in dem Antrag darum, die österreichische Bundesregierung zu einer Haltung zu verpflichten: Beim Ausverhandeln künftiger Handelsverträge auf EU-Ebene dürfe sie keine Abkommen mehr unterstützen, die "internationale Investitionsgerichte bei Freihandels- und Investitionsabkommen zwischen Staaten mit hochentwickelten Rechtssystemen" umfassen, so der Antrag laut "profil".

FPÖlerin scherte aus

Die SPÖ und die Grünen waren erwartungsgemäß dafür, dass keine Abkommen unterstützt werden, denen diese Investitionsgerichte zugrunde liegen. Die ÖVP stimmte dagegen. Überraschenderweise votierte auch die FPÖ dagegen. Obwohl der Antrag, die Schiedsgerichte abzulehnen, lediglich von SPÖ und Grünen unterstützt wurde, fand er eine Mehrheit. Der Grund ist, dass die beiden Bundesratsabgeordneten Edgar Mayer (ÖVP) und Monika Mühlwerth (FPÖ) während der Abstimmung den Saal verließen, heißt es weiter.

Demnach darf Österreich künftig nicht mehr Abkommen mit Schiedsgerichtsbarkeit auf EU-Ebene unterstützen, denn eine rot-grüne Mehrheit votierte dafür. Von der FPÖ war kurzfristig niemand für eine Stellungnahme gegenüber "profil-online" zu erreichen. Die FPÖ werde ihren Wählern "erklären müssen, wieso sie plötzlich doch für Schiedsgerichte votierten", heißt es von der Grünen Bundesrätin Ewa Dziedzic.

"Die FPÖ hat einen politischen Geschwindigkeitsrekord aufgestellt. Schon bevor die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP abgeschlossen sind, gibt sie zentrale Inhalte auf. Das ist ein absoluter Geschwindigkeitsrekord im Umfallen", attestiert Michel Reimon, Delegationsleiter der Grünen im Europaparlament.

Kuriose FPÖ-Stellungnahme

Einen Tag nach dem Bundesratsbeschluss und anhaltender Kritik am FPÖ-Stimmverhalten nahm FPÖ-Bundesrätin Monika Mühlwerth Stellung. "Bei eventuell zukünftigen Handelsabkommen mit Australien und Neuseeland spielt die SPÖ plötzlich den Schutzherren der Interessen der Österreicher - TTIP und CETA, die realen Gefahren, hat sie aber durchgewunken." Sie erinnert daran, dass Kanzler Kern CETA in Bratislava unterschrieben habe. "Der aktuelle Antrag fällt also in die Kategorie: Haltet den Dieb. Nichtsdestotrotz lehnen wir die privaten Schiedsgerichte ab, da wir in Österreich ein ausreichend entwickeltes Rechtssystem haben und diese Schiedsgerichte nur Großkonzerne bevorzugen."

Die Stellungnahme ist in dreierlei Hinsicht kurios. Erstens hatte Kern laut Stellungnahme das Abkommen nur unter der Bedingung unterschrieben, dass die umstrittenen Schiedsgerichte vorerst nicht aktiv werden. Zweitens stellt sich die Frage, warum die FPÖ dann die Investitionsgerichte mit dem Bundesratsbeschluss unterstützt, wenn sie wie von Mühlwerth betont, diese Schiedsgerichte "nichtsdestotrotz" ablehnt. Und drittens war es Mühlwerth, die während der Bundesrats-Abstimmung den Saal verließ und damit die FPÖ-Unterstützung für den Beschluss zum Kippen brachte.

"Die Politik der FPÖ logisch nachvollziehen zu können, ist ohnehin ein sinnloses Unterfangen, aber man muss doch immer wieder darauf hinweisen, dass diese Partei ganz anders handelt, als sie es vorgibt zu tun", urteilt nach der Stellungnahme Karoline Graswander-Hainz, die handelspolitische Sprecherin der SPÖ-EU-Abgeordneten. "Die FPÖ redet ganz anders als sie handelt. Sie stellt sich zwar gerne als Vertreterin der kleinen Leute dar, aber wenn es ernst wird und sie bei Abstimmungen zu ihrem Wort stehen muss, dann stimmt sie regelmäßig für die Interessen der Großindustrie und der Superreichen", so Graswander-Hainz. Das sei schon bei Abstimmungen zur deutschen Maut und "bei jeder Abstimmung über ArbeitnehmerInnenrechte und Steuergerechtigkeit" zu beobachten gewesen.

Dieser Artikel wurde am 23. November um die Stellungnahmen der FPÖ und SPÖ ergänzt. (red)