Politik
Die 5 Probleme mit dem FPÖ-Historikerbericht
Obwohl der Historikerbericht zur Geschichte der FPÖ fertig sein soll, verzögert sich die Veröffentlichung weiter. "Heute.at" weiß, woran es (noch) hakt.
Eigentlich soll der etwa 1.000 Seiten starke Historikerbericht zur Geschichte der FPÖ im Großen und Ganzen fertig sein. Eigentlich. Denn hatte es anfangs geheißen, man wolle mit der Veröffentlichung die EU-Wahl noch abwarten, betont der blaue Chefideologe Andreas Mölzer, Leiter der Referenzgruppe für die Historikerkommission, jetzt, es gebe "Terminschwierigkeiten wegen Urlaub und Wahlkampf" (wir haben berichtet). Doch das ist nur die halbe Wahrheit - laut "Heute.at"-Recherchen liegt die Verzögerung an folgenden fünf Gründen:
Weit mehr als 1.000 Seiten hat der Bericht der FPÖ-"Historikerkommission", welche im Frühjahr 2018 infolge der NS-Liederbuchaffäre in der Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt (wir haben berichtet) eingesetzt wurde. Um die "dunklen Flecken" in der FPÖ-Geschichte ein wenig aufzuhellen, soll die Partei nun erfolglos versucht haben, israelische Wissenschaftler für einen "Koscher-Stempel" zu gewinnen. Laut APA sollen sich nun zwei Personen bereiterklärt haben, den Bericht fachlich zu "autorisieren". Jedoch soll sich nun Widerstand "von österreichischer Seite" regen.
Insgesamt 17 Beiträge sollen die Geschichte der FPÖ aufrollen und eine "umfangreiche, selbstkritische und schonungslose Aufarbeitung", so Mölzer, liefern. Dazu gehört auch der in den vergangenen Jahren wieder zugenommene Einfluss deutsch-nationaler Verbindungen innerhalb der Partei. Nicht zuletzt soll auch die sogenannte "Liederbuch-Affäre" (wir haben berichtet) rund um den damaligen niederösterreichischen FPÖ-Spitzenkandidaten Udo Landbauer, beleuchtet werden. Doch: Viele Burschenschaften sollen schlichtweg kein Interesse an einer Zusammenarbeit mit der "Historikerkommission" haben.
Unter dem Titel "Julius Raab und Anton Reinthaler - die Stabilisierung der Republik" soll der Historikerbericht auch das Jahr 1956 beleuchten, in dem der damalige Bundeskanzler Raab Einfluss darauf nahm, dass ausgerechnet der NSDAP-Reichstagsabgeordnete Reinthaller zum ersten FPÖ-Bundesparteivorsitzenden aufstieg. "Um die Republik zu stabilisieren, war es Raab wichtig, dass diese Bürger in die demokratische Gesellschaft zurückgeführt werden", erklärt Mölzer. Das blaue Polit-Urgestein weiß aber auch, dass "auf Grund der Auflistung, wie viele NSDAP-Mitglieder zu den Freiheitlichen gingen" für viele Leser die FPÖ "sicher nur als Nachfolgepartei" gesehen werde "ohne den anderen Aspekt zu berücksichtigen". Dazu kommt eine Auflistung der zahlreichen Einzelfälle, bei denen FPÖ-Funktionäre mit rechtsradikalem Gedankengut für Schlagzeilen sorgten. Gerade dieser Aspekt könnte vor den Nationalratswahlen Munition für politische Gegner liefern, den möglichen Wiedereinzug in die Regierung gefährden.
FPÖ-Parteichef Norbert Hofer hatte zuletzt von einer Präsentation des Berichts nach der politischen Sommerpause Anfang August gesprochen. Durchaus möglich, dass dieser Termin angesichts der kurz darauf folgenden Nationalratswahl noch einmal verschoben wird. Die Entscheidung, wie viel FPÖ-"Schonungslosigkeit" (siehe Punkt 4) den Wählern zumutbar ist, liegt beim Parteichef.
"Deutschtümelei", Verbindungen zum rechten Männerbund, die Aufarbeitung der NS-Vergangenheit von blauen Funktionären. Zum Schluss bleibt die Frage, wie viel "Selbstkritik" die FPÖ derzeit verträgt. Ein vorläufiger Bericht soll bereits im Dezember an den damaligen Obmann Heinz-Christian Strache übergeben worden sein (wir haben berichtet). Seitdem ist viel passiert - Stichwort: "Ibiza-Gate". Die FPÖ ist in Umfragen zurückgefallen, die Diskussion um die Rolle von Ex-Innenminister Herbert Kickl spaltet offenbar die Partei. Ob ein "schonungsloser" Kommissionsbericht da gerade zur rechten Zeit kommt, ist sicherlich fraglich. (jd)