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Flüchtlinge reisen mit Privatjet an und bitten um Asyl
Das haben selbst erfahrene Polizisten noch nicht erlebt: Eine Flüchtlingsfamilie gab sich als Diplomaten aus und reiste mit einem Privatjet an.
Am Freitag setzte die Chartermaschine vom Typ Hawker Beechcraft 400A aus dem türkischen Istanbul am Münchner Flughafen auf. Darin befand sich eine vierköpfige Diplomatenfamilie aus dem kleinen Staates St. Kitts and Nevis, die nur eine Nacht auf bayrischem Boden verbringen wollte, um am nächsten Morgen direkt Richtung Karibik weiterzureisen – so zumindest lautete ihre Geschichte, die sie bei der Überprüfung am Terminal einem Beamten der deutschen Bundespolizei gegenüber auftischten.
Weil der vermeintliche Botschafter (49) weder das unter Diplomaten gebräuchliche Französisch noch Englisch sprechen konnte, wurde der Polizist stutzig und bohrte nach. Am Ende stellte sich heraus, dass die Geschichte der Vier genauso falsch war wie die vorgelegten Diplomatenpässe.
Vor dem eigenen Großvater geflüchtet
Bundespolizeipräsidenten Karl-Heinz Blümel erklärt gegenüber "Bild": "Es handelt sich in der Tat um eine sehr außergewöhnliche Form der Einschleusung nach Deutschland. Aber auch in diesem Fall waren die Beamten der Bundespolizeidirektion München sehr aufmerksam und haben den Sachverhalt mit hervorragendem polizeilichen Spürsinn aufgedeckt."
Aus dem zwölfjährigen Sohn konnten die Beamten schließlich eine andere Erklärung herausbekommen. Er und seine irakische Familie seien vor dem eigenen Großvater geflohen. Der strengreligiöse Mann habe gefordert, dass sowohl die Mutter (44) als auch deren sieben Jahre alte Tochter nach islamischem Recht beschnitten werden sollten – und der Familie im Falle einer Weigerung Schlimmes angedroht.
Alles verkauft, um Geld für Schlepper zu haben
Deshalb habe die vierköpfige Familie alles Hab und Gut, ihr Haus samt Garten und ihr Restaurant im Norden des Iraks verkauft. Sechs Tage vor ihrer Aufgreifung in München wollen sie in die Türkei geflohen sein und dann dort von syrischen Schleusern zum Istanbuler Flughafen gebracht worden sein. Für ihren Transport nach Deutschland habe die Familie diesen rund 60.000 Euro gezahlt.
Am Ziel angekommen, baten die vier Iraker die deutschen Behörden nun um Schutz. Die weitere Prüfung dieses Ansuchens liegt nun beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die Bundespolizei hat derweil Ermittlungen gegen die Schleuser aufgenommen.