Politik

Finanzminister sagt an, wie wir jetzt sparen müssen

Mit "Heute" sprach Finanzminister Magnus Brunner (VP) über das Loch im Budget, E-Scooter und enthüllt seinen prominenten Gast am Opernball.

Robert Zwickelsdorfer
Finanzminister Magnus Brunner in seinem Büro in der inneren Stadt.
Finanzminister Magnus Brunner in seinem Büro in der inneren Stadt.
Helmut Graf

"Heute": Was ist ein guter Finanzminister?

Brunner: Ein guter Finanzminister schaut auf die Steuerzahler, versucht, die Menschen zu entlasten, arbeitet daran, dass die Budgets wieder nachhaltig werden und hilft in Krisenzeiten.

Sind Sie ein guter Finanzminister?

Das sollen andere beurteilen. Ich versuche jeden Tag, das Richtige zu machen und das Beste zu geben.

Sind Sie ein Sparefroh?

Ja, schon eher ein Sparefroh. Da hilft mir vielleicht die alemannische Vergangenheit etwas.

Das Budgetloch ist 20,8 Milliarden Euro groß. Müssen wir jetzt sparen?

Wir müssen die Verschuldung runterbringen, das Maastricht-Defizit senken. Jetzt sind wir bei unter 80 Prozent Verschuldung, bis 2026 wollen wir in Richtung 72 Prozent. Beim Maastricht-Defizit sind wir bei über drei Prozent, aufgrund der vielen Hilfsmaßnahmen. 2026 werden es ungefähr 1,6 Prozent sein.

Wie?

Indem wir jetzt einmal daran arbeiten, die Hilfsmaßnahmen noch treffsicherer zu machen. Das ist in der Vergangenheit nicht immer zu 100 Prozent gelungen. Das ist auch nicht so leicht. Ein Beispiel: Die Energieversorger haben den Haushaltszählpunkt, wir haben die Daten von jedem einzelnen Steuerzahler. Diese Daten zu verknüpfen ist nicht so einfach, Stichwort Datenschutz. Aber es ist wichtig. Dann werden die Hilfen treffsicherer.

Warum hat man die Hilfszahlungen für Unternehmen nicht akonto gemacht?

Das war eine Variante, die überlegt wurde. Das ist eine Abwägungsfrage zwischen Treffsicherheit und Geschwindigkeit. Eine weitere ist jene zwischen der sozialen Schieflage, in die die Gesellschaft kommen könnte, wenn man nichts tut, und einem Anheizen der Inflation auf der anderen Seite.

Jeder kennt einen Hotelier, der mit den Hilfszahlungen sein Haus zum zweiten Mal renoviert hat. Fährt man da als Finanzminister nicht aus der Haut?

Klar ist: Wenn etwas zu Unrecht bezogen worden ist, fordern wir das zurück. Das schauen wir uns genau an.

Wie sparen wir?

Jedes Ressort muss Schwerpunkte setzen. Das ist eindeutig. Es steht nicht unendlich Steuergeld zur Verfügung. Zusätzliche Schulden machen war vertretbar in Krisenzeiten, wo man die Menschen unterstützen muss. Das haben wir intensiv gemacht, sind im europäischen Vergleich ganz vorne dabei.

Manche sagen, es war zu viel.

Nicht zu helfen war keine Option. Wir mussten helfen. Über einzelne Maßnahmen kann man immer diskutieren. Wenn die Inflation hoffentlich rasch zurückgeht, muss man klarmachen, dass das Steuergelder sind und der Staat nicht alles zu 100 Prozent abfedern kann.

„Nachhaltig“ heißt sparen. Die Ressorts werden also sparen müssen?

Ich habe mit Kollegen aus der Regierung immer die Diskussion bei Budgetverhandlungen: Wo werden die Schwerpunkte gesetzt? Im Nachhinein kommen einige und sagen: Da hätte ich noch etwas gewollt.

Wann fangen wir mit dem Sparen an?

Jetzt wirken die strukturellen Maßnahmen: Steuerreform, Abschaffung der kalten Progression, Valorisierung der Sozialleistungen, Übernahme der Netzkosten. Ich hoffe, dass sich die Situation nicht verschlechtert. Dann können wir wieder zu einer „normalen“ und nachhaltigen Budgetierung zurückkehren.

War „Koste es, was es wolle“ der fahrlässigste Politiker-Ausspruch der vergangenen Jahre?

Mein Zugang ist ein bisschen ein anderer: Das zur Verfügung stellen, was notwendig ist.

Wann geht die Inflation runter?

Wir hoffen, dass wir bis Sommer eine Trendwende erreichen. Experten sagen uns, dass wir hoffentlich übers 2023er-Jahr bei sechs Prozent zu liegen kommen. Da müssen wir uns auf die Experten verlassen. Zugegeben: Nicht jede Expertenmeinung, was Inflation betrifft, war richtig.

Sparen Sie eigentlich selbst?

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    21.11.2024: Für 4,90 Euro völlig ungenießbares Schulessen serviert. Die Debatte um Mittagessen und Jause in heimischen Schulen und Kindergärten kocht hoch. "Es schmeckt nicht", ärgert sich nicht nur Wienerin Daniela D.
    privat, iStock

    Ich spare schon, ja. Immer wieder. Wir versuchen das auch den Kindern mitzugeben, dass das Geld nicht auf den Bäumen wächst, sondern vorher verdient werden muss. Das geht dem Staat gleich wie einer Familie. Das versuchen wir unseren Kindern vorzuleben.

    Haben Sie jemals Schulden gehabt?

    Ja, weil ich in ein Haus investiert habe. Dafür hab ich bei der Bank einen Kredit aufgenommen.

    Besitzen Sie Aktien?

    Nein.

    Dürften Sie das als Finanzminister?

    Man wird am Anfang der Politikerkarriere gefragt, welche Vermögenswerte man hat. Da muss man alles angeben. Und am Schluss wird verglichen. Also ich habe keine Aktien. Ich habe alles ins Haus gesteckt.

    Im Herbst kommt der Klimabonus wieder. Der soll regional gestaffelt werden, für die Wiener gibt es nur 100 Euro. Ist das ernsthaft durchsetzbar?

    Der Klimabonus war bei der Steuerreform so konzipiert, dass man unterschiedliche Stufen hat, je nach Verkehrslage, Infrastruktur etc.  Die haben wir bewusst die Statistik Austria definieren lassen.

    Und das bleibt?

    Das liegt beim Klimaministerium. Die Höhe hängt davon ab, wie hoch der dann dort gestaltet wird.

    Bleibt es beim Klimabonus für Häftlinge und Asylwerber?

    Bitte bei Klimaministerin Gewessler nachfragen.

    Kommt die Mietpreisbremse?

    Die Diskussion ist wichtig und notwendig, wie stark die Mieten angehoben werden. Ich bin da relativ offen, wenn es Vorschläge gibt.

    Bis wann wird entschieden?

    Auf parlamentarischer Ebene finden momentan die Gespräche zwischen den Regierungsparteien statt. Ich werde dann wahrscheinlich im weiteren Schritt eingebunden. Es hat nicht unbedingt eine budgetäre Auswirkung.

    Soll die Mehrwertsteuer auf Photovoltaik ausgesetzt werden?

    Das finde ich nicht unbedingt sinnvoll. Mit den Zuschüssen und der Unterstützung machen wir schon mehr als andere Länder. Alle Experten sagen eine Mehrwertsteuer-Senkung hilft nicht zielgerichtet denen, die die Anlagen auf den Dächern montieren, sondern den Produzenten. Oft ist es sinnvoller, das sagen auch Experten, zu fördern. Eine Mehrwertsteuer-Senkung entspräche dem Gießkannenprinzip. Ich bin zwar für alles offen, ich habe noch nicht mit Ministerin Gewessler darüber gesprochen.

    Wissen Sie, was ein Viertel Butter kostet?

    Das kommt darauf an, ob Sie eine Vorarlberger Butter oder eine Österreichische Teebutter nehmen. Aber ich muss zugeben, ich war in letzter Zeit nicht viel einkaufen. Ich war mit meinem Scooter-Unfall beschäftigt. Aber wir liegen bei zwei Euro und höher.

    In Deutschland sind die Butterpreise 20% eingebrochen, in Österreich nicht. Der Konsument in Österreich zahlt für Lebensmittel wesentlich mehr als im Ausland. Findet der SPÖ-Vorschlag, die Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel zu senken, Ihre Sympathie?

    Da bin ich wieder bei dem Thema. Mehrwertsteuer-Senkungen klingen vielleicht auf den ersten Blick populär, sind auf den zweiten Blick aber nicht so sinnvoll. Das ist klassisch Gießkanne. Ein Gutverdienender würde sich außerdem mehr ersparen als ein Niedrigverdienender. Die Kritik, dass wir zu viel Gießkanne haben, stimmt vielleicht manchmal auch. Davon müssen wir wegkommen und zielgerichteter werden. Die Mehrwertsteuer-Senkug bewirkt genau das Gegenteil, sie ist eine Gießkanne.

    Weil Sie den Scooter-Unfall schon angesprochen haben: Ist es nicht fahrlässig für einen Finanzminister, Scooter zu fahren? Machen Sie es wieder?

    Manchmal schicke ich bei einer Veranstaltung meinen Fahrer nach Hause, damit er nicht drei Stunden wartet, nur um mich dann fünf Minuten herumzufahren. Und das war da auch der Fall. Dann gehe ich entweder zu Fuß oder ich nehme einen Roller mit einer App, wenn gerade einer dasteht.  So war das an diesem Abend auch. Fahrlässig? Gut, da bin ich wieder der sparsame Alemanne, der sagt, es ist gescheiter, der Fahrer geht heim.

    Fahren Sie wieder?

    Momentan nicht, ich habe es auch meiner Frau versprochen.

    Sind Sie eigentlich ein fader Typ?

    Ich bin kein Showmensch. Ich bin eher der ruhige, ausgeglichener. Fad glaube ich nicht.

    Warum trinken Sie zehn Kaffee am Tag?

    Das ist eine Unart. Ich habe reduziert, bin von zehn auf fünf heruntergegangen.

    Wen nehmen Sie auf den Opernball mit?

    Den deutschen Finanzminister Christian Lindner.

    Ist das ein Wohlfühltermin für Sie oder Dienst?

    Dienst. Christian Lindner ist anlässlich eines Wirtschaftsgipfels Deutschland/Österreich in Wien und zudem zu einem Arbeitsgespräch im Finanzministerium.

    Sie waren Präsident des Tennisverbandes. Wie gut spielen Sie wirklich Tennis? Was ist Ihr bester Schlag?

    Immer meine beidhändige Rückhand. Ich habe mit 18 Jahren  Bundesliga gespielt, bin dann sukzessive schlechter geworden. Ich war in Vorarlberg bei den Herren immer in den Top 5, in Österreich in der Jugend immer so Viertel- oder Halbfinale bei den Staatsmeisterschaften, in Vorarlberg in meiner Altersklasse zweimal Landesmeister. Aber ich war nie Profi.

    Aber Ihre Kinder vielleicht?

    Meine Jungs spielen extrem intensiv Tennis, besonders der kleinste. Mein Achtjähriger ist am fanatischsten. Der spielt am intensivsten, aber die großen auch. Sie spielen inzwischen schon mit 15 Jahren Landesliga.

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