Politik

Polit-Experte: "Nehammers Schonfrist ist vorbei"

Polit-Experte Peter Filzmaier sieht schwierige Aufgaben auf Neo-Kanzler Karl Nehammer und seine neue Bundesregierung zukommen. 

Jochen Dobnik
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Der designierte Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer am Freitag, 03. November 2021.
Der designierte Bundeskanzler und ÖVP-Bundesparteiobmann Karl Nehammer am Freitag, 03. November 2021.
ROLAND SCHLAGER / APA / picturedesk.com

"Die Schonfrist von 100 Tagen, die man früher Regierungen zugestanden hat, ist ein Relikt der Geschichte. Die Regierung ist mit Krisenmanagement beschäftigt. Das einzige Großprojekt wider Willen, das man jetzt angehen kann und muss, ist das Krisenmanagement bei der Corona-Pandemie", stellt Politologe Peter Filzmaier im Ö1-"Journal" klipp und klar fest.

Chance für einen Neustart

Dieses sei es auch, woran Neo-Bundeskanzler Karl Nehammer (Anm. die Angelobung findet heute um 13 Uhr statt), seine Regierung und auch die Länder gemessen werden, so der Polit-Experte. "Insofern ist es eine Chance, da man von der zweiten bis zur vierten Welle der Vorgängerbundesregierung nicht zu Unrecht Versäumnisse und Verzögerungen vorgeworfen hat. Es hier besser zu machen, wäre die einzig reale Chance für einen Neustart."

Doch allein dieser Neustart scheint schon im Vorhinein zum Scheitern verurteilt. Zu groß sind bereits vor der Angelobung des bereits dritten ÖVP-Parteichefs binnen weniger als zwei Monaten die Länderauffassungen zum Ende des Corona-Lockdowns. Während sich Günther Platter (T) für ein Ende per 12. Dezember ausspricht, tritt Hermann Schützenhöfer (ST) auf die Bremse, Michael Ludwig (W) reagiert abwartend. 

"Nehammer ist kein Visionär, eher Verwalter"

"Es ist etwas paradox, dass sich gerade Wien und die Steiermark, die eine vergleichsweise geringere Zahl von Corona-Neuinfektionen haben, eher vorsichtig geäußert haben, während Tirol Öffnungen will. Aber es gibt einige Bundesländer, die schon mit Beginn 2023 wählen wollen - und vor allem in Niederösterreich, Tirol und Salzburg hat die ÖVP sehr viel zu verlieren. Da wird parteipolitisch gedacht", so Filzmaier im ORF-Interview.

Nehammers Aufgabe müsse nun vordergründig also darin bestehen, Ruhe im Bund bis zu den Landtagswahlen zu bringen und die Zeit bis zu den Bundespräsidentschaftswahlen im Herbst zu überbrücken. "Er ist sicher nicht der Gestalter, der eine bestimmte gesellschaftliche Vision verändern will, sondern eher ein Verwalter des Status Quo - und das Hauptargument ist natürlich das Bekämpfen der Pandemie".

Besserer Draht zu den Grünen

Auch mit den Grünen sollte es unter einem türkisen Kanzler Nehammer wieder besser laufen: "Persönlich ist die Gesprächsbasis, egal wie sehr er als Hardliner bei Fragen des Innenministeriums aufgetreten ist - Stichwort Asyl und Abschiebungen -, sicherlich besser. Mit Sebastian Kurz war sie am Schluss ganz schlecht, mit Alexander Schallenberg noch distanziert", so Filzmaier.

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    Ein Foto aus den Anfängen von Karl Nehammers Karriere in der Spitzenpolitik: 2018 wurde Nehammer zum ÖVP-Generalsekretär gewählt.
    Ein Foto aus den Anfängen von Karl Nehammers Karriere in der Spitzenpolitik: 2018 wurde Nehammer zum ÖVP-Generalsekretär gewählt.
    GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com