Politik

"Feuer am Dach" – Experte macht im ORF harte Ansage

Antikorruptionsexperte Martin Kreutner sprach am Freitag in der "Zeit im Bild 2" über die zähe Umsetzung von geplanten Gesetzen gegen Korruption.

André Wilding
Antikorruptionsexperte Martin Kreutner in der ZIB2.
Antikorruptionsexperte Martin Kreutner in der ZIB2.
Screenshot/ ORF

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat betont, dass er die mahnenden Worte von Bundespräsident Alexander Van der Bellen sehr ernst nehmen werde. Das österreichische Staatsoberhaupt hatte am Donnerstag in einem Statement zur Causa Schmid bzw. zur ÖVP-Inseratenaffäre eine "Generalsanierung des politischen Vertrauens" von der Politik gefordert.

Der ÖVP-Chef stellte aber gleichzeitig klar, dass er die Teuerung und die hohe Inflation für die "echten Probleme" der Menschen in Österreich halte. "Wir haben in der ÖVP schon vor längerem damit begonnen, dafür zu sorgen, dass wir schneller und leichter Transparenz walten lassen können", erklärte Nehammer.

Grüne machen Druck

Unterdessen machen die Grünen weiter Druck für neue Anti-Korruptionsregelungen! Das Anti-Korruptionsstrafrecht liege bereits seit geraumer Zeit bei der ÖVP und "kann jederzeit beschlossen werden", meinte die Grüne-Klubobfrau Sigrid Maurer am Freitag im Ö1-"Mittagsjournal".

Und laut Maurer werde Bundeskanzler Nehammer "gefordert sein, hier seinem Versprechen, was die Transparenz betrifft, auch nachzukommen." Bereits vor etwa einem Jahr hat Justizministerin Alma Zadic (Grüne) jedenfalls neue Regelungen vorgestellt, mit denen etwa Mandatskauf nicht mehr möglich sein soll. Doch umgesetzt wurden die Regelungen bisher nicht.

Schleppende Umsetzung

Aus dem ÖVP-Klub hieß es gegenüber Ö1, es werde am Anti-Korruptionsgesetz intensiv gearbeitet. Doch warum geht die Umsetzung von geplanten Gesetzen gegen Korruption in Österreich eigentlich so schleppend? Genau zu diesem Thema war am Freitagabend Antikorruptionsexperte Martin Kreutner zu Gast in der "Zeit im Bild 2".

Der ehemalige Leiter der Internationalen Antikorruptionsakademie stand dabei ORF-Moderatorin Marie-Claire Zimmermann in einem Interview im TV-Studio Rede und Antwort und erklärte dabei ausführlich, woran es in Österreich bei der Umsetzung der geplanten Gesetze hakt.

1/8
Gehe zur Galerie
    Thomas Schmid belastet Sebastian Kurz in 15 Einvernahmen massiv.
    Thomas Schmid belastet Sebastian Kurz in 15 Einvernahmen massiv.
    Screenshot/ HEUTE

    Wirklich überrascht war der Experte über die Aussagen und Chat-Protokolle von Thomas Schmid dabei nicht, wie er gleich zu Beginn des Gesprächs zugibt. "Nach 30 Jahren hat man einiges gesehen und ich war daher nicht allzu überrascht. Es zeigt aber ein weiteres Sittenbild, wie Österreich gerade dasteht", so Kreutner.

    Der Experte vergleicht Korruption dabei mit der Erderwärmung: "Wir tun so, als ob nichts wäre oder sie nicht geben würde!" Fünf Regierungen in den letzten dreieinhalb Jahren hätten aber das Gegenteil bewiesen und seien – bis auf die Regierung von Brigitte Bierlein – über Korruption gestolpert.

    "Wir haben ein Problem"

    "Bitte stellen wir uns also endlich und tun wir nicht so, als würde es kein Problem geben. Wir haben ein Problem", stellte Kreutner in der ZIB2 unmissverständlich klar. Korruption würde es aber natürlich nicht nur in Österreich geben, sondern auf der ganzen Welt geben. "Man kann in alle Länder schauen!"

    Es gehe laut dem Experten nun darum, etwas zu unternehmen. "Man muss die Probleme ansprechen und die Dinge besser machen. Diese Situation hat Österreich nicht verdient." Doch wo genau muss man ansetzen? Es seien mehrere Pakete, die laut Kreutner jetzt die Jahrhundert-Chance bringen könnten.

    1/8
    Gehe zur Galerie
      <strong>Thomas Schmid</strong> und <strong>Sebastian Kurz</strong> waren enge Weggefährten – doch jetzt packt der Ex-ÖBAG-Chef aus.
      Thomas Schmid und Sebastian Kurz waren enge Weggefährten – doch jetzt packt der Ex-ÖBAG-Chef aus.
      APA/HANS PUNZ/HANS KLAUS TECHT

      "Der Wille fehlt"

      Immerhin sei es keine Raketenwissenschaft und im Koalitionsabkommen würden bereits einige wichtige Punkte drinnen stehen, die es nun umzusetzen gilt. Der Antikorruptionsexperte denkt dabei etwa an ein Informationsfreiheitspaket oder auch an die Lücken im Antikorruptionsstrafrecht, die es zu füllen gilt. "Aber offensichtlich fehlt der Wille!"

      Man habe ohnehin manchmal den Eindruck, dass der Bund froh darüber sei, dass die Länder blockieren – und umgekehrt. Laut dem Experten liege es aber letztendlich eben am Willen und am Abdealen von thematischen Verhandlungen in Beistrich-Fragen, dass man bei der Umsetzung von Gesetzen nicht vorankommt.

      Kreutner geht aber natürlich auch davon aus, dass Österreich in Sachen Korruption besser dastehen möchte. Immerhin schade die aktuelle Situation auch dem Wirtschaftsstandort, weil man natürlich auch im Ausland von den Geschehnissen in der Alpenrepublik Wind bekommt. Nun würde aber die Chance bestehen, etwas daran zu ändern.

      "In die Gänge kommen"

      Diese Wunsch hätten immerhin alle Parteien mitgeteilt. Bundespräsident Van der Bellen hätte es jedenfalls auf den Punkt gebracht. "Es geht um die Generalsanierung des Vertrauens und die Demokratie lebt davon, dass das Volk Vertrauen in jene Personen hat, die das Land verwalten." Laut einer Umfrage würden das aber 90 Prozent nicht haben – oder nur zum Teil.

      "Das ist nun eine riesen Einladung in die Gänge zu kommen!", erklärt der Antikorruptionsexperte. Martin Kreutner denkt dabei etwa auch an einen Code of Conduct – einen Verhaltenskodex – im Ministerrat. "Man weiß, wie das funktioniert, weil man einen solchen für den öffentlichen Dienst verabschiedet hat, warum wendet man es nicht selbst an?"

      "Feuer am Dach"

      Bis 31. Dezember muss Österreich bei der Antikorruptionsgruppe GRECKO einen neuen Fortschrittsbericht vorlegen. "Erwarten Sie, dass das Maßgebliches drinnen stehen wird?", wollte Zimmermann von ihrem Studio-Gast wissen. Und der Experte stellte ganz offen klar:

      "Ich hoffe es, die Zeit wird sehr kurz sein. Wenn man sich in Erinnerung ruft, dass der letztjährige 'Compliance'-Bericht Österreich im Schulnotensystem einen 5 gegeben hat, dann ist wirklich Feuer am Dach und ich hoffe wirklich, dass wir jetzt Dinge vorwärts bringen."

      1/50
      Gehe zur Galerie
        <strong>27.12.2024: Erbe soll nach sechs Jahren 2 Cent Steuern nachzahlen.</strong> Bei Steuerschulden kennt das Finanzamt keinen Spaß. Diese Geldforderung lässt einen aber doch schmunzeln. "Heute" hat die kuriose Geschichte. <a data-li-document-ref="120060377" href="https://www.heute.at/s/erbe-soll-nach-sechs-jahren-2-cent-steuer-nachzahlen-120060377"><strong>Weiterlesen &gt;&gt;</strong></a>
        27.12.2024: Erbe soll nach sechs Jahren 2 Cent Steuern nachzahlen. Bei Steuerschulden kennt das Finanzamt keinen Spaß. Diese Geldforderung lässt einen aber doch schmunzeln. "Heute" hat die kuriose Geschichte. Weiterlesen >>
        iStock, Privat (Montage: "Heute")