Politik

Familie soll abgeschoben werden – jetzt darf sie bleibe

Ein zehnjähriges Asylverfahren endete für eine Familie aus Kasachstan negativ. Jetzt dürfen sie vorerst in Österreich bleiben – der Fall wird geprüft.

Nicolas Kubrak
Einer Familie aus Kasachstan drohte die Abschiebung. Nun wird der Fall erneut geprüft. (Symbolbild)
Einer Familie aus Kasachstan drohte die Abschiebung. Nun wird der Fall erneut geprüft. (Symbolbild)
Bild: Reuters

Das Asyl-Drama einer Familie geht in die Verlängerung. Ein zehnjähriges Verfahren endete negativ, die Familie hätte eigentlich abgeschoben werden sollen, so die Entscheidung der Behörden. Doch nun hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Entscheidung gekippt – "im Sinne des Kindeswohls", berichtet Ö1.

Kinder müssen befragt werden

Im konkreten Fall geht es um ein Geschwisterpaar aus Kasachstan (10, 12 Jahre alt), das seit neun Jahren in Österreich lebt. Der Jurist Norbert Kittenberger von der Kanzlei "Julia Ecker" hatte den Fall vor den Verfassungsgerichtshof gebracht – und war erfolgreich. Der Fall muss nun noch einmal geprüft werden, weil weder die Asylbehörden noch die zuständigen Gerichte jemals mit den betroffenen Kindern gesprochen haben. Sobald in einem Asylverfahren Kinder betroffen sind, müsse auch mit ihnen geredet werden, heißt es nun in der Entscheidung.

"Im konkreten Fall erweist sich die Ermittlungstätigkeit in Bezug auf die Aspekte des Kindeswohls als unzureichend, zumal die beiden Minderjährigen nicht zu ihrer Situation befragt wurden", so das Gericht. Deshalb sei es nicht nachwollziehbar, wie das Bundesverwaltungsgericht, das eine Abschiebung für zulässig erklärt hatte, das Maß der Integration der Kinder beurteilen konnte. Sogar von einer "willkürlichen Entscheidung" ist die Rede, heißt es im Morgenjournal.

VfGH gibt Richtlinien vor

"Oft schaut man sich in Asylfällen eher an, was Entscheidungen für Auswirkungen bei Erwachsenen haben können und hängt die Kinder quasi an", beurteilt Kittenberger. Der Jurist erhofft sich, dass die Kinder in Zukunft mehr in den Vordergrund rücken.

Nun gibt der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung erstmals vor, was die zuständigen Asylbehörden und Gerichte alles zu beachten haben, sobald Kinder von einer Abschiebung betroffen sein könnten. "Für diese Beurteilung ist relevant, wo das Kind geboren und aufgewachsen ist, seit welchem Alter es in Österreich lebt, ob es die Sprache des Herkunftsstaates beherrscht, ob es bereits einmal im Herkunftsstaat gelebt hat, welche sozialen Aktivitäten bislang in Österreich gesetzt wurden, insbesondere ob und inwieweit in Österreich die Schule besucht wurde sowie die Frage, ob sich das Kind in einem anpassungsfähigen Alter befindet."

Im Fall der beiden Geschwister aus Kasachstan muss nun das Bundesveraltungsgericht neu prüfen, ob die Kinder gemeinsam mit ihrer Mutter wirklich abgeschoben werden können oder nicht, berichtet Ö1.

Irmgard Griss ist Präsidentin der Kindeswohlkommission.
Irmgard Griss ist Präsidentin der Kindeswohlkommission.
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Griss: "Es ist unverständlich"

Die frühere OGH-Präsidentin und Neos-Politikerin Irmgard Griss, die mittlerweile als Präsidentin der Kindeswohlkommission fungiert, sieht ein Problem mit langen Asylverfahrensdauern. "Je länger das Verfahren dauert, desto stärker sind die Kinder im Regelfall in Österreich integriert und desto stärker müssen die Interessen der Kinder gewichtet werden", sagt sie im Ö1-Morgenjournal. Im Fall der kasachischen Geschwister sei es "unverständlich", dass man sich nicht näher mit dem Zustand der Kinder auseinandersetze. Sie hoffe, dass sich das in künftigen Fällen bessert, so die Ex-Politikerin. Die Kindeswohlkommission fordert zudem ein ständiges Kinderrechte-Monitoring – "da ist viel zu tun", betont Griss.

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