Politik

Expertin packt über Afghanen in Österreich aus

Von Freiheit und Demokratie ist unter den Taliban in Afghanistan wenig geblieben. Eine Expertin, selbst gebürtige Afghanin, analysierte die Situation.

Masomah Regl, gebürtige Afghanin und Politikberaterin in Graz, am späten Sonntagabend in der ORF-ZIB2.
Masomah Regl, gebürtige Afghanin und Politikberaterin in Graz, am späten Sonntagabend in der ORF-ZIB2.
Screenshot ORF

730 Tage nach ihrer Machtergreifung feiern die Taliban wieder in Kabul, der Hauptstadt Afghanistans. 20 Jahre lang kämpfte der Westen, angeführt von den USA, in Afghanistan. Was als Anti-Terror-Operation begann, wurde schnell zu dem Versuch, Afghanistan zu einem freiheitlichen und demokratischen Land zu machen. Doch zuletzt waren die Amerikaner müde geworden von ihrem längsten Krieg. Vor zwei Jahren zogen die internationalen Truppen ab – und die Islamisten eroberten den Präsidentenpalast in Kabul. Sie rissen die Macht in ganz Afghanistan an sich. Die gewählte afghanische Regierung floh.

Das neue Regime führte strenge Regeln ein. Mädchen ab der siebten Klasse dürfen in weiten Teilen des Landes nicht mehr zur Schule gehen. Musik ist verboten. Frauen müssen ihr Gesicht verschleiern, auch wenn die Taliban dies noch nicht überall durchsetzen. Jene, die geglaubt hatten, sie könnten alles erreichen, was sie wollten, blieben mit ihren Träumen zurück. Proteste gibt es immer wieder, vor allem von Frauen, sie werden aber regelmäßig gewaltsam und mit Todesfällen niedergeschlagen. Festnahmewellen gehen um, Frauen verschwinden, Protestierende werden zuhause attackiert, verhaftet.

"Das alles war voraussehbar"

Masomah Regl, selbst gebürtige Afghanin und Politikberaterin für Integration in Graz, analysierte die Situation am späten Sonntagabend in der ORF-"ZIB2" bei Moderator Martin Thür die Situation. "Afghanen wissen und wussten, was die Taliban bedeuten", so Regl, auch, welches Regime sie führen würden. "So schrecklich, wie wir es erwartet haben" seien nun die Verbote gewesen und was das die Machtübernahme der Taliban für die Frauen im Land bedeute. Eine Hungersnot, katastrophale Armut, "das alles war voraussehbar", so Regl. Die erneute Herrschaft der Taliban erfolge nach einem genauen Bild von Verhaltensregeln, das das Terrorregime habe.

Es sei "wirklich schmerzhaft", weil es auch zuvor nicht einfach für Frauen und Mädchen gewesen sei, man habe zuvor aber zumindest im engen Familienkreis etwas durchsetzen und kämpfen können – nun sei der Kampf nach außen aber noch "viel brutaler", als er in der Familie jemals hätte sein können, so Regl. Frauen würden in Afghanistan de facto keine Rolle mehr spielen. Das sei "unverständlich, selbst für viele andere muslimische Länder, "was da aufgeführt wird". Es sei fast so, als dürfte man "nicht mehr atmen, nicht mehr existieren", nur weil man eine Frau sei, so Regl. Auch die humanitäre Situation sei "katastrophal", rund 25 Millionen Menschen seien abhängig von Ernährungsprogrammen.

Integration von Afghanen in Österreich

Wie schwer sei bei diesem Bild, das die Taliban in Afghanistan weitergeben würden, die Integration von Afghanen in Österreich? Viele Afghanen, die nach Österreich gekommen seien, hätten "einen Rucksack voller Probleme" mit sich gebracht, so Regl, durchliefen aber großteils "einen wunderbaren Integrationsprozess" und sie bekämen hier eine Perspektive, weswegen sie auch arbeitswillig seien und sehr schnell die Sprache erlernen würden. Das große Ziel dieser Menschen sei natürlich, sich etwas aufzubauen und die eigentliche Heimat und die Familie zu unterstützen, so Regl.

Untersuchungen aber würden zeigen, dass Afghanen eine Demokratie kaum unterstützen und Gewalt etwa gegen Frauen kaum ablehnen. Müsse man da nicht geflohene Afghanen in Österreich anders betreuen als andere Gruppen? "Das bezweifle ich", so die Expertin. Es gebe einen funktionierenden Staat mit Regeln und Gesetzen, "das ist die beste Richtlinie für alle Menschen, die hier leben". Und es koste "sehr viel Kraft, noch Hoffnung zu haben, aber ja, man muss Hoffnung haben", so die Expertin abschließend dazu, ob sie daran glaube, dass sich in Afghanistan die Zustände zum Besseren wenden könnten.

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