Ukraine
Wodka, Banken, Flüge – So isoliert ist Putin wirklich
Die EU und die Welt gehen mit voller wirtschaftlichen Härte gegen Russland vor. Nach drei Sanktionspaketen ist nun bereits ein viertes in Planung.
Der Krieg in der Ukraine wütet nun seit einer Woche. Die russischen Streitkräfte haben mittlerweile einen Großangriff auf die Hauptstadt Kiew angekündigt. Indes verhängt die restliche Welt und vor allem die Europäische Union empfindliche Wirtschaftssanktionen gegen Putins Staat. Noch kam es von Seiten Russlands zu keinem Einlenken, weitere Repressionen könnten daher noch folgen. "Heute" gibt einen Überblick über die bisherigen Sanktionen.
Es war ein kurzes Ringen, um die harte Sanktion. Nur wenige Tage nach dem Ausbruch des Krieges in der Ukraine hatte Österreich im nationalen Sicherheitsrat beschlossen, einen Ausschluss Russlands aus dem Zahlungssystem SWIFT auf europäischer Ebene nicht zu verhindern, kurz darauf lenkte auch Deutschland ein. Die Abkopplung Russlands aus dem Transaktionssystem hat empfindliche Folgen für die russische Wirtschaft, da sie praktisch vom Weltmarkt isoliert wurde. Ohne SWIFT sind russische Banken dazu gezwungen Transaktion über Telefon oder Fax und nur mit einem entsprechenden Ansprechpartner bei ausländischen Banken durchzuführen. Mehrere Russinnen und Russen können nun nicht mehr mit Kredit- oder Bankomatkarte bezahlen und auch das Bargeld ist keine nennenswerte Alternative, denn der Rubel rollt talwärts und ist immer weniger Wert.
Auch das europäisch-russische Prestigeprojekt Nord Stream 2 gehört mittlerweile der Geschichte an. Die umstrittene 1.230 Kilometer-lange Gas-Pipeline wurde von der Regierung in Berlin unmittelbar nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine auf Eis gelegt. Ziel von Russland wäre es durch die Ostsee-Pipeline gewesen, die Erdgas-Lieferungen an Deutschland zu verdoppeln. Mittlerweile hat die Nord Stream 2 AG, die im Besitz des russischen Konzern Gazprom ist, Insolvenz angemeldet und seine 140 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gekündigt. Bis zum Zeitpunkt des Stopps hatte das Projekt bereits elf Milliarden Euro gekostet, die russische Wirtschaft ist dadurch hart getroffen worden. So hat die Börse in Moskau bereits den dritten Tag in Folge geschlossen. Die US-Großbank JPMorgan rechnet zudem, dass die russische Wirtschaft im kommenden Quartal um 20 Prozent einbrechen wird.
Russland ist aber nicht nur wirtschaftlich vom Rest der Welt nahezu vollständig isoliert. Auch der Luftraum Europas ist für russische Flugzeuge mittlerweile nicht mehr zugänglich. Am Sonntag einigten sich die Verkehrsministerinnen und Minister der Europäischen Union auf eine komplette Sperre des europäischen Luftraums für russische Flugzeuge. Bundeskanzler Karl Nehammer meinte dazu: "Wir tun alles, um Wladimir Putin zu zeigen, dass wir seine militärische Invasion in die Ukraine nicht akzeptieren. Das Flug- und Landeverbot für russische Flugzeuge ist eine weitere Maßnahme, die eine klare Antwort auf die Völkerrechtsverletzungen von Putin ist". Durch die Sperre des Luftraums in Europa wird es russischen Flugzeugen auch erschwert in die USA oder nach Kanada zu fliegen. Dadurch sind weitere wirtschaftliche Einbrüche zu erwarten.
Die russischen Flugindustrie muss zudem mit weiteren Erschwernissen rechnen. Denn die EU hat zusätzlich zur Luftraumsperre ein Ausfuhrverbot für Güter, Technologien und Dienstleistungen für die Luft- und Raumfahrtindustrie erlassen. Seitens der Staatengemeinschaft heißt es: "Dieses Verbot des Verkaufs aller Flugzeuge, Ersatzteile und Ausrüstungen an russische Luftfahrtunternehmen wird einen der Schlüsselsektoren der russischen Wirtschaft und die Konnektivität des Landes beeinträchtigen". In den letzten Jahren wurden drei Viertel der russischen Verkehrsflugzeuge in Europa, USA und Kanada gebaut. Südkorea und Taiwan haben sich den verkehrstechnologischen Konsequenzen zudem ebenfalls angeschlossen und begonnen damit die Lieferung von wichtigen Computer--Chips an Russland einzustellen.
Kriegs ist neben der militärischen Auseinandersetzung auch immer ein Konflikt über die Informationshoheit. Um Russland hier empfindlich zu schaden, hat die EU kurzerhand die Propaganda-Medien Putins "Russia Today" und "Sputnik" verboten. EU-Kommissionspräsidentin Ursula Von der Leyen bezeichnete im Rahmen der Sanktionsverkündung die Sender "giftige und schädliche Desinformationen in Europa".
Einige US-Amerikaner veranlasst der Krieg zu individuellen Sanktionen gegen Russland. Sie verbannen demnach Wodka aus ihren Schnapsregalen. Bob Quay, der Besitzer einer Bar in Michigan, sagt zu ABC News: "Als ich gesehen habe, dass Russland in die Ukraine eingefallen ist, habe ich mich gefragt, was ich tun kann. Und so entschied ich mich, meine eigenen Sanktionen zu treffen." Immer mehr Geschäfte folgen dem Vorbild des Barkeepers und verbannen aus hauptsächlich symbolischer Geste heraus russische Produkte aus ihren Läden.
Auch Putins engste Weggefährten innerhalb Europas sind von den Folgen des Krieges und den Sanktionen nicht gefreit. 25 russische Oligarchen, denen Nähe zu Putin adjustiert wird, stehen nun in Europa ebenfalls auf der Sanktionsliste. Ihnen wird die Einreise in Europa verboten und auch ihre dort ansässigen Vermögen wurden bis auf weiteres eingefroren. Dadurch wird versucht, die innerpolitische Stabilität Putins ins Wanken zu bringen. Seit der Machtübernahme des Kreml-Chef vor mehr als 20 Jahren stehen Oligarchen und Putin in einem Abhängigkeitsverhältnis zueinander. Legenden zufolge soll dies bei einem Grillfest im Jahr 2000 gestartet worden sein. Damals solle Putin den Oligarchen zugesichert haben, dass sich der Staat aus ihren Geschäften raushalten würde, solange sie dem Kreml die Treue halten würden – eine Abmachung, die sich nun rächen könnte. In einer 22-seitigen Liste hat die EU beschrieben welche Putin-Vertraute es trifft, plus Begründung. Auch gegen Putin sowie dessen Außenminister Sergej Lawrow und Innenminister Wladimir Kolokolzew wurden persönliche Sanktionen verhängt, auch ihr Vermögen in Europa wurde eingefroren. Dies sei jedoch eine Maßnahme, die mehr symbolisch als wirtschaftlich-tragfähig betrachtet werden muss.
Schallenberg kündigt weitere Schritte ein
Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) hat im Rahmen des Ministerrats bereits weitere Sanktionen gegen Russland angekündigt. Schon am Freitag wollen die Außenminister der EU gemeinsam mit ihrem US-amerikanischen Anthony Blinken ein viertes Sanktionspaket verabschieden, diese würden dann abermals die russischen Oligarchen betreffen. Der Einsatz russischer Truppen mit Streuwaffen wäre Schallenberg zufolge ein "Kriegsverbrechen" und werde auch als solches gewertet werden. Neben den Sanktionen wäre es daher wichtig auch Hilfe zu leisten. Gemeinsam habe man sich demnach in der Bundesregierung darauf geeinigt 15 Milliarden Euro für das "Rote Kreuz" und andere Hilfseinrichtungen für humanitäre Unterstützung zur Verfügung zu stellen.