Gesundheit
Erkrankungswelle – neue RSV-Behandlung in Aussicht
Die RSV-Zahlen haben in Österreich stark zugenommen. Für kleine Kinder potenziell tödlich, gibt es derzeit für die Mehrheit keine geeignete Therapie.
Für Erwachsene harmlos als einfacher Infekt mit Schnupfen, für Babys und kleine Kinder können sie aber lebensbedrohlich werden. Respiratorische Syncytial-Virus-Infektionen (RSV) sind eine der bedeutendsten Erreger von Atemwegsinfektionen bei Säuglingen, insbesondere Frühgeborenen und Kleinkindern, sagt das Robert-Koch-Institut: "Innerhalb des 1. Lebensjahres haben 50 bis 70 Prozent und bis zum Ende des 2. Lebensjahres nahezu alle Kinder mindestens eine Infektion mit RSV durchgemacht. Eine langfristige Immunität besteht nicht." RSV-Infektionen können dabei entweder vollkommen ohne Symptome, mit leichten Atemwegsinfektionen bis hin zu einer schweren Erkrankung der unteren Atemwege ablaufen, bei der Betroffene auch künstlich beatmet werden müssen.
Das Respiratorische Syncytial-Virus (kurz RSV) ist bei Säuglingen und Kleinkindern bis zum Alter von drei Jahren der häufigste Auslöser von akuten Atemwegsinfektionen. In den ersten drei Lebensmonaten können diese besonders schwer verlaufen. Grundsätzlich können Infektionen mit RS-Viren, die vor allem in den Wintermonaten und im Frühjahr gehäuft vorkommen (Oktober/November bis März/April), jeden treffen.
Während ältere Kinder und Erwachsene in aller Regel nur leichte, erkältungsähnliche Symptome entwickeln, greifen RSV-Infektionen in den ersten Lebensmonaten leicht von den oberen auf die unteren Atemwege über. Da die Atemwege von Säuglingen relativ eng sind, werden ihre Bronchiolen und ihr Lungengewebe bei RSV-Infektionen besonders in Mitleidenschaft gezogen. Es kommt zur Entzündung der kleinen Endäste des Bronchialbaums (Bronchiolitis) und zur Lungenentzündung. Diese Gefahr nimmt mit zunehmendem Lebensalter aufgrund des Wachstums ab.
Symptome erkennen
Vor allem für Kleinkinder unter einem Jahr kann das Virus zum echten Problem werden und zu Atemschwierigkeiten, sogar zu Atemnot führen. Im Ernstfall müssen die Kinder künstlich beatmet werden. "Wenn ein kleines Kind offensichtlich Schwierigkeiten beim Atmen hat, schnell atmet und insbesondere beim Ausatmen giemende Atemgeräusche hat, sind das Alarmsignale", erklärt der Kinderarzt Ulrich Fegeler dem "Focus". Giemen bedeutet, dass sich beim Atmen ein pfeifendes, knisterndes oder zischendes Geräusch zeigt. Darüber hinaus kann es vorkommen, dass das Kind Nahrung oder Trinken verweigert oder erbricht.
Antikörpertherapie nur für Risikofälle verfügbar
Um das Virus im Akutfall zu bekämpfen, fehlen derzeit noch die geeigneten Medikamente. "Wir können die Kinder mit RSV-bedingten Atemwegsproblemen derzeit ausschließlich symptomatisch therapieren", erklärt der Facharzt für Kinderheilkunde, Martin Wetzke, von der medizinischen Hochschule Hannover im Ö1 Morgenjournal. Das bedeutet die Versorgung mit zusätzlichem Sauerstoff, das Anschließen an Beatmungsgeräte und Unterstützung bei der Ernährung.
Akutell gibt es nur die Möglichkeit, den Kindern Antikörper zu impfen, um zumindest schwere Verläufe zu verhindern – und das auch nur bei Kindern mit einem sehr hohen Risiko. Dazu zählen etwa Frühgeborene oder Kinder mit angeborenen Herz- oder Lungenproblemen. Die Therapie mit Palivizumab ist in Österreich bereits seit 1999 zugelassen. Dass die Behandlung nicht allen Kindern zur Verfügung steht, liege vor allem an den hohen Kosten für die Injektionen, die mehrmals verabreicht werden müssen. "Das heißt, dass die Kinder alle 28 Tage eine Spritze bekommen, wovon eine – je nach Gewicht des Kindes – zwischen 500 und 1.000 Euro kostet."
Neue Hoffnung: Nirsevimab
Neue Medikamente seien deshalb dringend notwendig, so Wetzke. An ein paar vielversprechenden Kandidaten wird bereits geforscht. Große Hoffnung steckt der Facharzt in eine neue Antikörperimmunisierung namens Nirsevimab. "Nirsevimab hat eine längere Halbwertszeit, sodass die Kinder einmal zu Beginn der Saison eine Spritze bekommen und wir so viel mehr Kindern einen Schutz anbieten können", erklärt Wetzke. Die europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat Nirsevimab bereits zugelassen. Der deutsche Facharzt geht davon aus, dass die neuen Antikörperspritzen in den kommenden ein bis zwei Jahren tatsächlich verfügbar sein werden. Bis es soweit ist, können die Ärzte nur so weitermachen wie bisher.
Außerdem wird an Impfstoffen geforscht, die vor einer Ansteckung mit RS-Viren schützen könnten. Auch Vakzine für Schwangere sind in Entwicklung, die Neugeborene schützen sollen. Bis sie auf den Markt kommen, kann es aber noch einige Jahre dauern.