Ukraine
Enthüllt: So viele Zivilisten starben bisher in Ukraine
Seit über 13 Monaten kann die Bevölkerung in der Ukraine nicht mehr aufatmen. Neue Zahlen zeigen, wie viele Zivilisten bisher ihr Leben geben mussten.
Ende Februar 2022 nahm das Unheil in der Ukraine seinen Anfang – russische Truppen marschierten in weiten Teilen der Ukraine ein. Wladimir Putins Ziel war es, das Land innerhalb weniger Tage oder Wochen zur Gänze unter Kontrolle zu haben. Bekanntermaßen ging dieser Plan nicht auf, die Kämpfe in der Ukraine toben unentwegt. Doch nicht nur Angehörige der jeweiligen Streitkräfte fallen den Kämpfen zu Opfer: Immer wieder sind es auch Zivilisten, die ihr Leben geben müssen.
Nun gibt es erstmals umfassende, detaillierte Daten zu den zivilen Todesopfern im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg. Die US-amerikanische NGO Armed Conflict Location and Event Data Project (ACLED) erhebt seit Beginn des Konflikts, gemeinsam mit einem internationalen Recherchenetzwerk, systematisch Daten zur Ukraine. Die veröffentlichten Zahlen seien wegen der Dunkelziffer mit einer Prise Salz zu nehmen, bieten jedoch einen Einblick in die Verwerfungen des Krieges.
Uneinigkeit über tote Soldaten
ACLED registrierte im ersten Kriegsjahr fast 40.000 Vorkommnisse politischer Gewalt in der Ukraine. Damit steht der Konflikt im Vergleichszeitraum weltweit am traurigen ersten Platz. Hinsichtlich der Zahlen zu verstorbenen Soldaten gibt es widersprüchliche Zahlen: Laut russischem Fernsehen starben bisher 157.000 ukrainische Soldaten. Die Ukraine hingegen berichtet von 10.000 bis 13.000, während das US-Verteidigungsministerium von 120.000 ukrainischen Gefallenen und Verletzten ausgeht.
Die Ukraine wiederum spricht von 165.000 russischen Soldaten, die bis Mitte März dem Krieg zu Opfer gefallen wären. Der Kreml hingegen nennt lediglich 6.000. Westliche Schätzungen finden sich in der Mitte wieder: Mehr als 100.000 Russen wären demnach bisher verstorben.
2023 erneuter Anstieg
Nun zu den zivilen Opfern, über die die Daten von ACLED Aufschluss geben: Zu Beginn des Konflikts, im März 2022, starben demnach viele ukrainische Zivilisten – rund 3.300. Ein Jahr später, im Februar 2023, mehrten sich die zivilen Opfer erneut. Auch im Jänner starben mit 2.800 besonders viele Unbeteiligte. Der Anstieg dürfte im Zusammenhang mit der russischen Winteroffensive im Donbass (Soledar, Wuhledar und Bachmut) stehen.
Insgesamt sind laut ACLED im ersten Jahr des Konflikts 17.116 ukrainische Zivilisten inmitten der Kämpfe umgekommen. 16.000 davon in der besonders umkämpften Ost-Region Donbass. Jedoch seien nur etwa 800 davon gezielt zum Opfer der russischen Streitkräfte geworden – in den meisten Fällen seien zufällige Raketeneinschläge in Häusern oder Bombenexplosionen verantwortlich.
"Ruhiger" Sommer
Über den Sommer konnte die ukrainische Bevölkerung laut der Zahlen etwas aufatmen, die Lage beruhigte sich. Von Juni bis September gab es deutlich weniger zivile Opfer. Damals verlagerte sich die militärische Auseinandersetzung auf periphere Gebiete im Donbass. Ab September stiegen die Zahlen im Zuge der ukrainische Gegenoffensive wieder an.
Die meisten Luft- und Drohnenangriffe, sowie Artillerieschläge wurden im Sommer registriert, dennoch mussten zur selben Zeit deutlich weniger Zivilisten ihr Leben geben. Das liegt daran, dass auch diese Angriffe vor allem in weniger dicht besiedelten Gegenden stattfanden.
Mehr als im Vietnam und dem Irak
Doch nicht nur die Ukraine ist von zivilen Todesopfern betroffen: Auch auf russisch okkupierter Seite kamen bereits zwischen 1.200 und 5.000 Zivilisten ums Leben – je nachdem, welche Quelle man heranzieht. So wie Russland, bombardieren auch die ukrainischen Streitkräfte zivile Einrichtungen, vor allem in der Stadt Donezk.
Zusammengerechnet geht ACLED also von rund 20.000 toten Zivilisten im ersten Jahr des Kriegs aus. Verglichen mit anderen Kriegen der Vergangenheit ist das eine hohe Zahl. Während des Vietnam-Kriegs (1955 bis 1975) sollen es etwa 300.000 gewesen sein, pro Jahr ergibt das also 15.000. Auch der Irak-Krieg (2003 bis 2011) forderte im Schnitt aufs Jahr gerechnet weniger zivile Todesopfer: 13.345.