Politik
Lautstarker Kochtopf-Protest bei Wahl-Sendung im ORF
Bei Susanne Schnabl und Gerd Schneider stellten sich die Salzburger Spitzenkandidaten wenige Tage vor der Wahl der großen ORF-Elefantenrunde.
Die dritte und letzte der heurigen Landtagswahlen findet in Salzburg – und gleich unter mehreren brisanten Vorzeichen – statt. Wie in Niederösterreich drohen ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer herbe Verluste, während sich die FPÖ von Marlene Svazek gefährlich nahe an Rang 1 nähert. Vom Duell um Platz 2 mit der SPÖ ist keine Spur mehr, unter anderem weil die KPÖ mit Kay-Michael Dankl einen vielversprechenden Kandidaten ins Rennen schickt, dem in jeder der letzten Umfragen ein Knacken der 5-Prozent-Hürde vorhergesagt wird.
Bei der ersten großen "Elefantenrunde" der Spitzenkandidaten im ORF ist er aber nicht dabei – denn seit 1949 sitzt die KPÖ nicht mehr im Landtag. Sehr wohl mitdiskutieren dürfen Grünen-Spitzenkandidatin Martine Berthold und NEOS-Chefin Andrea Klambauer, die mit Haslauer das Land regieren. Diese "Dirndl-Koalition" wird sich nach diesem Wahlsonntag wohl nicht mehr ausgehen, NEOS droht gar ein Absturz hinter die KPÖ.
Wird es also Schwarz-Blau? Oder eine GroKo? Oder ganz etwas Neues? Die Wahl-TV-Debatte moderiert von Susanne Schnabl und Gerd Schneider könnte hier bereits einige interessante Einblicke geben.
Protest vor Studio
Wie schon in Niederösterreich gab es auch in Salzburg vor dem TV-Studio einen Protest von Fridays for Future. Unter großem Lärm mit Töpfen und Musikinstrumenten, Demorufen und Gesang wurde von 30 Personen mehr Tempo beim Klimaschutz eingefordert.
"Es gibt immer noch Parteien, die nicht einsehen wollen, dass die Klimaneutralität 2050 viel zu spät ist oder sogar diese infrage stellen. Auf Bundesebene hat man bereits erkannt, dass wir bis 2040 klimaneutral sein müssen. Wir haben es satt, uns erzählen zu lassen, dass dieses Ziel für Salzburg unrealistisch sei. Mit ausreichend politischem Willen und einer klaren Strategie ist Klimaneutralität auch in Salzburg bis 2040 machbar", stellt FFF-Aktivistin Pati (22) klar. Seit Jahren gehen sie nun auf die Straße, um für die Zukunft zu kämpfen. Passiert sei aber wenig.
"Es ist so wichtig, sich vor der Wahl über die Standpunkte der Parteien beim Klimaschutz zu informieren“, fordert Pati die Wähler*innen auf. Scientists For Future haben einen Klima-Wahl-O-Mat für Salzburg ausgearbeitet. Auf www.klimawahlen.at kann man die Antworten der Parteien zu den relevantesten Fragen in Salzburgs Klimapolitik sehen und ebenso eine wissenschaftliche Einordnung dieser. "Wir brauchen eure Stimmen für unsere Zukunft!", richtet Max seinen Appell an die Wähler.
Andere Probleme
In der Eröffnungsrunde stellt Landeshauptmann Wilfried Haslauer klar, dass sein Ziel Platz 1 und eine tragfähige Regierung zu bilden sei. Auch unter 30 Prozent zu fallen stelle für ihn keine überschrittene Schmerzgrenze dar. David Egger (SPÖ) will nichts von Führungsdebatten wissen, auch wenn das ein "unangenehmen Nebengeräusch" sei. In seiner umstrittenen Forderung einer Rückzahlung der Corona-Strafen sehe er ein "mediales Hochspielen". Kritik dafür habe er aus der eigenen Partei nicht gehört. "Wir haben in Salzburg andere Probleme."
FPÖ-Vorsitzende Marlene Svazek lässt sich nicht in die Karten blicken. Bedingungen für eine künftige Koalition wie ein Werbeverbot für Corona-Impfungen werden aber bestimmt ein Thema sein müssen. Auch sie ortet ein "mediales Hochspielen" bei der Empfehlung ihres FPÖ-Chefs Herbert Kickl, ein Pferdeentwurmungsmittel gegen Corona n Erwägung zu ziehen. Für Haslauer wiederum sei eine Rückzahlung der Corona-Strafen überhaupt kein Thema, es sei ungerecht jenen gegenüber, die sich an alle Regeln gehalten haben.
Heinrich Schellhorn, ehemaliger Grünen-Chef, hat erst vor wenigen Monaten wegen eines Pflege-Skandals zurücktreten müssen. Berhold will jedenfalls wenig überraschend voll auf das Klima-Thema setzen und ruft dazu Bilder zurück in den Kopf wie die Überflutung von Hallein oder die Vermurung der Pinzgauer Lokalbahn, die noch lange nicht wiederaufgebaut ist.
Auch bei den NEOS wurde der Klubchef jüngst abgewählt, dieser wechselte zu der ÖVP. Klambauer lässt das kalt, auch die Umfrage, die sie um ihren Wiedereinzug zittern lässt, bezeichnet sie mit Verweis auf Peter Filzmaier als "wertlos". Ihre Erfolgsbilanz könne sich blicken lassen.
Keine Statistik
Im Wahlkampf geht es vor allem um die Teuerung. Eine kritische Zwitter-Rolle hat dabei Wilfried Haslauer, der einerseits als Landeshauptmann niedrige Strompreise liefern will, als Aufsichtsratsvorsitzender Salzburg AG aber genau das Gegenteil im Interesse haben sollte. Mittelfristiges Ziel sei es, die Anteile der oberösterreichischen Energie AG auch irgendwann zu übernehmen, um das Unternehmen ganz in den Dienst des Gemeinwohls zu stellen.
Wohnen, eigentliches Kernthema der SPÖ, wird immer mehr der KPÖ zugeschrieben. Auch mit solchem "Wegschnappen" will sich Egger gar nicht befassen. Er kritisiert die Regierungsparteien deswegen, nicht genug neue, geförderte Mietwohnungen errichtet zu haben. Es könne nicht sein, dass Investoren das heimische Grünland aufkaufen.
Solche geförderten Wohnungen will Svazek nur an Deutschsprechende vergeben. Die Stadtteile Lehen, Liefering und Taxham seien mittlerweile Brennpunkte, dem will sie entgegenwirken. Wie viele Personen das betreffen würde? "Die Statistik hab ich nicht erhoben." Haslauer könne sich vorstellen, einen Punkteabzug beim Antrag für fehlende Deutschkenntnisse durchzusetzen.
Dutzende Windräder geplant
Zur Halbzeit kam es zu einer ersten "Taferl-Runde". Zum Bau von Windrändern in Salzburg, von denen es bisher kein einziges gibt, bekennen sich alle Parteien mit Ausnahme der FPÖ. Innerhalb von fünf Jahren seien bis zu 15 Jahren möglich, stellt Haslauer in Aussicht. Berthold will 50 Windräder bis 2030. Klambauer übertrumpft dieses Ziel auf 64, Egger will keine Zahl nennen, sondern "die Leute wo anders abholen", nämlich bei der Problematik der großen Eingriffe in die Natur. Aber: "Jede Windkraftanlage ist ein großer Gewinn für Salzburg." Svazek hat "nichts gegen Windräder an sich", doch diese würden in Salzburg wirtschaftlich keinen Sinn machen.
Als nächstes Thema wählt Moderatorin Schnabl, Selbstbezeichnung "Herrin der Zeit", das Thema Fachkräftemangel. Ob das Land gezielt Zuwanderer anwerben soll wird wieder von allen bejaht, sogar Marlene Svazek (FPÖ) schwankt zwischen Ja und Nein. Macht es Sinn, qualifizierte Leute abzuschieben, wie jüngst in Haslach? Das seien nur Einzelfälle, wischt Haslauer das weg. Er will Leistungsanreize setzen. "Viele wollen nur mehr Teilzeit arbeiten", unter anderem weil der Brutto-Netto-Unterschied hier nicht mehr so groß sei. Das wären Schrauben, an denen man noch drehen könne.
Svazek sei voll dafür, qualifizierte Kräfte anzuwerben, allerdings nicht in Drittstaaten sondern in anderen EU-Ländern, etwa Spanien, wo die Jugendarbeitslosigkeit extrem hoch ist. Wie Haslauer ist auch sie für eine Reformierung der "Rot-Weiß-Rot"-Card, will aber Asyl und Migration nicht vermischen. Anders sieht das Klambauer, die weniger Bürokratie auf Seiten der Unternehmen zum Ziel hat, um Kräfte anwerben zu können und attraktiv zu sein.
Kein Problem
In der Frage zu möglichen Koalitionen nach der Wahl macht Haslauer auch jetzt keine Ansage, kritisiert jedoch den Stil der FPÖ und verweist auf das eigene Saubermann-Image im Wahlkampf. So viele dieser aktuellen Themen könne man nur gemeinsam lösen. Marlene Svazek quittiert das nur mit einem Grinsen. Dass Haslauer immer wieder zu ihr rüber schaue, soll keine größere Bedeutung haben, er schaue jedem ins Auge, da habe er "kein Problem" damit. Was nach der Wahl sei, könne man tatsächlich noch nicht sagen, so die FPÖ-Chefin – die aber wieder eine ÖVP-Koalition aktiv in den Raum stellt.
Auch bei dieser Diskussion will sich Egger nicht beteiligen, der nur auf die Inhalte schauen will und keine Partei als möglichen Koalitionspartner ausschließt. FPÖ-Bedingungen wie ein verbieten der Impf-Werbung seien aber ein "No-Go". Berthold kündigt an, auch bei einer möglichen Wahl-Schlappe und einem Gang in Opposition Politikern zu bleiben.