Neue Regeln im Burgenland

"Keine Sozialleistung mehr" – Doskozil mit Asyl-Knaller

Burgenland-Chef Hans Peter Doskozil will das Thema Asyl "völlig neu diskutieren", ohne gleich als Rechter zu gelten. Das große "Heute"-Interview.

Clemens Oistric
"Keine Sozialleistung mehr" – Doskozil mit Asyl-Knaller
SPÖ-Landeshauptmann Hans Peter Doskozil stellt sich am 19.1. der Wiederwahl.
Denise Auer

"Heute": Hat Sie das Scheitern der Ampel-Verhandlungen auf Bundesebene überrascht?

Hans Peter Doskozil: Das war absehbar und ich habe von Anfang an davor gewarnt. Eine Koalition von drei so unterschiedlichen Parteien, die nur eint, gegen die FPÖ zu sein – das kann am Ende keine tragfähige Regierung sein.

Die FPÖ steht in Umfragen bei 35 Prozent – Tendenz steigend …

Es ist aber nicht die Stärke der FPÖ, die dazu geführt hat, sondern die Schwäche der anderen. Da nehme ich die Sozialdemokratie auf Bundesebene gar nicht aus.

Ich hoffe bei der Wahl auf eine Mehrheit mit der Bevölkerung. Wir haben einen Weg eingeschlagen, der herzeigbar ist.
Hans Peter Doskozil
Landeshauptmann Burgenland (SPÖ)

Sollte Andreas Babler im Amt bleiben?

Es sind keine Schnellschüsse notwendig. Jetzt sollten wir einmal in uns gehen. Selbstreflexion würde uns guttun.

Sie stellen sich in zehn Tagen der Wiederwahl. Wie wollen Sie die Menschen im Burgenland von der SPÖ überzeugen?

Ich hoffe, dass wir die Menschen mit unserer Arbeit der vergangenen fünf Jahre überzeugen konnten – Mindestlohn, Gratis-Kindergarten, eigenes Pflegemodell, Wärmepreis- und Wohnkostendeckel, Ausbau der erneuerbaren Energie mit Stromfixtarif nur als Beispiel. Im Wahlkampf wird sehr viel diskutiert, ich vertraue aber darauf, dass die Burgenländer sehen, was wir getan haben und den Weg goutieren.

Bei etwaigen Koalitionen nach der Wahl …

… schließen wir niemanden aus. Ich hoffe auf eine Mehrheit mit der Bevölkerung. Wir haben einen Weg eingeschlagen, der meiner Meinung nach herzeigbar ist und den ich gerne weitergehen würde.

Trauen Sie der FPÖ zu, als Zweiter eine Koalition gegen den Wahlgewinner SPÖ zu bilden?

Das wurde seitens der FPÖ in Kärnten auch schon einmal gemacht. Am Ende sind parlamentarische Mehrheiten wesentlich und daher traue ich ihnen das zu.

Landtagswahlen im Burgenland – das sind die Kandidaten

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    Landeshauptmann Hans Peter Doskozil stellt sich für die SPÖ der Wiederwahl.
    Landeshauptmann Hans Peter Doskozil stellt sich für die SPÖ der Wiederwahl.
    MAX SLOVENCIK / APA / picturedesk.com

    In der Steiermark haben Pläne über Spitalsschließungen die Wahl mitentschieden. Gibt es derartige Überlegungen auch im Burgenland?

    Seitens der SPÖ gilt die Garantie für fünf Standorte. Das sehen aber nicht alle Parteien hier so. Wir bauen Spitäler – etwa in Oberwart und Gols – und investieren in die anderen Kliniken, während in anderen Bundesländern Spitäler geschlossen werden. Unser Ziel ist es, die Gesundheitsversorgung so umzubauen, dass wir uns selbstständig und unabhängig versorgen können. Darüber hinaus werden wir Pflegestützpunkte vor Ort, in den Gemeinden, ausrollen – nicht mehr nur in den großen Städten.

    Als letztes großes Thema vor der Wahl wurde eine Asyl-Obergrenze von 330 Flüchtlingen jährlich im Landtag beschlossen. Warum?

    Ich bin davon überzeugt, dass Politik kein Selbstzweck ist. Wir sind nur im Namen der Bevölkerung delegiert, Entscheidungen zu treffen. Wir müssen tabulos darüber diskutieren, was es bedeutet, wenn sich die Gesellschaft und Glaubensrichtungen verschieben. Ich denke, die Bevölkerung wünscht diese Veränderung im Grunde nicht, also muss man das Thema Asyl neu diskutieren – und zwar nicht nur aus Fluchtbewegungen heraus.

    Video: Das Interview mit Doskozil

    Dafür gibt es mitunter aber sogar Kritik aus Ihrer eigenen Partei …

    Schauen Sie – und genau das darf nicht sein. Dass man als Rechter gilt, wenn man hier Meinungen vertritt, die nicht en vogue sind. Wir müssen intensiv darüber sprechen: Was bedeutet das für unsere Gesellschaft und wie schaffen wir Integration?

    90 Prozent der negativen Entscheidungen bleiben in Österreich. Hier versagt der Innenminister seit Jahren.
    Doskozil im Gespräch mit <em>"Heute"</em>-Chefredakteur Clemens Oistric
    Doskozil im Gespräch mit "Heute"-Chefredakteur Clemens Oistric
    Denise Auer

    Am Ende kann die Lösung nur europäisch sein.

    Aber Europa sind wir alle. Und es gibt schon repressive Maßnahmen, die wir ergreifen können. Ich erinnere nur an das Schengen-Veto des ÖVP-Innenministers. Das war ein rein wahltaktisches Manöver. Und als die Wahl geschlagen war, hat er sang- und klanglos zugestimmt. Hätte er sich hingestellt und gesagt, dass Österreich der Schengen-Erweiterung nur zustimmt, wenn Außengrenzverfahren etwa entlang der Fluchtroute zwischen Bulgarien und der Türkei etabliert werden, dann hätte ich ihn auch geschätzt als Politiker. Das war aber nicht der Fall.

    Finden Sie es richtig, dass Gerhard Karner nach dem Machtwechsel die Asylverfahren von Syrern gestoppt hat?

    Ob man nach Syrien abschieben kann, entscheiden in Österreich Gerichte. Der Innenminister muss diese Entscheidungen dann umsetzen. Hier versagt er aber seit Jahren. 90 Prozent der negativen Entscheidungen bleiben in Österreich. Zwei Jahre lang gab es übrigens auch einen blauen Innenminister – Herbert Kickl – auch er hat sie nicht abschieben können.

    Im Burgenland haben Sie verschärfte Maßnahmen eingeführt. Asylwerber in der Grundversorgung sind nun auch zur Arbeit verpflichtet. Aber wären diese Menschen nicht besser in Deutsch- und Wertekursen aufgehoben?

    Es ist an der Zeit eines klar zu sagen: In Österreich aufgenommen und unterstützt zu werden, ist keine Einbahnstraße. Man muss auch etwas zurückgeben. Ich glaube, dass es zumutbar ist, dass man auf der einen Seite gemeinnützige Arbeit verrichtet und auf der anderen Seite versucht, Deutsch zu lernen und entsprechende Kurse besucht. Es gibt genug Beispiele der heimischen Bevölkerung, die sich auch nebenberuflich weiterbilden.

    Bei negativ entschiedenen Fällen ...

    ... gibt es im Burgenland keine sozialen Leistungen mehr, außer den Verweis auf die staatliche Rückkehrhilfe.

    BILDSTRECKE: Hans Peter Doskozils Karriere in Bildern

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      Hans Peter Doskozil wurde im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 einer großen Öffentlichkeit bekannt. Hier im Bild: Der damalige Polizeidirektor mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
      Hans Peter Doskozil wurde im Rahmen der Flüchtlingskrise 2015 einer großen Öffentlichkeit bekannt. Hier im Bild: Der damalige Polizeidirektor mit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner.
      Screenshot ORF
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