Nach der einmonatigen Aussetzung sind sie jetzt endgültig da. US-Präsident Donald Trump führt in der Nacht auf Dienstag Strafzölle für Produkte aus Kanada und Mexiko in einer Höhe von 25 Prozent ein – für Energieerzeugnisse aus Kanada sind es zehn Prozent. Die bereits bestehenden Zölle auf in China hergestellte Produkte wurden von zehn Prozent auf 20 Prozent erhöht.
An den Börsenmärkten zeigten sich bereits erste Reaktionen. So rutschte der deutsche Aktienindex DAX am Dienstagmorgen um 1,5 Prozent nach unten. Besonders deutlich wurde der Absacker bei Autoherstellern wie VW (minus 2,2 Prozent) und Stellantis (minus vier Prozent).
"In den USA und Kanada hat eine Umschichtung von zyklischen auf defensive Sektoren stattgefunden", erklärt Manuel Ferreira, Chefstratege der Zürcher Kantonalbank. Besonders stark betroffen sei dabei der IT-Sektor. "Allerdings merkt man, dass unter den Zöllen nicht nur Kanada und Mexiko, sondern auch die US-Märkte leiden."
Auch in Europa ist eine Rotation in Richtung defensiver Titel zu beobachten. "Der Industriesektor und dort spezifisch der Automobilbereich leidet darunter. In der Schweiz etwa ist aktuell Kühne + Nagel am deutlichsten betroffen." Generell seien die Zölle auch für Europa eine Belastung, aber Erwartungen hinsichtlich höherer Fiskalausgaben für die Industrie federn den negativen Effekt ab, wie Ferreira erklärt.
Auf dem chinesischen Markt sei derweil kaum Bewegung zu beobachten. Das liege daran, dass die Exporte in die USA gerade mal drei Prozent des chinesischen BIPs ausmachen. Die Zölle sind in der jetzigen Höhe also langfristig verkraftbar.
Die langfristigen Folgen der Zölle seien stark abhängig von der Dauer und den Gegenmaßnahmen. "In Nordamerika ist es gut möglich, dass die Zölle neu verhandelt werden, da sie auch die US-Wirtschaft stark beeinträchtigen." Europa sei im Vergleich zur letzten Amtsperiode Trumps dieses Mal besser vorbereitet für Zölle und Verhandlungen. "Von China erwarten wir, dass die USA wenig nachgiebig sein wird."
„Von China erwarten wir, dass die USA wenig nachgiebig sein wird.“Manuel Ferreira, Chefstratege der Zürcher Kantonalbank
In der ganzen Volatilität dürfe man aber nicht vergessen, dass Anfang des Jahres noch eine Überstimulierung des Marktes in den USA befürchtet wurde. "Eine Art positiver Nebeneffekt der Zölle ist also, dass sie die Konjunkturerwartungen normalisiert haben und sich die Trump-Euphorie abbaut." Das nehme Druck von den Märkten weg und biete mehr Handlungsspielraum auf globaler Ebene.
China hat im Gegenzug auf die erhöhten Zölle ebenfalls Abgaben auf US-amerikanische Produkte eingeführt – unter anderem 15 Prozent auf Lebensmittelprodukte. "Wenn die Vereinigten Staaten ... darauf bestehen, einen Zollkrieg, einen Handelskrieg oder irgendeine andere Art von Krieg zu führen, wird die chinesische Seite sie bis zum bitteren Ende bekämpfen", sagte der Sprecher des Außenministeriums Lin Jian auf einer regulären Pressekonferenz am Dienstagnachmittag.
Auch aus Kanada wurden bereits am Montag erste Gegenmaßnahmen angekündigt. Das Land werde Vergeltungsmaßnahmen in Form von Zöllen in der Höhe von 25 Prozent auf US-Waren im Wert von 155 Milliarden kanadischer Dollar ergreifen. Für Aufsehen sorgte auch die Aussage des Premierministers von Ontario, Doug Ford. "Wenn sie versuchen wollen, Ontario zu vernichten, werde ich alles tun – auch ihnen den Strom abdrehen – und zwar mit einem Lächeln im Gesicht", sagte Ford am Montag gegenüber NBC.
Die mexikanische Regierung hat derweil noch keine konkreten Gegenmaßnahmen präsentiert. Vor dem Inkrafttreten der US-Zölle erklärte Präsidentin Claudia Sheinbaum am Montag, ihr Land habe Notfallpläne erstellt. "In dieser Situation brauchen wir Gelassenheit, Ruhe und Geduld. Wir haben einen Plan A, einen Plan B, einen Plan C und sogar einen Plan D", bekräftigte sie. Sheinbaum fügte hinzu, dass sie am Dienstag mehr über die Reaktion Mexikos sagen werde.
Bereits nach den ersten Androhungen von Zöllen haben besonders kanadische und mexikanische Staatsbürger, aber auch vereinzelt Personen in staatlichen Positionen, zu Boykotten US-amerikanischer Produkte aufgerufen.
So setzten sich etwa lateinamerikanische Aktivisten, besonders aus Mexiko, in den sozialen Medien für einen Boykott von Coca-Cola ein. Für die Marke hätte ein weit verbreiteter Kauf-Stopp schwere Folgen: Mexiko ist der größte Pro-Kopf-Konsument der Cola-Getränke.