Ukraine

Russen-Raketen auf Polen – jetzt reagiert der Kreml

Nach Berichten über Raketeneinschläge in Polen hat sich nun erstmals das russische Verteidigungsministerium zu Wort gemeldet.

Rauch steigt über dem polnischen 120-Seelen-Dorf Przewodów auf. Handelte es sich dabei um russische Raketenangriffe?
Rauch steigt über dem polnischen 120-Seelen-Dorf Przewodów auf. Handelte es sich dabei um russische Raketenangriffe?
VIA REUTERS

Noch steht nicht offiziell fest, ob es sich bei den Explosionen, die in einer Getreidetrocknungsanlage in Przewodów – einem polnischen Dorf nahe der ukrainischen Grenze – zwei Menschenleben gekostet haben, tatsächlich um den Einschlag zweier russischer Raketen gehandelt hat. Medienberichte legen einen Zusammenhang mit den massiven russischen Attacken auf die Ukraine von heute nahe. Doch der Kreml dementiert die Attacken.

Polens Regierungssprecher Piotr Müller bestätigte die Berichte über einen russischen Raketenangriff zunächst nicht, sagte jedoch, es sei eine Dringlichkeitssitzung "wegen einer Krisenlage" ins Leben gerufen worden. Der Fall ist besonders heikel, weil Polen Mitglied des NATO-Bündnisses ist und für Fälle eines Angriffs auf einen Bündnispartner die Beistandspflicht nach Artikel 5 vorgesehen ist.

Ob dieser in Kraft tritt, entscheidet das Bündnis allerdings im Einzelfall. Bisher wurde Artikel 5, ein Eckpfeiler der Nato, nur nach den Anschlägen vom 11. September 2001 angewandt.

Gerhard Mangott, Politikwissenschaftler an der Universität Innsbruck, hält solche dramatische Entwicklungen im Puls24-Interview für "ziemlich unwahrscheinlich, auch wenn ein Restrisiko bleibt". Es würde jedoch zeigen, dass wenn dieser Krieg noch weiter andauert, "auch eine nicht beabsichtigte Eskalation möglich ist, nämlich in der Hinsicht, dass er sich auf zusätzliche Länder ausdehnt." Mehr dazu im Video:

Der Verteidigungsminister Lettlands, Artis Pabriks, twitterte nach den Raketeneinschlägen: "Mein Beileid an unsere polnischen Waffenbrüder. Das kriminelle russische Regime hat Raketen abgefeuert, die nicht nur auf ukrainische Zivilisten abzielen, sondern auch auf NATO-Gebiet in Polen gelandet sind. Lettland steht voll und ganz an der Seite unserer polnischen Freunde und verurteilt dieses Verbrechen."

Zudem schrieb er, der Artikel 4 der NATO-Verordnung müsse in Kraft treten. Dieser besagt: "Die Parteien werden einander konsultieren, wenn nach Auffassung einer von ihnen die Unversehrtheit des Gebiets, die politische Unabhängigkeit oder die Sicherheit einer der Parteien bedroht ist."

USA will noch nichts wissen, Russland dementiert

Das US-Verteidigungsministerium prüft derzeit die Berichte. Zum jetzigen Zeitpunkt gebe es aber keine Informationen, die diese Berichte bestätigen könnten. "Wenn wir ein Update zur Verfügung stellen können, werden wir dies tun", sagte der Sprecher weiter. Ein US-Geheimdienstvertreter hatte den Einschlag der russischen Raketen auf polnischem Staatsgebiet bereits bestätigt.

Das Verteidigungsministerium in Moskau bezeichnete die Meldungen über einen Einschlag russischer Raketen auf polnischem Staatsgebiet als bewusste "Provokationen". Diese hätten das Ziel, die Situation zu eskalieren, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax das Ministerium. Es seien keine Angriffe mit russischen Waffen auf Ziele nahe der polnisch-ungarischen Grenze ausgeführt worden.