Gesundheit
Das kann der Impfstoff von Johnson & Johnson
In den USA wurde dem Impfstoff von Johnson & Johnson bereits eine Notfall-Zulassung erteilt - und bei uns? Wie wirkt er? Wann kommt er? Ein Überblick.
In punkto zugelassener Impfstoffe gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 lagen die Schweiz und die USA bislang gleich auf. Doch nun hat in Übersee – nach den Präparaten von Biontech/Pfizer und Moderna – auch das Ad26.COV2.S genannte Vakzin von Johnson & Johnson (J&J) die Notfallzulassung erhalten. Das wissen wir darüber:
Wie funktioniert der J&J-Impfstoff?
Bei Ad26.COV2.S handelt es sich um einen Vektorimpfstoff. Bei diesem Ansatz dient ein abgeschwächtes und harmloses Virus als Transportmittel (Vektor) für einen ungefährlichen Teil der Erbinformation von Sars-CoV-2. Es wird quasi verkleidet, damit es in den Körper eingeschleust werden kann. So werden mittels des Vektors genetische Anweisungen an die Zellen übermittelt, ein bestimmtes Protein des Coronavirus zu produzieren. Auf diese Weise wird das Immunsystem auf die Bekämpfung des echten Coronavirus vorbereitet.
Nach dem gleichen Prinzip funktioniert das Präparat von AstraZeneca sowie Sputnik V. Alle drei setzen zum Transport auf Adenoviren, jedoch auf unterschiedliche: Während J&J das Adenovirus 26 (Ad26) nutzt, das es auch schon in seinem Impfstoff gegen Ebola verwendet, basiert das Präparat von AstraZenca auf ChAdY25 (Y25). Der russische Vertreter nutzt bei der ersten und zweiten Dosis verschiedene Vektoren. Das könnte ein Vorteil sein, da das Immunsystem sonst nach der ersten Impfung Antikörper gegen den Vektor bilden könnte, wodurch das Vakzin weniger gut wirkt.
Wie wirksam ist Ad26.COV2.S?
Das Unternehmen selbst gab am 29. Januar 2021 bekannt, dass der Impfstoff sicher und wirksam sei. Ende Februar kam die US-Arzneimittelbehörde zu dem gleichen Schluss. Gemäß der am Mittwoch veröffentlichten Unterlagen schützt Ad26.COV2.S insgesamt mit einer Wirksamkeit von 66 Prozent vor mittelschwerer bis schwerer Erkrankung. In den Studien in den USA waren es 72 Prozent, in Südafrika 64 Prozent. Die Zahl für Südafrika war etwas höher als sie J&J selbst noch vor einigen Wochen bei der Veröffentlichung der Studienergebnisse angegeben hatte.
Vor besonders schwerer Erkrankung schützte der Impfstoff noch deutlich besser. In den USA lag die Wirksamkeit bei 85,9 Prozent, in Südafrika bei 81,7 Prozent und in Brasilien bei 87,6 Prozent. Damit scheint der Impfstoff des US-Konzerns auch gut gegen die südafrikanische und die brasilianische Virus-Variante zu wirken, die als deutlich ansteckender gelten und im Verdacht stehen, der Immunabwehr des Menschen besser zu entkommen.
Wie Faz.net unter Berufung auf die FDA schreibt, gäbe es auch Hinweise, dass der Impfstoff vor Infektionen ohne Symptome schützen könnte. Weil dazu bislang noch nicht allzu viele Daten vorliegen, könne noch kein endgültiger Schluss gezogen werden.
Wie viele Dosen braucht es?
Anders als bei vielen anderen Impfstoffen (siehe Bildstrecke) muss von Johnson & Johnsons Ad26.COV2.S nur eine Dosis verabreicht werden. Obwohl diese für einen umfassenden Schutz reichen soll, hat das US-Unternehmen im November 2020 angekündigt, eine zweite Phase-3-Studie starten zu wollen, um die Auswirkungen von zwei Dosen ihres Impfstoffs statt nur einer zu beobachten. Die Ergebnisse werden im Frühjahr 2021 erwartet.
Gibt es weitere Vorteile?
Ja. So ist der J&J-Impfstoff logistisch einfacher zu handhaben als etwa die mRNA-Vakzine von Pfizer/Biontech (Comirnaty) und Moderna (mRNA-1273). Während ersteres – zumindest aktuell noch – bei einer Temperatur von minus 70 Grad Celsius gelagert werden muss, um stabil zu bleiben, kann letzteres bereits bei minus 20 Grad Celsius gelagert werden. Für das Präparat von Johnson & Johnsons reichen dagegen Kühlschranktemperaturen. "Die von uns verwendete Technologie kann zwei Jahre lang bei -4° F (-20 Grad Celsius) und mindestens drei Monate lang bei 35-46° F (1,6-7,7 Grad Celsius) stabil bleiben, was ungefähr der Temperatur Ihres heimischen Kühlschranks entspricht", so Mathai Mammen, globaler Leiter für Forschung und Entwicklung bei Johnson & Johnson, in einer Mitteilung.
Für wen ist Ad26.COV2.S geeignet?
Gemäß Notfallzulassung der FDA kann der Impfstoff allen Personen ab 18 Jahren verabreicht werden. An der Phase-3-Studie des Unternehmens hatten mehr al 43’000 Probanden teilgenommen. Rund 34 Prozent von ihnen waren älter als 60 Jahre, etwa 41 Prozent hatten Vorerkrankungen wie Diabetes, Adipositas oder Bluthochdruck. Unter den Teilnehmern traten insgesamt 723 Covid-19-Fälle auf. Davon entfielen 541 Fälle auf die Gruppe, die nicht das Vakzin, sondern ein Placebopräparat erhielt, und 182 Fälle auf die Impfstoffgruppe. Ob das Vakzin auch Schwangeren verabreicht werden kann, wird laut dem Impfstoff-Tracker der «New York Time» derzeit untersucht. Eine entsprechende Studie ist erst im Februar 2021 gestartet.
Was ist über die Nebenwirkungen bekannt?
Bei dem Impfstoff kann es zu ähnlichen Impfreaktionen kommen wie bei den anderen bereits zugelassenen Vakzinen. Das hat eine genauere Untersuchung von 6700 Probanden ergeben. Die häufigsten Reaktionen waren demnach Schmerzen an der Injektionsstelle (48,6 Prozent), Kopfschmerzen (38,9 Prozent), Müdigkeit (38,2 Prozent) und Muskelschmerzen (33,2 Prozent). Diese Symptome wurden überwiegend als «leicht und moderat» beschrieben und sind ein bis zwei Tage nach der Impfung abgeklungen.
Weiter traten in der Impfstoffgruppe zahlenmäßig häufiger Reaktionen wie Nesselsucht, Tinnitus und Gefäßverstopfungen durch ein Blutgerinnsel (Thromboembolien) auf als in der Placebogruppe, teilt die FDA mit. «Zum jetzigen Zeitpunkt sind die Daten nicht ausreichend, um einen kausalen Zusammenhang zwischen diesen Ereignissen und dem Impfstoff festzustellen.»
Wo – außer in den USA – wird der Impfstoff schon verimpft?
Noch vor den Vereinigten Staaten hat das Königreich Bahrain dem J&J-Impfstoff eine Notfallzulassung erteilt. Das Vakzin soll zunächst bei den am stärksten gefährdeten Personen eingesetzt werden, etwa bei älteren Menschen, sowie solchen mit chronischen Erkrankungen.
Auch Südafrikas Behörde für Gesundheitsprodukte hat das Präparat genehmigt. Es soll vorrangig an das Personal des Gesundheitswesens gehen. Das Land hat sich nach offiziellen Angaben neun Millionen von Ad26.COV2.S gesichert, nachdem die Impfaktion mit dem Präparat von AstraZeneca wegen Zweifeln an dessen Wirksamkeit gegen die im Lande vorherrschende Coronavirus-Variante kurzfristig ausgesetzt worden war.
Wie steht es um die Zulassung in Österreich?
Der Corona-Impfstoff von Johnson & Johnson ist noch nicht durch die Europäische Arzneimittelagentur zugelassen werden. Der zuständige Ausschuss könnte seine Bewertung Mitte März abgeben, heißt es. Zu langsam, kritisiert Bundeskanzler Sebastian Kurz: "Es kann auf Dauer nicht sein, dass in anderen Länder schneller Impfstoff genehmigt wird als durch die EMA." Das Vakzin sei ein "Gamechanger" im Kampf gegen die Pandemie", so Kurz.