Gesundheit

Das Coronavirus trickst unser Immunsystem aus

Bei einer Infektion versucht das Immunsystem, Sars-CoV-2 mithilfe antiviraler Botenstoffe abzuwehren. Dabei hilft es dem Virus sogar.

Heute Redaktion
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Blick in eine Corona-Intensivstation. (Archivbild aus Tulln, NÖ)
Blick in eine Corona-Intensivstation. (Archivbild aus Tulln, NÖ)
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Während einige Personen nicht einmal merken, dass sie sich mit dem Coronavirus infiziert haben, erkranken andere schwer und geraten sogar in Lebensgefahr. Die Annahme, dass hinter einem schweren Verlauf ein schwaches Immunsystem steckt, greift jedoch zu kurz. Denn gerade bei kritischen Verläufen arbeitet das Immunsystem unter Hochdruck, schafft es aber nicht, das Virus zu kontrollieren.

Eine mögliche Erklärung dafür liefert nun eine deutsche Forschergruppe. Das Team um Julian Heuberger von der Berliner Charité wies nach, dass Sars-CoV-2 einen Verteidigungsmechanismus des Immunsystems nutzt, um verstärkt Schleimhautzellen (Epithelzellen) des Körpers zu entern und sich dort zu vermehren.

Sars-CoV-2 kehrt Schutzmechanismus ins Gegenteil

Wie die Wissenschaftler im Fachjournal "EMBO Molecular Medicine" schreiben, läuft im menschlichen Körper eigentlich ein sehr effektives Verteidigungsprogramm gegen Eindringlinge ab, das auf dem Zusammenspiel verschiedener Immunzellen basiert. Eine wichtige Rolle spielen dabei die T-Zellen: Stoßen Sie im Organismus auf Viren, zerstören sie die befallenen Zellen. Außerdem schütten sie den Botenstoff Interferon-gamma (früher: Typ-II-Interferon) aus, der einerseits Infektionskeime bekämpft, andererseits weitere Immunzellen auf den Plan ruft.

Die Gruppe um Heuberger hat nun gezeigt, wie Sars-CoV-2 diesen Schutzmechanismus ins Gegenteil verkehren kann. Denn neben den Immunzellen reagieren auch die Schleimhautzellen des Körpers auf Interferon-gamma. Sie bilden daraufhin mehr ACE2-Rezeptoren aus. Und damit ausgerechnet jene Rezeptoren, die Sars-CoV-2 als Einstiegspforte in die menschlichen Zellen benötigt.

Die Lösung?

Infizierte Zellen wiederum bilden mehr ACE2, heißt es in einer Mitteilung. Damit bewirkt die durch die T-Zellen ausgelöste Immunreaktion genauso wie das Virus selbst eine verstärkte Sars-CoV-2-Infektion. "Diese Daten deuten darauf hin, dass eine infektionsbedingte Entzündung einen verwundbaren Zustand schaffen kann, der wiederum eine massive Virusreplikation und -freisetzung ermöglicht. Das kann Konsequenzen für den klinischen Verlauf der Krankheit sowie für die Virusübertragung haben", so das Fazit der Forscher. "Eine mögliche Strategie könnte darin bestehen, die Interferon-gamma-Antwort medikamentös auszubalancieren", so Heuberger.

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