Gesundheit

Corona-Infektionen, geheilt – dann diese Langzeitfolgen

Nach 14 Tagen ist eine Corona-Infektion in der Regel vorbei. Doch viele Menschen sind dann weder geheilt noch belastbar.

Teilen
Lange ging man davon aus, dass Sars-CoV-2 nur die Lunge angreift. Heute – knapp ein Jahr nachdem die ersten Meldungen dazu aufkamen – weiß man, dass es den ganzen Körper angreift.
Lange ging man davon aus, dass Sars-CoV-2 nur die Lunge angreift. Heute – knapp ein Jahr nachdem die ersten Meldungen dazu aufkamen – weiß man, dass es den ganzen Körper angreift.
HELMUT FOHRINGER / APA / picturedesk.com

Weltweit haben sich bislang mehr als 85 Millionen mit dem Coronavirus infiziert. Über 48 Millionen haben die Infektion überstanden und gelten als genesen (Stand: 5. Januar 2021). Doch so fit wie vorher sind bei weitem nicht alle Ex-Covid-19-Patienten. Viele leiden noch über Wochen oder Monate an den Folgen der Infektion, zum Teil sogar schwer. Selbst für Junge und jene, die keine Symptome entwickelt oder sich mit leichten Verläufen auf der heimischen Couch erholt haben, "hat Covid-19 einen verheerenden zweiten Akt", so das "Wall Street Journal".

Das weiß man bislang zu den Langzeit- und Spätfolgen von Covid-19 – auch als Long-Covid bezeichnet:

Welche Langzeitfolgen sind bislang bekannt?

Wie die Liste der Covid-19-Symptome (siehe Bildstrecke) ist auch die Liste der Nachwirkungen einer Covid-19-Erkrankung lang. Sie können den ganzen Körper betreffen und entweder direkt an die eigentliche Erkrankung anschließen oder mit einigem Abstand auftreten.

Bislang als Folgen von Corona bekannt sind schwere Erschöpfungszustände (Fatigue-Syndrom), kognitive Probleme wie Entzündungen, Psychosen und Delirium (Covid-Hirn), Gedächtnislücken, Verdauungsprobleme, unregelmäßiger Herzschlag, Kopfschmerzen, Schwindel, schwankender Blutdruck, sogar Haarausfall. Auch Fälle von einem anhaltenden Geruchs- und Geschmacksverlust sind dokumentiert. In Deutschland etwa sind davon rund zehn Prozent der Corona-Patienten betroffen, wie Handelsblatt.com Peter Berlit von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) zitiert. Weiter klagten einige Covid-19-Patienten im Nachhinein über Taubheit.

Ebenfalls dokumentiert sind Lungen- und Herzschädigungen – dies sogar bei äußerst fitten Personen, wie eine Studie der Ohio State University zeigte: Von den Sportlern der Hochschule, die positiv auf Covid-19 getestet wurden, wiesen 30 Prozent zelluläre Herzschäden auf. 15 Prozent zeigten Anzeichen einer Herzentzündung. Viele Long-Covid-Symptome sind so schwerwiegend, dass die Betroffenen nach der ursprünglichen Infektion betreut werden müssen – in Form von körperlichen Reha-Maßnahmen, aber auch psychisch.

In letzter Zeit mehren sich zudem Hinweise darauf, dass auch Kinder infolge einer Corona-Infektion schwere Entzündungen erleiden und wegen einer sogenannten PIMS (Pädiatrische Immunologische Multisystem-Erkrankung) auf der Intensivstation landen können.

Bei welchen Verläufen drohen Langzeitfolgen?

Prinzipiell besteht bei allen die Gefahr, wie bisherige Studien zeigen. «Bei anderen bekannten Krankheiten haben in der Regel Patienten mit schlimmen Verläufen anhaltende Symptome, aber Covid-19 funktioniert nicht so», zitiert das "Wall Street Journal" Trisha Greenhalgh von der Universität Oxford. Die Medizinerin hat als eine der ersten zu Long-Covid-Patienten geforscht. Für viele sei "die Krankheit selbst nicht so schlimm" aber Symptome wie Gedächtnislücken und schnelle Herzfrequenz können manchmal für Monate anhalten. Im Oktober fügten die National Institutes of Health ihren Covid-19-Behandlungsrichtlinien eine Beschreibung solcher Fälle hinzu und sagten, dass Ärzte von Covid-19-bedingten Langzeitsymptomen und Behinderungen bei Menschen mit milderen Erkrankungen berichten.

Gibt es Vorbedingungen, bei denen eher mit Langzeitfolgen zu rechnen ist?

Die bisherigen Studien deuten darauf hin, dass es tatsächlich Faktoren geben könnte, die Langzeitfolgen wahrscheinlicher machen. Dazu zählen gemäß Quarks.de schwere Krankheitsverläufe (häufige und schwere Symptome zu Krankheitsbeginn), Vorerkrankungen wie zum Beispiel Übergewicht und das weibliche Geschlecht.

Wie viele Patienten leiden unter Long-Covid?

Bislang gibt es nur Untersuchungen mit beschränkter Aussagekraft und die Ergebnisse gehen zum Teil weit auseinander, was dem unterschiedlichen Untersuchungsdesign geschuldet sein dürfte.

Laut einer Untersuchung der Universität Zürich spürt rund ein Fünftel derjenigen, die die eigentliche Infektion überstanden haben, auch nach sechs Monaten noch die Folgen der Erkrankung. Genannt wurden Müdigkeit und Erschöpfung, Geschmacksverlust sowie Gelenkschmerzen. Bei der Untersuchung eines Corona-Ausbruchs in einer Rekrutenschule wies ein Fünftel der positiv getesteten Soldaten auch fünf Wochen nach der Diagnose eine reduzierte maximale Sauerstoffkapazität auf. Die Corona-Taskforce des Bundes erklärt, derzeit keine weiteren Auskünfte geben zu können.

Eine Umfrage von Forschern des King's College London und dem Massachusetts General Hospital unter mehr als 4.000 Ex-Covid-19-Patienten ergab, dass rund zehn Prozent der 18- bis 49-Jährigen vier Wochen nach der Erkrankung immer noch mit Symptomen zu kämpfen hatten. 4,5 Prozent aller Altersgruppen klagten auch nach acht Wochen noch über Symptome. 2,3 Prozent auch noch nach 12 Wochen.

Eine andere vorläufige Studie aus Kalifornien, die hauptsächlich nicht hospitalisierte Covid-Patienten untersuchte, ergab, dass etwa 25 Prozent nach 90 Tagen noch mindestens ein Symptom hatten. Eine europäische Studie ergab, dass etwa ein Drittel der 1837 nicht hospitalisierten Patienten etwa drei Monate nach Beginn noch Symptome hatte, die sie von einer Pflegeperson abhängig machten.

Doch egal, wie die Werte am Ende ausfallen: Bei mehr als 85 Millionen bestätigten Corona-Infektionen weltweit sind auf jeden Fall mehrere Millionen Menschen von Long-Covid betroffen, wobei noch niemand abschätzen kann, ob diese schlussendlich dauerhaft sind oder nur temporär bestehen.

Sind Langzeitfolgen ein reines Covid-Problem?

Nein, auch andere virale Ausbrüche, darunter das ursprüngliche Sars, Mers, Ebola, H1N1 und die Spanische Grippe, wurden mit langfristigen Symptomen in Verbindung gebracht. Wissenschaftler berichteten, dass einige Patienten Müdigkeit, Schlafprobleme und Gelenk- und Muskelschmerzen hatten, lange nachdem ihr Körper das Virus überwunden hatte, so eine kürzlich erschienene Übersichtsarbeit über die langfristigen Auswirkungen von Virusinfektionen.

Warum wird dann bei Covid so viel Wind gemacht?

Bei keiner anderen Erkrankung sind sie so allumfassend: "Mir ist keine andere Krankheit bekannt, die so viele verschiedene Organsysteme auf so viele verschiedene Arten angreift wie Covid-19", so Zijian Chen, medizinischer Leiter des Mount Sinai Health System's Center for Post-Covid Care zum "Wall Street Journal". Er habe bei einigen seiner Kollegen miterlebt, dass sie früher voller Energie gewesen seien, seit ihrer Erkrankung aber Schwierigkeiten hätten, den Tag zu übersehen. «Wir dachten, es sei ein Virus, von dem man sich erholt und dann wieder zur Normalität zurückkehrt.» Das sei aber leider nicht immer der Fall und "wirklich beängstigend".

1/51
Gehe zur Galerie
    <strong>22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen.</strong> Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – <a data-li-document-ref="120073911" href="https://www.heute.at/s/so-will-neos-chefin-die-mindestsicherung-neu-aufsetzen-120073911">und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.</a>
    22.11.2024: So will Neos-Chefin die Mindestsicherung neu aufsetzen. Beate Meinl-Reisinger spricht erstmals in "Heute" über Koalitionsverhandlungen, nötige Reformen – und warum sie Entlastungen für notwendig erachtet.
    Helmut Graf