Politik

Verwirrt lauschen wir den Telefonüberwachungen

Heute Redaktion
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Es ist tatsächlich passiert: Die berühmten Telefonprotokolle werden vor Gericht abgespielt. Erhellend? Auch. Aber vor allem akustisch unverständlich.

In Tiroler, Vorarlberger und Kärntner Dialekt tönt es kratzig aus den Lautsprechern des Großen Schwurgerichtssaals des Wiener Straflandesgerichts.

Richterin Marion Hohenecker hat entschieden, jedes einzelne überwachte Telefongespräch von Walter Meischberger aus der Zeit zwischen 20. Jänner und 10. Februar 2010 vorzuspielen. 3.750 Verbindungen insgesamt, rund 120 wurden - teilweise grob- verschriftlicht.

Schlampiges Protokoll

Und genau darin liegt auch das Problem. Die Protokolle sind teilweise falsch, Grassers Name etwa wird notiert. Gesagt wurde aber ein anderer, der ähnlich klingt. Beim genauen Hinhören kann man die Vorwürfe der Verteidiger diesbezüglich verifizieren.

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Leicht ist das nicht, denn die Gespräche sind akustisch fast unverständlich. Die Aufarbeitung wird noch ein hartes Stück Arbeit, für alle Beteiligten.

Termine Toifl - Grasser

Zuvor sah sich die Richterin am Donnerstag jedoch das Leistungsverzeichnis von Meischbergers damaligem Anwalt Gerald Toifl (mitangeklagt) an. Prozessbeobachtern fällt auf: Zwischen Oktober und Dezember 2009 sind zwölf Termine und Telefonate mit Karl-Heinz Grasser vermerkt. Bei einem davon empfing Toifl Grassers Frau Fiona "im Bademantel", wie Meischberger in sein Tagebuch schrieb.

Großer Streit mit KHG

Das wusste Meischberger damals freilich nicht von Grasser selbst, sondern von Toifl. Mit "Karl-Heinz" hing der Haussegen nämlich gehörig schief.

"Komisch entwickelt sich die Sache mit KHG", schrieb Meischberger am 11. November 2009 in sein Notizbuch. Obwohl dieser sich zwei Wochen lang nicht bei ihm gemeldet hatte, wusste Meischberger: "Er ist supernervös." Am 19. November notierte sich Meischberger: "KHG hat zunehmend Sehnsucht nach Geri.." (Toifl).

Als Meischberger dann am 20. November glaubte, dass Grasser den Staatsanwalt wegen Amtsmissbrauchs geklagt hatte, war er noch verärgerter: "Wie kann man so etwas machen? Und wie kann man so etwas tun ohne es mit mir abzusprechen? Wie respektlos ist das eigentlich?" Die Sache klärte sich aber schon am nächsten Tag bei einem persönlichen Gespräch zwischen Grasser und Meischberger ("im Hinterzimmer", weil "er noch immer etwas paranoid ist") auf. Grasser hatte gar nicht geklagt. Die beiden Freunde sprachen sich aus, das Verhältnis war danach wieder "beruhigt".

"Taktische" Lügen vor den Ermittlern

Dem Staatsanwalt sagte Meischberger in dieser Zeit schon nicht mehr die volle Wahrheit, das kann man aus den Protokollen von damals herauslesen und das gab er auch vor Gericht zu. Der Richterin im Saal erklärte er am Donnerstag, dass dies "taktische" Aussagen waren, weil er gemerkt hatte, dass seine Befragungen postwendend in der Presse landeten.

Rüge für den Staatsanwalt

In diesem Zusammenhang startete Meischberger auch eine Schimpftirade auf die Staatsanwälte. Diese sollten sich "ins Stammbuch schreiben", dass bei so einer Vorgangsweise die vielgeforderte Transparenz pervertiert werde. "Und wenn der Herr Staatsanwalt jetzt immer noch blöd lacht, kann ich ihm auch nicht helfen", sagte Meischberger in Richtung des Staatsanwaltes Gerald Denk. Am Ende seiner Ausführungen wollte er unbedingt im Protokoll haben: "Er lacht übrigens noch immer."

Plech hatte Angst vor U-Haft

Aus den ersten Telefonprotokollen war herauszuhören, dass Ernst Plech in dieser Zeit große Angst vor den Ermittlungen hatte. Meischberger versuchte ihn zu beruhigen, doch Plech konnte die Befürchtung nicht abschütteln, bei seiner Rückkehr aus seinem damaligen Australien-Urlaub in U-Haft genommen zu werden.

Wertkartenhandys und eine Ahnung

Ab dem 26. Jänner 2010 schien Meischberger zu ahnen, dass er abgehört wird. Er bat seine Sekretärin, ein Wertkartenhandy besorgen zu lassen. Das empfahl er später auch seinem Bankberater W. am Telefon. "Das habe ich in dieser Zeit öfter gemacht, ist ja nichts Verbotenes, oder?", sagte er der Richterin. Es sei schließlich nicht lustig, abgehört zu werden. Wenn man das - so glaubte er damals - durch wechselnde Handys verhindern hätte können, so wäre ihm das nur recht gewesen.

Auch in Meischbergers Tagebuch war zu bemerken, dass er ab Ende Jänner 2010 vorsichtiger wird. Während er zuvor stets nur von "dem Immofonds" schrieb, schrieb er am 26. Jänner ganz konkret von "meinem Immofonds, den Ernst für mich aufgebaut hat". Im selben Eintrag kürzt er erstmals auch den Namen seines Bankberaters ab ("Christoph W."), den er zuvor immer als "Christoph" bezeichnete oder dessen vollen Nachnamen niederschrieb.

Das letzte Telefonprotokoll, das die Richterin am Donnerstag vorspielte, datiert vom 28. Jänner 2010. Da insgesamt bis 10. Februar mitgelauscht wurde, werden wir am nächsten Dienstag, wenn der Prozess weitergeht, wohl noch mehr zu hören bekommen.

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(red)