Politik
"Ich wünsch' mir das Ende sehnlich herbei"
Am 100. Prozesstag zogen Grasser und Hochegger Bilanz. Dann gab es eine hartnäckige Protokollantin und eine Zeugin, die von mangelndem Appetit berichtete.
100 Tage Buwog-Prozess. Der erste Prozesstag fand vor eineinhalb Jahren und einem Tag statt. Beeindruckende Zahlen und Grund genug für die Angeklagten Karl-Heinz Grasser und Peter Hochegger, vor Prozessbeginn am Mittwoch eine kleine Bilanz zu ziehen.
"Wir haben Halbzeit"
Wie läuft es bis jetzt? Wie lange wird es noch dauern? "Ich würde sagen, wir haben Halbzeit", schätzte Hochegger. "Dieses Verfahren zeigt sehr schön die Mechanismen der Korruption zwischen Wirtschaft und Politik einerseits und andererseits, wie das vertuscht wird", sagte er.
"Das ist für mich alptraumähnlich"
Ganz anders sah das naturgemäß Karl-Heinz Grasser. Die 100 Tage des Prozesses und die zehn Jahre Ermittlungszeit erlebt er als "lebensbegleitende Strafe", wie er bereits auch der Richterin sagte. "Das ist für mich alptraumähnlich", formulierte er es heute.
Was bisher im Buwog-Prozess geschah
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Inhaltlich fühlt sich Grasser bestätigt, 20 Zeugen hätten ausgesagt, dass die Privatisierung korrekt und zum Vorteil der Republik abgelaufen wäre. "Eckpfeiler der Anklage" seien "in sich zusammengebrochen", sagte er im TV-Interview.
Grasser wünscht sich das Ende
Für die Zukunft wünscht sich Grasser, dass die Geldströme bald im Gericht behandelt werden. Die Banker, auf die sich Hocheggers Teilgeständnis stützt, würden Grasser entlasten, ist er sich sicher.
Und was glaubt Grasser, wie lange der Prozess noch dauern wird? "Wie lange es geht, liegt nicht in meiner Hand. Ich wünsch' mir das Ende sehnlich herbei."
Kein Appetit auf ESG
Die erste Zeugin des Tages war zum fraglichen Zeitpunkt beim Konsortialpartner Wiener Städtische beschäftigt. Sie war aber nur sporadisch involviert, ihr Chef S. (der sagte gestern aus), sei da hauptsächlich damit beschäftigt gewesen.
Grasser, zum Beispiel, habe sie zum ersten Mal beim "Closing Dinner" gesehen, etwa ein halbes Jahr nach dem Zuschlag.
Über die Kärntner ESG-Wohnbaugesellschaft sagt sie, was wir hier schon oft gehört haben: "Auf diese ESG, auf die hat keiner einen besonderen Appetit gehabt. Das war die schwächste Gesellschaft von allen." Nach dem Zuschlag habe man gehofft, dass Kärnten die ESG dem Ö-Konsortium abkauft. Das ist nicht passiert.
Protokoll ist korrekt
Ebenfalls zentral in diesem Prozess: Sitzungsprotokolle. Ist alles tatsächlich so passiert, wie es im Protokoll steht? Kann etwas danach hineingeschrieben worden sein? Kann etwas geschehen sein, das nicht drin steht?
Eine damalige Vorstandsassistentin von Raiffeisen-OÖ-Boss Ludwig Scharinger konnte das zumindest in Bezug auf ein Protokoll erklären. Sie war als zweite Zeugin des Tages geladen. Die unbeteiligte Protokollantin brachte uns dem näher, was tatsächlich in den Sitzungen geschah. Ihr Standpunkt: Sie habe das Protokoll sehr genau geführt. So wie es da steht, so war es auch.
Zeugin bleibt hartnäckig
Das ist wichtig, weil aus einem RLB OÖ-Vorstandsprotokoll geht hervor, dass dort angeblich schon am 8. Juni 2004 am Vormittag feststand, dass das Österreich-Konsortium in der zweiten Bieterrunde 961,28 Mio. Euro bieten werde.
Den Aussagen der Preis-Berechner S. und P. zufolge stand die Zahl aber erst am Nachmittag fest. Trotz mehrmaligem Nachfragen blieb die Vorstandsassistentin dabei: Wenn das da steht, dann wurde das auch besprochen.
"Können Sie ausschließen, dass es anders war? Dass Herr Doktor Scharinger mit Ihnen erst später über die Zahl gesprochen hat?", fragt ein Verteidiger mehrmals nach. "Ja, kann ich ausschließen. Ich bleibe bei meiner Aussage", antwortete die Zeugin.
FMA-Vorstand ohne Erinnerung
Als letzter Zeuge des Tages kam der amtierende Vorstand der Finanzmarktaufsicht. Klaus Kumpfmüller war zu Zeiten der Buwog-Privatisierung bei einem Konsortialpartner, der Hypo Oberösterreich beschäftigt und arbeitete bei der Privatisierung mit. Er war beispielsweise bei den Konsortialsitzungen und den Preisberechnungen dabei.
Viel Erinnerung daran hatte er am Donnerstag aber nicht mehr. Detailfragen der Richterin zu den Geschehnissen vor 15 Jahren musste er oft mit: "Ich kann mich nicht erinnern", beantworten.
Jetzt gibt es eine längere Prozesspause, die nächsten Termine sind für Mitte Juli angesetzt. Lesen Sie hier den Tag im Live-Ticker nach:
(csc)