Vor dem Hintergrund schwindender Unterstützung aus den USA hat Brüssel die EU-Länder zu einer schnellen Umsetzung der Aufrüstungspläne für Europa aufgerufen. Die Mitgliedstaaten sollten "dringend" die von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen vorgeschlagenen Pläne zur Steigerung der Verteidigungsausgaben beschließen, heißt es in einem am Mittwoch vorgestellten Papier der Kommission. Die EU-Staats- und Regierungschefs beraten bei ihrem Gipfel ab Donnerstag über die Vorschläge.
Von der Leyen will dafür unter anderem "ein neues EU-Finanzinstrument" von 150 Milliarden Euro schaffen. Das Geld soll als Darlehen an Mitgliedsländer fließen, die wegen hoher Zinsen Probleme haben, sich selbst Geld am Kapitalmarkt zu beschaffen. Der EU-Haushalt dient dabei als Garantie. Für eine schnellere Umsetzung sollen die Pläne im Eilverfahren ohne das Europaparlament beschlossen werden.
EU-Staaten können sich für die Darlehen zusammenschließen, um größere Aufträge verhandeln zu können. Das soll dafür sorgen, dass die EU-Länder in der Verteidigung enger zusammenarbeiten und über interoperable Systeme verfügen. Auch eine Beteiligung von bestimmten Ländern außerhalb der EU ist den Vorschlägen zufolge möglich, darunter sind etwa Norwegen, die Ukraine und Südkorea.
Bedingung für solche gemeinsamen Projekte ist den Vorschlägen zufolge, dass die Gelder in Rüstungsgüter fließen, die zu mindestens 65 Prozent in der EU, Norwegen, Island, Liechtenstein, der Schweiz oder der Ukraine hergestellt werden. Für komplexe Anschaffungen wie Luftabwehrsysteme will die Kommission zudem sicherstellen, dass diese nicht aus dem Ausland faktisch abgeschaltet werden können: Ein europäischer Hersteller muss die Kernkomponenten eigenhändig ersetzen können.
Um nationale Rüstungsinvestitionen anzukurbeln, will von der Leyen zudem die EU-Schuldenregeln lockern. Dafür will die Kommission eine Ausnahmeklausel in den Schuldenregeln nutzen, die zunächst auf vier Jahre befristet sein soll. Davon könnte die nächste deutsche Bundesregierung profitieren: Die wahrscheinlichen Koalitionspartner Union und SPD planen massive Investitionen in die Verteidigung, die von der deutschen Schuldenbremse ausgenommen werden sollen.
Die Kommission warnt in ihren Vorschlägen vom Mittwoch vor einer anhaltenden Gefahr russischer Angriffe. "Wenn es Russland erlaubt wird, seine Ziele in der Ukraine zu erreichen, dann werden seine territorialen Ansprüche noch darüber hinausgehen", heißt es darin. "Russland wird auf absehbare Zeit eine grundlegende Bedrohung für die Sicherheit Europas bleiben."
Für die Verteidigung könne sich Europa nicht mehr auf Sicherheitsgarantien aus den USA verlassen. Vor diesem Hintergrund sollen die Aufrüstungspläne den EU-Ländern auch weitere Militärhilfen für die Ukraine ermöglichen. (AFP)