Gesundheit

Britische Mediziner lehren Kriegsärzten OPs via Zoom

Zwei britische Ärzte haben in kürzester Zeit 573 Ärzte in der Ukraine in Kriegschirurgie geschult – via Zoom.

Sabine Primes
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Dr. Henry Marsh (links) und Dr. David Nott (rechts) gaben ukrainischen Ärzten einen Crashkurs in Kriegschirurgie.
Dr. Henry Marsh (links) und Dr. David Nott (rechts) gaben ukrainischen Ärzten einen Crashkurs in Kriegschirurgie.
David Nott Foundation

Einem kleinen Bub wird ein Glied abgerissen, einer Großmutter das Auge ausgestochen, ein junges Mädchen stirbt an Dehydrierung, das Gesicht eines Soldaten wird von Granatsplittern zerfetzt: Die Bilder aus der Ukraine sind blutig, hässlich und brutal. Um die Verletzten schnell und richtig behandeln zu können, bereiteten jetzt zwei britische Ärzte ukrainische Chirurgen auf Operationen im Kriegsgebiet vor. Denn die Arbeitsbedingungen in Kiew sind aktuell mit "normalen" nicht zu vergleichen. 

12 Stunden-Crashkurs

Der Brite Henry Marsh (72) ist der bekannteste Gehirnchirurg der Welt. 30 Jahre lang arbeitete er selbst in der Ukraine, nun versucht er, den Ärzten dort beizubringen, wie sie unter Kriegsbedingungen arbeiten müssen. Gemeinsam mit seinem Kollegen, Dr. David Nott, hat er 12 Stunden lang via Zoom 573 ukrainische Kollegen für Operationen im Kriegsfall geschult, während Sirenen im kriegsgebeutelten Land heulten. 

Triage & Co

Um sicherzustellen, dass Gesundheitsfachkräfte in der Ukraine optimal auf komplexe Kriegsverletzungen vorbereitet sind, umfasste der Kurs Triage, Schadenskontrolle, Verbrennungen, kardiothorakale, orthopädische, pädiatrische und plastische Chirurgiesitzungen. Henry Marsh, ehemaliger beratender Chirurg und Pionier des chirurgischen Fortschritts in der Ukraine, leitete die neurochirurgische Sitzung des Kurses. Die Teilnehmer erlernten eine Reihe von Fähigkeiten, die bei begrenzten Ressourcen eingesetzt werden können: Von der Herstellung provisorischer Beckengurte bis hin zum Wissen, wann man ohne CT-Scanner arbeiten sollte.

25 Jahre Erfahrung in der Kriegschirurgie

Prof. Nott ist auf Gefäß- und Unfallchirurgie spezialisiert und gründete 2015 die "David Nott Foundation", um Ärzten und medizinischem Personal die Fähigkeiten zur Behandlung von Wunden in Konflikt- und Katastrophengebieten zu vermitteln. Er sagt: "An vorderster Front von Konfliktgebieten arbeiten medizinische Teams unermüdlich in oft unterfinanzierten und schlecht ausgestatteten Krankenhäusern. Viele haben noch nie traumatische Kriegsverletzungen erlebt. Als sich die Krise in der Ukraine entfaltete, wussten wir, dass wir handeln mussten und meine 25-jährige Erfahrung in der Kriegschirurgie an vorderster Front in einem 12-stündigen Kurs für Bedürftige zusammenfassen mussten."