Brennpunkt Volksschule
Bildungs-Schock: 15% der Schüler verstehen Lehrer nicht
Mehr als 10.000 Kinder in Wiener Volksschulen kommen nicht mehr mit! Es fehlen die Mittel für den Deutschförderunterricht, so der Bildungsstadtrat.
Die Lage an unseren Schulen bleibt extrem kritisch. Wie jetzt bekannt wird, saßen am Ende des vorigen Schuljahres (Juni 2024) mehr als 10.500 Volksschüler in Wiener Klassen, die zu wenig Deutsch konnten, um dem Unterricht zu folgen. Das sind 14,8 Prozent der etwa 72.000 Wiener Volksschüler.
Diese Zahlen liegen der APA vor und stammen aus dem Büro des Wiener Bildungsstadtrats Christoph Wiederkehr (Neos). Besonders an dieser hohen Zahl: Fast die Hälfte (45 %) dieser Kinder sind in Wien geboren, haben die Sprache dennoch nicht gut genug erlernt.
4.000 Schüler wegen Kriege aufgenommen
Laut Wiederkehr liegt eine gewichtige Ursache für diesen Missstand bei den großen Fluchtbewegungen aufgrund der Kriege in Syrien und der Ukraine. Seit dem Jahr 2022 seien 4.000 zusätzliche Kinder in Wiener Schulen aufgenommen worden.
Der Deutschförderunterricht, der für genau solche Fälle bestimmt ist, bekomme allerdings keine zusätzlichen Mittel, kritisiert der Neos-Politiker laut APA. "Viel zu gering" seien die Planstellen, die vom Bund freigegeben werden
Außerdem – so der Stadtrat für Bildung – seien die Stellen für diesen Förderunterricht gedeckelt. Deswegen bekämen 5.000 Schüler in Wien bereits keinen Deutsch-Intensivunterricht.
Das Problem beginne bereits im Kindergarten, wo – so Wiederkehr – 60 Prozent der Kinder Deutsch nicht als Erstsprache hätten.
Laut einer etwas älteren Bezirks-Statistik für Wien sprechen etwa in Favoriten (10. Bezirk) fast drei Viertel (73 %) aller Schüler im Alltag eine andere Sprache als Deutsch. Danach kommt Ottakring mit 70 % und Simmering mit 66 % der Kinder, die außerhalb des Deutschunterrichts hauptsächlich eine andere Sprache sprechen. Zusammengefasst: In 11 von 23 Bezirken Wiens liegt die Fremdsprachenquoten höher als 50 %.
Geld soll an Qualität der Deutschförderung gekoppelt werden
Kritik kommt aus der Wiener ÖVP. Bildungssprecher Harald Zierfuß: "Wenn Kinder hier geboren werden, aufwachsen, mindestens zwei Jahre den Kindergarten besuchen und dann immer noch nicht ausreichend Deutsch können, hat das auch nichts mit Fluchtbewegungen oder den Planstellen in Wiens Schulen zu tun, sondern ganz einfach mit dem Versagen dieser Stadtregierung."
Eine der Forderungen der ÖVP: "Es gilt auch darüber nachzudenken, die Höhe der Kindergartenförderung an die Qualität der Deutschförderung im Kindergarten zu koppeln. Schließlich hat der Kindergarten einen klaren Bildungsauftrag, dessen Erfüllung an die Höhe der Förderung gebunden werden muss", sagt Zierfuß.
"Systematisches Versagen der Sprachförderung"
Auch die Grünen sehen ein, "systematisches Versagen der Sprachförderung in Wiens Kindergärten, die in der Zuständigkeit von Bildungsstadtrat Wiederkehr liegen“, das sagen die Bildungssprecher der Wiener Grünen Julia Malle und Felix Stadler.
Sie fordern konkrete Maßnahmen: "Fixe Sprachförderkräfte für jeden Kindergarten, wo dies benötigt wird" und zweitens: "Es gibt in Wien einzelne Klassen, in denen kaum ein Kind Deutsch spricht. Wie soll hier sprachliche Integration erfolgen? Wir fordern daher seit langem eine bessere sprachliche und soziale Durchmischung in den Schulen."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- In Wiener Volksschulen haben mehr als 10.500 Schüler, das sind 14,8 Prozent, Schwierigkeiten, dem Unterricht zu folgen, da sie nicht ausreichend Deutsch sprechen
- Der Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr kritisiert, dass es an Mitteln für den Deutschförderunterricht fehlt, was durch die Aufnahme von 4.000 zusätzlichen Kindern aufgrund von Fluchtbewegungen noch verschärft wird