In Deutschförderklassen
"Keiner spricht mit uns" – Schüler werden ausgegrenzt
Eine Studie zeigt: Schüler in Deutschförderklassen fühlen sich oft ausgegrenzt und benachteiligt. Der Anschluss in den Regelklassen fehlt.
Das Problem beschäftigt Schulen, Politik, aber auch hunderttausende Familien seit Jahren. Wie geht man in den Schulen mit Kindern mit ungenügenden Deutschkenntnissen um? Als Antwort auf diese Frage wurde 2018 das Modell der Deutschförderklassen eingeführt. Die betreffenden Kinder werden für 15 bis 20 Stunden pro Woche in eigene Klassen geholt und intensiv in Deutsch unterrichtet.
Doch das Modell blieb nie ohne Kritik: Es würde evidenzbasierten Erkenntnissen zur Förderung der Sprachentwicklung widersprechen, soziale Ausgrenzung begünstigen und innerhalb der Schulen schwer zu organisieren sein. Eine Stude der Uni Wien zeigt nun, dass sich Schülerinnen und Schüler in Deutschförderklassen tatsächlich ausgegrenzt fühlen.
Schüler fühlen sich ausgeschlossen
78 Schüler der 5. bis 9. Schulstufe wurden im Mai und Juni befragt. Ein Großteil davon war über Familienzusammenführung erst vor wenigen Monaten nach Österreich gekommen. Studienleiterin Susanne Schwab zeigt sich besorgt über die Ergebnisse. "Insbesondere die Auswirkungen der separaten Sprachförderung auf die schulische Entwicklung der Lernenden ist besorgniserregend", heißt es in der Studie.
In den Deutschförderklassen würden sich die Schüler wohlfühlen, in den Regelklassen nicht. Während die Interaktionen mit den Lehrkräften in den Deutschförderklassen überwiegend positiv bewertet werden, gaben viele Schüler an, in den Regelklassen wenig oder gar keinen Bezug zu den Lehrkräften zu haben. "Er kann nichts ruhig machen, langsam, er muss immer alles schnell machen. Und er will nichts tun, um auf uns Rücksicht zu nehmen", äußert sich ein Schüler über eine Lehrperson.
Trennung nach Sprachkompetenz zeigt sich
Durch den separaten Unterricht verpassen die Schüler auch wichtige Inhalte in anderen Fächern. Die Studie zeigt weiters, dass es zu den Mitschülern in den Regelklassen wenig Berührungspunkte gibt. Gemeinsam unterrichtet werden sie nur in den Fächern wie Werken oder Turnen. "Niemand redet mit uns und wir reden auch nicht mit ihnen", lautet ein Zitat in der Studie.
Besonders auffällig ist, dass in den Schilderungen der Schüler eine klare Trennung zwischen "wir" und "die anderen" zum Ausdruck kommt, basierend auf Sprachkompetenzen und der nationalen Herkunft. Die Studienergebnisse zeigen für Schwab, dass das Schulpersonal zunehmend überfordert ist. Was fehlt, seien Aus- und Weiterbildungsprogramme, die Lehrkräfte auf sprachlich heterogene Klassen vorbereiten, sowie Unterrichtsmaterialien.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Eine Studie der Uni Wien zeigt, dass Schüler in Deutschförderklassen sich ausgegrenzt fühlen und wichtige Inhalte in anderen Fächern verpassen, während der Kontakt zu Mitschülern in Regelklassen minimal ist
- Studienleiterin Susanne Schwab betont die Notwendigkeit von Aus- und Weiterbildungsprogrammen für Lehrkräfte, um besser auf sprachlich heterogene Klassen vorbereitet zu sein