Insider packt aus

"Beide wissen das": So steht es um Anti-Kickl-Ampel

Wie wahrscheinlich ist das Zustandekommen einer Ampelregierung aus ÖVP, SPÖ und Neos wirklich? "Heute" hörte sich hinter den Kulissen um.

Newsdesk Heute
"Beide wissen das": So steht es um Anti-Kickl-Ampel
Nehammer und Babler dürfen nicht scheitern, wissen Strategen beider Parteien.
Helmut Graf

In den Herbstferien hatten auch die Sondierungsgespräche für eine neue Regierung Urlaub gemacht. Doch jetzt sollen sie richtig Fahrt aufnehmen. Für Dienstag und Mittwoch sind jeweils Gesprächsrunden angesetzt. Ort ist wie schon beim ersten Treffen das Palais Epstein beim Parlament in Wien. Doch ist "Allianz gegen Kickl" Programm genug?

Verhandlungsstruktur steht nun

Trotz des Urlaubs der Parteichefs sei hinter den Kulissen einiges weitergegangen, erfährt "Heute" aus gut informierten Kreisen. Man habe die Zeit genützt, operativ eine Verhandlungsstruktur aufzusetzen und sei in diesem Bereich intern vorangekommen. Anfangs wäre es – vor allem auf SPÖ-Seite – chaotisch zugegangen. Babler ist neu in der Spitzenpolitik und hat außer Doris Bures und Wolfgang Katzian niemanden mit Regierungs- oder Verhandlungserfahrung an der Seite.

Erschwerend kommt hinzu: Nach sieben Jahren unterkühltem Verhältnis sind viele Brücken zwischen den ehemaligen Großparteien abgebrochen. Die Sozialpartner haben zwar eine gute Gesprächsbasis miteinander, darüber hinaus müssen tragfähige Achsen allerdings erst geschmiedet werden. Auch auf parlamentarischer Ebene gab es, speziell in der Ära Kurz, kaum Zusammenarbeit.

"Beide hätten schlechtere Karten"

Welche Chancen hat dann ein rot-schwarzes Bündnis überhaupt, wo noch dazu ein dritter Partner notwendig ist? "Sowohl Karl Nehammer als auch Andreas Babler wissen: Kommt diese Regierung nicht zustande, sind sie danach in schlechteren Positionen. Die ÖVP würde das Kanzleramt verlieren – Nehammer wäre Geschichte. Das gleiche Schicksal droht Andreas Babler, wenn die SPÖ nicht zurück in die Regierung kommt", sagt ein Insider "Heute".

SPÖ-Verhandlungsteam: SPÖ-Chef Andreas Babler, Vize-Klubchef Philip Kucher, Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner, Doris Bures, Wolfgang Katzian
SPÖ-Verhandlungsteam: SPÖ-Chef Andreas Babler, Vize-Klubchef Philip Kucher, Frauenchefin Eva-Maria Holzleitner, Doris Bures, Wolfgang Katzian
GEORG HOCHMUTH / APA / picturedesk.com

Nun wird ausgelotet, ob man in den Sondierungen wieder so weit zueinander finden kann, sodass Rot und Schwarz in vertiefende Koalitionsverhandlungen eintreten können: "Beiden Seiten ist bewusst: Wirtschaftspolitisch und bei Migration müssen wir etwas tun", so ein schwarzer Stratege.

Knackpunkt Mindestsicherung

Uneinigkeit herrscht dafür beim Thema Leistung – für die ÖVP sind neue Steuern und die Erhöhung des Arbeitslosengeldes rote Linien, die SPÖ fordert genau das. "Und speziell die Wiener Landesgruppe drängt ganz stark auf diese Regierungsbeteiligung, da man die Mindestsicherung im AMS und damit dem Bundesbudget unterbringen möchte", so ein anderer VP-Mann. Die Volkspartei wiederum möchte sie bundesweit einheitlich geregelt wissen. Auch über die Höhe scheiden sich rote und schwarze Geister. Die SPÖ Wien wolle "keine Kinderarmut und Obdachlosigkeit" damit produzieren, heißt es gegenüber "Heute".

Kassasturz am Beginn

Die Details würden dann in den fachlich zuständigen Untergruppen ausverhandelt werden – "große Linien und Dinge, auf die man sich dort nicht einigen kann, landen in der sogenannten Steuerungsgruppe, in der auch die Parteichefs sitzen". Und eine weitere Hürde lauert: "Man muss sich natürlich auch überlegen, wann man die Neos an den Verhandlungstisch dazuholt."

Unterdessen fix entschieden haben ÖVP und SPÖ, dass eine Expertengruppe zum Budget eingerichtet werden soll. Diese soll – in engem Austausch etwa mit dem Fiskalrat – "die finanziellen Rahmenbedingungen für eine mögliche künftige Regierung fachlich" darstellen, wie die ÖVP mitteilte.

Nehammer verliert beliebte Ministerin

Für einen Knalleffekt hatte am verlängerten Allerheiligenwochenende Karoline Edtstadler gesorgt. Die Kanzleramts-Ministerin verlässt die Spitzenpolitik, das gab sie via "Kronen Zeitung" bekannt. Sie steht also in einer nächsten Regierung nicht mehr als Ministerin zur Verfügung. Ein schwarzer Parteigrande meint, dass dies wohl nur ein Abschied auf Zeit ist: "Jeder, der sie kennt, weiß, dass Karo durch und durch Politikerin ist."

Abschied auf Zeit? Karoline Edtstadler zieht es nach Salzburg.
Abschied auf Zeit? Karoline Edtstadler zieht es nach Salzburg.
Helmut Graf

Ihr Nationalratsmandat (rund 10.400 Euro Gehalt) will Edtstadler behalten und parallel eine Anwaltskanzlei in Salzburg aufbauen. "Das war immer ihr Plan B", so ein Vertrauter. Im ÖVP-Sondierungsteam für die Koalitionsgespräche bleibt sie vorerst.

Wiedersehen mit Edtstadler nach Ampel-Aus?

Dass Finanzminister Magnus Brunner als Innen-Kommissar nach Brüssel wechselt und Edtstadler – die es auch aus familiären Gründen in die Heimat zieht – einen Zwischenstopp in Salzburg einlegt, verschafft ÖVP-Obmann Nehammer Luft. Sowohl Brunner als auch Edtstadler waren am Wiener Polit-Parkett im letzten Jahr Avancen auf den Chefsessel nachgesagt worden. Beide haben zwar stets dementiert, gut möglich aber, dass Edtstadler nur das Scheitern einer unbeliebten "Ampel-Regierung" abwartet und dann ein Polit-Comeback anstrebt …

Auf den Punkt gebracht

  • Die Sondierungsgespräche für eine mögliche Ampelregierung aus ÖVP, SPÖ und Neos werden nun nach einer Pause wieder Fahrt aufnehmen, hinter den Kulissen wurde bereits eine Verhandlungsstruktur aufgebaut
  • Trotz interner Differenzen, insbesondere bei Themen wie Mindestsicherung und Steuern, sind sich sowohl Karl Nehammer als auch Andreas Babler bewusst, dass das Scheitern der Regierung ihre politischen Karrieren gefährden könnte
red
Akt.
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