Zweithöchste Warnstufe
"Bedrohung ist da" – Terror-Alarm vor Weihnachts-Saison
In Österreich herrscht die zweithöchste Terrorstufe. Die Bedrohungslage sei nach wie vor präsent, warnen Staatsschützer vor Beginn der Weihnachtszeit.
Seit einem Jahr gibt es in Österreich eine "konkrete Gefährdungslage und erhöhte Anschlagsgefahr". Nicht ohne Grund: Im Dezember 2023 wurde ein Terroranschlag auf den Stephansdom verhindert, im August 2024 vereitelten Behörden in letzter Minute einen Anschlag auf das Taylor-Swift-Konzert.
Vor Beginn der Adventszeit rufen verschiedenste Organisationen erneut zu Terror auf – auch Österreich ist gefährdet. Wie groß die Gefahr wirklich? Wie sind die Behörden gewappnet? "Heute" sprach mit dem Chef der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), Omar Haijawi-Pirchner, um die wichtigsten Fragen auf den Punkt zu bringen.
"Heute": Sie haben zuletzt über eine "niedrige dreistellige Zahl" an Gefährdern gesprochen. Sind diese Personen in der Lage, koordinierte Anschläge zu planen?
Omar Haijawi-Pirchner (DSN): Die Anzahl der in Österreich aufhältigen Gefährderinnen und Gefährder im islamistischen Extremismus bewegt sich derzeit im niedrigen dreistelligen Bereich. Das größte Gefahrenpotenzial in Österreich geht aktuell von radikalisierten Einzeltätern und autonom agierenden Kleinstgruppen aus, wobei jeweils sowohl die Ausführung ohne direkten Auftrag als auch unter Anleitung einer terroristischen Organisation erfolgen kann.
„Das größte Gefahrenpotenzial geht aktuell von radikalisierten Einzeltätern und autonom agierenden Kleinstgruppen aus.“
In welchen Regionen oder Stadtvierteln stellen Sie eine erhöhte Gefährdung fest?
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst ist für den Schutz der Republik Österreich zuständig, für einzelne Regionen sind die Landesämter Staatsschutz und Extremismusbekämpfung (LSE) zuständig. In Österreich gibt es derzeit keine konkreten Anschlagspläne, es gilt allerdings europaweit eine generelle, hohe (latente) Warnstufe.
Wie oft kam es 2024 zu konkreten Anschlagsplänen, die in letzter Minute vereitelt wurden?
Die Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst hat in den vergangenen Monaten, vor allem seit dem Terrorangriff der Hamas auf den Staat Israel, immer wieder auf die Gefahr, die vom islamistischen Extremismus ausgeht, hingewiesen. Eine genaue Zahl zu konkreten Anschlagsplänen kann jedoch nicht kommuniziert werden.
Es steht Weihnachten bevor, und damit viele Großveranstaltungen wie die Christkindlmärkte. Welche besonderen Maßnahmen planen Sie für diese Zeit?
Um einen sicheren Ablauf dieser Veranstaltungen zu gewährleisten, ergreifen die jeweiligen Landespolizeidirektionen zielgerichtete und den Örtlichkeiten und Gegebenheiten entsprechende und angepasste Maßnahmen. Wesentlich Punkte dabei sind die sichtbare Polizeipräsenz, die Bestreifung der Örtlichkeiten auch in Zivil, sowie regelmäßiger Austausch und Kontakt mit Veranstaltern. Durch Zusatzstreifen werden auch gezielte Kontrollen im sicherheits-, kriminal- und verkehrspolizeilichem Bereich durchgeführt. Somit kann im Anlassfall rasch und effektiv eingeschritten werden.
Kann es auch an Wiener Christkindlmärkten zu Terroranschlägen kommen wie z.B. jenen in Berlin 2016?
Derzeit gibt es keine konkreten Hinweise auf Bedrohungen im Zusammenhang mit Weihnachtsmärkten und Veranstaltungen in Österreich, dennoch liegt in der Prävention möglicher Gefahren durch extremistisch motivierte Akteure ein wesentlicher Fokus der Sicherheitsbehörden. Die im Oktober 2023 erhöhte Bedrohungslage hat in Österreich, so wie in vielen anderen europäischen Staaten, nach wie vor Gültigkeit.
„Die im Oktober 2023 erhöhte Bedrohungslage hat in Österreich nach wie vor Gültigkeit“
Viele Menschen haben gerade zu den Festtagen Bedenken, Christkindlmärkte zu besuchen. Was raten Sie jenen, die zwar gerne hingehen würden, aber wegen der Terrorgefahr ein mulmiges Gefühl haben?
Das Ziel von Terror ist, Angst und Schrecken zu verbreiten. Dem gilt es entschieden entgegenzutreten, weshalb die Sicherheitsbehörden entsprechende Maßnahmen für einen sicheren Besuch von Adventmärkten trifft.
Welche Erfolge konnte die DSN 2024 im Bereich der Terrorabwehr verbuchen, und was bleibt die größte Herausforderung?
Die DSN erzielt laufend Erfolge, die nicht immer medial aufschlagen. Einen Erfolg, der öffentlich bekannt gegeben wurde, verzeichnete die DSN mit der Verhinderung eines Terroranschlages auf eines der Taylor-Swift-Konzerte im August.
Terrorgefahr in Wien: Das waren die Anschlagspläne auf das Taylor-Swift-Konzert
Worauf wird sich die DSN im nächsten Jahr konzentrieren?
Der Verfassungsschutz ist laufend mit diversen Herausforderungen konfrontiert. Transnationale Terrororganisationen riefen zuletzt weltweit zur Begehung von Terroranschlägen auf, extremistische Propaganda nimmt im digitalen Raum weiter stark zu und Gefährderinnen und Gefährder werden immer jünger. Insbesondere aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung steht die DSN vor immer undurchsichtiger werdenden Gefahren in sämtlichen Phänomenbereichen.
Das betrifft auch den Bereich der Spionage, wo Österreich aufgrund seiner geografischen Lage, seiner Stärke in den Bereichen der Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung sowie als Sitz vieler internationaler Organisationen nach wie vor ein interessantes Ziel für ausländische Akteure darstellt. Auch der verantwortungsvolle Bereich des Schutzes der obersten Organe und verfassungsmäßiger Einrichtungen stellte vor diesem Hintergrund einen wichtigen Teil der Arbeit des Verfassungsschutzes dar.
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- In Österreich herrscht die zweithöchste Terrorstufe, und die Bedrohungslage bleibt präsent, insbesondere vor der Weihnachtszeit
- Omar Haijawi-Pirchner, Chef der Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN), betont, dass die größte Gefahr von radikalisierten Einzeltätern und Kleinstgruppen ausgeht, und dass die Sicherheitsbehörden verstärkte Maßnahmen ergreifen, um Großveranstaltungen wie Christkindlmärkte zu schützen