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Bahnstreik total – das musst du für morgen wissen
Um Mitternacht beginnt der Bahnstreik, alle ÖBB-Züge fallen aus. Pendler stehen vor Herausforderungen. Ein Arbeiterkammer-Experte gibt jetzt Tipps.
Die Verhandlungen zu einem neuen Bahn-KV sind am Sonntag gescheitert. Nun steht am Montag ein 24-stündiger, österreichweiter Eisenbahnstreik bevor. Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter gaben sich gegenseitig die Schuld daran. Nur Busse und kommunale Verkehrsbetriebe fahren, aber keine Regional-, Fern- und Nachtzüge oder S-Bahnen. Die U-Bahnen in Wien fahren. Wer zum Flughafen möchte, muss den Schienenersatzverkehr nutzen - der CAT fährt nicht.
Neue Gesprächstermine werden vor Dienstag wohl nicht gefunden. ÖBB-Chef Andreas Matthä kritisierte die vida für den "mutwilligen Streik".
Die Gewerkschaft vida wiederum übt Kritik nach den gescheiterten Verhandlungen, dass die Arbeitgeberseite der Wirtschaftskammer ihr ursprüngliches Angebot von plus 200 Euro (und Einmalzahlung von 1.000 Euro) zuletzt nur um 8 Euro erhöht hätten. "Acht Euro wenden keinen Warnstreik ab", wurde vida-Chefverhandler Gerhard Tauchner in einer Aussendung zitiert. Die Arbeitgeber teilten hingegen mit, dass sie ihr Angebot von einem Plus von 8 Prozent auf plus 8,44 Prozent erhöht haben. Sie gaben der Gewerkschaft die Schuld, einen Streik vom Zaun zu brechen und dabei einem Drehbuch zu folgen.
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Das musst du am Montag als Pendler beachten
Damit ist jedenfalls klar: Der Bahnverkehr steht am Montag in ganz Österreich still!
Im ganzen Land stellen sich Pendler nun die Frage: Wie komme ich in die Arbeit und welche Rechtssicherheit habe ich? Arbeiterkammer-Experte Philipp Brokes hat auf Twitter Tipps gegeben. "Im Dienstverhinderungsrecht sei"Rechtsauskunft stark vom Einzelfall abhängig", schreibt er in einem Posting. Es "gibt aber eine Richtschnur, die sich aus Judikaten & Lehrmeinungen ergibt und die ich nahelegen kann", fährt er fort.
"Zuerst ist zu prüfen, ob die Anreise zur Arbeit ausschließlich mit dem bestreikten Verkehrsmittel möglich wäre. Gibt es realistische Alternative (privat-PKW, Fahrgemeinschaft, Fußweg), wären diese vorzuziehen. Gericht sagt dazu, auch "Partner müssen evtl. Chauffeur spielen", so Brokes.
Sei die Anreise auf Umwegen möglich, müssten sich Arbeitnehmer folgende Gedanken machen: Ist mein Umweg zumutbar? "Niemand wird von Wien nach St. Pölten über Prag fahren müssen. Die Grenzziehung ist schwierig, von bisheriger Anreisedauer und Tagesarbeitszeit abhängig. Bei 8h-Tag wären 3h Anreise wohl unzumutbar", erklärt der Arbeitsrechtsexperte.
"Bietet der Arbeitgeber einen Fahrtendienst an oder will er Taxikosten übernehmen, wäre dem Vorzug zu gewähren. Umgekehrt kann nicht verlangt werden, dass der gesamte Betrieb auf eigene Kosten (!) mit dem Taxi an- und abreist. Hier unbedingt Rücksprache mit dem AG halten", sagt Brokes.
"Besteht eine aufrechte Homeoffice-Vereinbarung, wäre Rückgriff auf diese nahezulegen. Erstens erspart es die individuelle Auslegung, ob Anreise zumutbar ist, zweitens erspart es euch tatsächlich den Stress. Ohne HO-Vereinbarung aber keine einseitige Anordnung von HO zulässig."
"Auf Grund der Treuepflicht wäre dort, wo eine HO-Vereinbarung nicht besteht und der AG eine solche (kurzfristig) abschließen will, Zustimmung nahezulegen, wenn euch HO möglich und zumutbar ist (nicht nur technisch, auch faktisch - Stichwort Wohn- und Familienverhältnisse)."
"Jene ca 60%, deren Job nicht HOtauglich ist, schauen aber nicht durch die Finger. Hier wird der AG ein besonderes Interesse daran haben, dem Personal eine Anreise zu ermöglichen. Ordnet AG die Anreise an, sind euch dadurch entstehende (Mehr)Kosten nach § 1014 ABGB zu ersetzen."
"Warum ist das wichtig? Weil das Dienstverhinderungsrecht verschuldensabhängig ist. Entgeltfortzahlung wäre problematisch, wenn AN trotz Zumutbarkeit kein alternatives Verhalten setzen, das die Verhinderung verkürzen oder gar ausschließen könnte. Rechtsstreit hier sehr mühsam."
Das heiße, so Brokes, könne man als Arbeitgeber auf Umwegen anreisen und komme darum verspätet in die Arbeit, sei es rechtlich nicht möglich ganztägig zu Hause bleiben zu können.
Auch hier stellt der Arbeiterkammer-Mann klar: "Sollte sich trotz der Mühe, mit alternativen Verkehrsmitteln rechtzeitig anzureisen, eine Verspätung ergeben, wäre diese idR nicht als "Minusstunde/minute" einzutragen, sondern als rechtmäßige (entschuldigte) Verhinderung zu werten."
In besonderen Fällen rät Brokes Betroffenen jedoch, die Kammer zu kontaktieren. "Die meisten Fragestellungen lassen sich arbeitsrechtlich gut lösen."