Ukraine
Bachmut: Wagner-Chef bettelt Kreml-Rivalen um Hilfe an
Rund 70 Prozent des Stadtgebiets von Bachmut wollen die Wagner-Söldner bereits erobert haben. Jewgeni Prigoschin warnt nun aber vor einem Kollaps.
Die Nerven im Kreml liegen wegen der nur schleppend verlaufenden "militärischen Spezialoperation" in der Ukraine seit Monaten blank. Die Invasion des Nachbarlands ist massiv ins Stocken geraten, die russische Frühlingsoffensive ist laut Experten-Meinungen bereits verpufft oder dürfte es bald sein.
Die weiter tobende Schlacht um die ostukrainische Stadt Bachmut hat die Situation auf russischer Seite mit ihren Tausenden Todesopfern nur noch verschärft. Präsident Wladimir Putin will endlich Erfolge sehen, Jewgeni Prigoschins Wagner-Söldner sollen diese liefern. Doch sie kämpfen nicht nur gegen die ukrainischen Verteidiger sondern auch gegen die reguläre Armee Russlands.
Prigoschin und Verteidigungsminister Sergej Schoigu sind hoffnungslos verkracht. Der Söldner-Führer hat im Streit um angeblich zurückgehaltene Munitionslieferungen dem Chef der regulären Armee bereits "Hochverrat" unterstellt und gegen den Kreml mit dem Gleichnis einer "Hütte voller Sch****" gewettert.
Nun hat sich der Anführer der Privatarmee mit überraschenden Worten per Brief an Schoigu gewandt. Wegen einer drohenden Gegenoffensive der ukrainischen Streitkräfte in den nächsten Wochen, fleht er nun den russischen Verteidigungsminister um Hilfe an.
"Negative Folgen" für gesamte Invasion
Schoigu solle dringend die nötigen Schritte einleiten, um zu verhindern, dass die Wagner-Truppen von den russischen Streitkräften abgeschnitten werden. Es wäre aber nicht Prigoschin, wenn dem nicht auch eine als Warnung getarnte Drohung folgen würde: Ohne Unterstützung seiner Söldner werde es "negative Folgen" für die gesamte Invasion geben. "Im Moment sind die Aussichten düster", so der kriegerische Milliardär in einem anderen Beitrag auf Telegram.
Der Hintergrund: die Gruppe Wagner ist bei der Beschaffung von Kriegsgerät auf das russische Verteidigungsministerium angewiesen. Bereits in den Jahren vor Beginn der Invasion hatte Schoigus Ressort die in Russland eigentlich illegalen Paramilitärs ausgestattet.
Neben Versorgungsproblemen an weiten Frontabschnitten kommt aber noch eine politische Dimension dazu: Auch Schoigu braucht einen Erfolg, den er für sich und die regulären Truppen verbuchen kann. Sollte es die Schattenarmee von "Putins Koch" schaffen, Bachmut aus eigener Kraft und ohne sichtbare Unterstützung durch die russischen Streitkräfte zu erobern, wäre dies eine schwer zu schluckende Schmach für Schoigu. Besonders, weil seit Monaten deutliche Fortschritte ausgeblieben sind.
Und: Auch Prigoschin wird nachgesagt, ein eigenes Süppchen zu kochen und politische Ambitionen zu hegen. Immerhin war er vor Kriegsausbruch kaum öffentlich in Erscheinung getreten und hatte vehement alle Verbindungen zur Gruppe Wagner bestritten. Mittlerweile bekennt er sich nicht nur dazu, sondern stilisiert sich selbst zum Frontmann und Aushängeschild der mörderischen Truppe.
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