Nicht mal Bruder wusste davon
Assads geheime Flucht – so entkam Tyrann nach Moskau
Der syrische Diktator ist seinem gewaltsamen Sturz zuvorgekommen und geflohen. Bis zuletzt log er Vertraute und Familie über seine Fluchtpläne an.
Seit 8. Dezember ist das Terror-Regime von Baschar al-Assad Geschichte. Der Tyrann selbst rettete mit Wladimir Putins Hilfe seine eigene Haut nach Moskau – seine Vertrauten, Militärs und sogar Verwandte ließ er ahnungslos zurück, log wie gedruckt.
Das ergab eine Rekonstruktion von Assads letzten Stunden in Syrien durch die Nachrichtenagentur Reuters. Unter dem Schutz der Anonymität packen Assads Berater, Diplomaten und Sicherheitsbeamte gegenüber den Journalisten aus.
Insgesamt 14 solcher Insider zeigten in Interviews auf, wie der syrische Diktator sich anfänglich noch verzweifelt an die Macht klammerte und als das scheiterte, sein sinkendes Schiff eiligst verließ. "Assad hat sich einfach aus dem Staub gemacht. Er hat seine Anhänger ihrem Schicksal überlassen", sagt Nadim Houri, Geschäftsführer der regionalen Denkfabrik "Arab Reform Initiative".
Das Protokoll zu Assads Flucht
28. November 2024 – Tags zuvor war den Rebellen der Durchbruch in der Provinz Aleppo gelungen. Assad fliegt nach Moskau, um um militärische Hilfe zu betteln, stößt nach Angaben von drei regionalen Diplomaten im Kreml aber auf taube Ohren. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärt später, der russische Fokus liege auf der Ukraine.
Seinen eigenen Leute macht der syrische Diktator aber vor, dass russische Unterstützung unterwegs sei: "Er log sie an. Die Nachricht, die er aus Moskau erhielt, war negativ", wird Hadi al-Bahra, Chef der syrischen Opposition im Ausland, zitiert.
2. Dezember 2024 – Assad empfängt den iranischen Außenminister Abbas Araqchi in der syrischen Hauptstadt. Die Metropole Aleppo befindet sich da bereits in der Hand der islamistischen Hayat Tahrir al-Sham (HTS), die Schlinge um Damaskus zieht sich bereits zu.
Assad ist während des Treffens sichtlich verzweifelt und räumt ein, dass seine eigene Armee zu schwach ist, um Widerstand zu leisten, schildert ein hochrangiger Iran-Diplomat Reuters. Aber: Der Tyrann bat nie darum gebeten, dass Teheran Truppen in Syrien einsetzt – aus Furcht davor, dass Israel auf eine solchen Intervention mit Waffengewalt antworten und Syrien oder sogar den Iran angreifen könnte.
Bilder: Syrer plündern Assads Präsidentenpalast
Nach dem Scheitern dieser Hilfegesuchen fasst Assad den Entschluss, aus dem Land zu fliehen, das er und seine Familie seit 1971 in Knechtschaft regiert haben. Nur Wenigen vertraut er sich an, nicht einmal seinen eigenen Bruder Maher informiert er. Der berüchtigte Kommandeur der 4. gepanzerten Elitedivision der Armee flieht später auf eigene Faust mit einem Hubschrauber in den Irak und dann nach Moskau.
Baschar al-Assad will erst in die Vereinigten Arabischen Emirate, erinnern sich Personen aus seinem innersten Kreis. Doch die VAE weisen ihn aus Angst vor internationalen Sanktionen zurück. In Wladimir Putin hat Assad, trotz dessen Unwillens militärisch zu helfen, jedoch immer noch einen Unterstützer und Gönner.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow setzt daraufhin "alle Hebel in Bewegung", um Assad sicher außer Landes zu bringen. Er bringt die Türkei und Katar dazu, ihre Verbindungen zur HTS zu nutzen, um Assads Ausreise mit einem Flugzeug zu ermöglichen, ohne, dass dieses angegriffen wird, sagen drei Quellen zu Reuters. Offiziell behaupteten beide Länder, keine Kontakte zu der als Terror-Organisation eingestuften Miliz zu unterhalten.
Nach 13 Jahren! HTS-Rebellen stürzen Assad in Syrien
7. Dezember 2024 – Bei einem Treffen von etwa 30 Armee- und Sicherheitschefs im Verteidigungsministerium behauptet der Diktator immer noch, dass russische Militärunterstützung unterwegs sei, und forderte die Bodentruppen auf, durchzuhalten. Das berichtet einer der anwesenden Kommandanten.
Um 22.30 telefoniert Assad ein letztes Mal mit seinem Premierminister Mohammed al-Dschalali. "In unserem letzten Telefonat habe ich ihm gesagt, wie schwierig die Situation ist und dass es eine riesige Vertreibung (der Menschen) von Homs nach Latakia gibt... dass Panik und Entsetzen auf den Straßen herrschen", schildert der frühere Regierungschef später dem saudischen Fernsehsender Al Arabiya TV. "Er antwortete: 'Morgen werden wir sehen'... 'Morgen, morgen', war das Letzte, was er zu mir sagte." Am folgenden Morgen ist der Tyrann schon nicht mehr erreichbar.
Assads Medienberaterin Buthaina Shaaban kommt in seiner Villa an, um für ihn eine Rede zu schreiben, doch das Gebäude ist verlassen.
Anstatt nach Hause fährt Assad nämlich Samstagabend zum Flughafen, in der Nacht auf Sonntag hebt sein Flieger ab. Unter dem Radar und abgeschaltetem Transponder steuert er die russische Luftwaffenbasis Hmeimim bei der Küstenstadt Latakia an. Von dort geht es auch für ihn nach Moskau.
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Auf den Punkt gebracht
- Der syrische Diktator Baschar al-Assad ist seinem gewaltsamen Sturz zuvorgekommen und mit Hilfe von Wladimir Putin nach Moskau geflohen, während er seine Vertrauten und sogar seine Familie über seine Fluchtpläne im Unklaren ließ.
- Eine Rekonstruktion von Assads letzten Stunden in Syrien durch die Nachrichtenagentur Reuters zeigt, wie er verzweifelt um militärische Hilfe bat und schließlich heimlich das Land verließ, während seine Anhänger ahnungslos zurückblieben.