Gesundheit
Arzt hat wenig OP-Erfahrung – Frau danach gelähmt
Weil die Frau nach der OP Folgeschäden hat, klagt sie. Denn sie ist erst die Fünfte, die der Arzt mit der Methode operiert. Hätte er das sagen müssen?
Rechtlich sind Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet, ihre Patienten vor jedem Eingriff über die Risiken aufzuklären. Das Einverständnis des Patienten wird in schriftlicher Form von ihm unterfertigt festgehalten. Tritt eines der genannten Risiken ein, ist der Arzt so vor einer Haftung geschützt.
Aufgrund eines Bandscheibenvorfalls suchte die Frau einen Wahlarzt in dessen Privatordination auf. Nachdem die davor durchgeführten konservativen Maßnahmen zur Schmerzlinderung keinen Erfolg gezeigt hatten, riet der Arzt zur operativen Behandlung des Bandscheibenvorfalls, die sowohl in offener Methode als auch endoskopisch ("Knopflochmethode") durchgeführt werden könne. Der Arzt präferierte die offene Methode – die Risiken seien bei beiden Methoden etwa dieselben, hieß es. Jedoch: Beim endoskopischen Eingriff spielt die Erfahrung des Operateurs, mehr noch als bei anderen Eingriffen, eine erhebliche Rolle. Da sich die Frau bei der Wahl der Operationsmethode nicht eindeutig festlegte, wurde die OP schließlich endoskopisch durchgeführt.
Wie vorgeschrieben, wurde die Patientin im Rahmen eines ärztlichen Beratungsgesprächs über die Risiken des Eingriffs aufgeklärt. Im verwendeten Aufklärungsbogen wurde unter anderem darauf hingewiesen, dass es trotz größter Sorgfalt unter Umständen zu lebensbedrohlichen Komplikationen kommen könne. Unter anderem wurden die Verschlechterung der Bewegungsfähigkeit der Beine bis hin zu Lähmungen und Störungen genannt. Außerdem wurde darauf hingewiesen, dass das Ergebnis bei etwa 10 Prozent aller Operationen unbefriedigend sei. Die Patientin unterschrieb den Aufklärungsbogen samt Einwilligungserklärung – als Zeichen, alle Risiken und Folgen der Behandlung verstanden zu haben.
Forderung: 60.000 Schmerzengeld
Die OP wurde jedoch nicht vom Wahlarzt der Patientin, sondern von einem der Fachärzte im Spital durchgeführt. Aber auch das wurde im vorherigen Aufklärungsgespräch festgehalten.
Bei dem Eingriff kam es zur Verletzung einer Nervenwurzel – ein typisches und oft unvermeidbares Risiko bei derartigen Operationen, was Lähmungserscheinungen und Rückenschmerzen für die Frau zur Folge hatte. Die Frau klagte das Spital um 60.000 Euro Schmerzengeld. Im Zuge der Ermittlungen konnte kein Fehler des Arztes festgestellt werden, allerdings war die Klägerin erst die fünfte Patientin, die der Arzt endoskopisch operierte (obwohl seit 1990 als Neurochirurg tätig). Über diese Tatsache hätte sie im Vorfeld informiert werden müssen, so die Klägerin.
"Methode ordnungsgemäß erlernt"
Es folgten drei weitere Eingriffe, die zwar zur Minderung der Schmerzen führten, jedoch nicht beschwerdefrei machen konnten, sodass die Frau weiterhin Medikamente und Therapie benötigt.
Nachdem der Fall bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) durchjudiziert wurde, entschied dieser jetzt, dass der Arzt im Vorfeld nicht dazu verpflichtet ist, über seinen Erfahrungsstand zu informieren. Denn laut den Richterinnen und Richtern hat er die Methode ordnungsgemäß erlernt. Seine Kenntnisse seien geeignet gewesen, um die Operationen selbstständig durchzuführen. Das Urteil HIER nachlesen.