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Arzt ändert Protokolleinträge nach Tod einer Patientin
Ein Arzt steht vor Gericht, weil er die Anzeichen einer Thrombose nicht erkannte. Nach dem Tod der Patientin änderte er seine Einträge im Protokoll.
Wegen eines Sturzes von einer Treppe im Juni 2017 suchte eine Frau ihren in St. Gallen praktizierenden Hausarzt auf. Es sollten sechs weitere Termine beim gleichen Arzt folgen. Bei einer dieser Konsultationen klagte die stark übergewichtige Frau über Schmerzen im oberen Sprunggelenk, wobei auch eine Schwellung erkennbar war.
Als die Frau Anfang Juli ein letztes Mal den Arzt aufsucht, klagt sie weiterhin über Schmerzen im linken Bein. Spätestens hier hätte der Arzt laut Anklageschrift Alarm schlagen müssen. Denn bei der Frau hatte sich eine Thrombose im linken Unterschenkel gebildet. Zwar hatte der Hausarzt eine Röntgenaufnahme angefordert, um einen etwaigen Knochenbruch auszuschließen. Doch eine Thrombose als mögliche Ursache für den Schmerz habe er nicht in Erwägung gezogen.
Mehrere Risikofaktoren missachtet
Laut Anklageschrift hatte es aber diverse Risikofaktoren gegeben. Nebst dem starken Übergewicht nahm die Frau auch die Anti-Baby-Pille ein. Die Thrombose hätte man mit einem Ultraschall-Bild oder einem Blutwerttest feststellen können. Dies wurde nicht gemacht und die Frau starb einen Tag nach dem letzten Arztbesuch an einer "fulminanten" Lungenembolie.
Der Hausarzt erfuhr noch am selben Tag vom Tod seiner Patientin. Kurz darauf änderte er in der praxiseigenen Software die Einträge zur Krankheitsgeschichte der Frau. So fügte er beispielsweise an, dass die Patientin keine Thrombose-Spritze wünscht, obwohl dies im ursprünglichen Eintrag nicht erwähnt wurde.
Einträge im Protokoll geändert
Die Staatsanwaltschaft St. Gallen wirft dem Arzt vor, die Einträge bewusst geändert zu haben, damit er in einer vorteilhafteren Position stehe. Auch habe er nach Angaben der Staatsanwaltschaft die Änderungen vorgenommen, um sich vor einer etwaigen Strafverfolgung zu schützen.
Dieser Fall ist nun eingetreten. Die Staatsanwaltschaft fordert wegen fahrlässiger Tötung sowie der mehrfachen Urkundenfälschung eine bedingte Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu 570 Euro (insgesamt 102.000 Euro). Die Verhandlung findet am 4. Januar statt.
Verfahren wurde zunächst eingestellt
In der Strafuntersuchung stellte das Untersuchungsamt St. Gallen das Verfahren laut Verteidiger des Arztes zunächst im März 2019 ein. "Dies mitunter auch aufgrund des Ergebnisses eines ersten Gutachtens des Institutes für Rechtsmedizin des Kantonsspitals St. Gallen", sagt der Verteidiger. Im Gutachten kam man zum Schluss, dass es sich letztlich um einen schicksalhaften Verlauf und damit einen natürlichen Tod der Patientin handelte.
Die Familie der Frau hatte Beschwerde eingereicht, weshalb noch ein weiteres Gutachten vom Rechtsmedizinischen Institut der Universität Bern erstellt wurde und nun das Kreisgericht St. Gallen über die Schuldfrage befinden wird. Das Ergebnis des zweiten Gutachtens entlastet seinen Klienten ebenfalls, wie der Verteidiger des Arztes betont. Es gilt die Unschuldsvermutung.