Politik

"96%": Babler will als SPÖ-Chef neue Steuer einführen

Der Showdown um die SPÖ-Spitze geht in die entscheidende Phase. Bei seiner emotionsgeladenen Rede zog Andreas Babler die Aufmerksamkeit auf sich.

Nicolas Kubrak
Andi Babler bei seiner Rede am Parteitag
Andi Babler bei seiner Rede am Parteitag
Sabine Hertel

Der 3. Juni wird in die Geschichte der Sozialdemokratie eingehen. Am Samstag drückt die SPÖ nach monatelangen Turbulenzen gemeinsam mit ihrem neuen Parteichef den Neustart-Knopf. Wer das sinkende Schiff vor dem Untergang retten soll, ist noch ungewiss – es dürfte aber ein äußerst knappes Rennen werden. 

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    Am 2. Juni findet in Linz ein außerordentlicher Parteitag der SPÖ statt, bei dem der Nachfolger von Pamela Rendi-Wagner bestimmt wird. Es gibt zwei Kandidaten:
    Am 2. Juni findet in Linz ein außerordentlicher Parteitag der SPÖ statt, bei dem der Nachfolger von Pamela Rendi-Wagner bestimmt wird. Es gibt zwei Kandidaten:
    Sabine Hertel

    603 Delegierte entscheiden

    Entschieden wird alles in einer Kampfabstimmung zwischen dem Traiskirchner Bürgermeister Andreas Babler sowie Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil. Bevor die 603 anwesenden Delegierten ihre Stimme abgeben, hielten beide Kandidaten noch eine 45-minütige Rede, bei der sie einmal mehr ihre Ideen präsentierten. Zuerst ging der burgenländische Landeschef vor das Mikro, danach war Babler dran.

    Danksagung an Rendi-Wagner

    Um 11.47 Uhr begab sich Babler zum Rednerpult und begann sein Referat. Für ihn sei es etwas Besonderes, für die Spitze der Partei kandidieren zu dürfen. Er räumte ein, dass die Debatte der vergangenen Woche nicht mehr wirklich sachlich, sondern viel mehr persönlich gewesen seien. Man stehe als Sozialdemokratie jedoch vor einem Aufbruch in eine neue Zeit, einer Zeit der Wiedervereinigung. Bevor er mit dem inhaltlichen Teil weitermachte, bedankte er sich noch bei der Ex-Vorsitzenden Rendi-Wagner, die die Partei in einer schweren Zeit übernommen und es nicht immer einfach hatte. 

    Die SPÖ sei eine Mitgliederorganisation, die gemeinsam um ihre Recht kämpfe und gemeinsam auch stärker als alle andere sei. Der Kandidat um den Parteivorsitz erinnerte sich an seine Kindheit, als die Partei zusammen mit Gewerkschaften "unser Leben täglich besser gemacht" hatte. Heute sei die Situation eine andere: Es seien die Konzerne, die die Starken sind, die Arbeitnehmer hätten immer weniger Rechte – nicht nur in Österreich, sondern auf der gesamten Welt. "Das muss enden", so Babler.

    Alle Fotos - so emotionsgeladen war Bablers Rede:

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      Bablers Rede fiel sehr enthusiastisch aus.
      Bablers Rede fiel sehr enthusiastisch aus.
      Sabine Hertel

      "Das ist ein Herzblut"

      Danach rechnete der Traiskirchner Bürgermeister mit der aktuellen Bundesregierung ab, es brauche ein Gegenmodell zum aktuellen System. "Wir wehren uns gegen Einmalzahlungen", betonte er. Viel mehr seien wieder stärkere Gewerkschaften notwendig, denn: "Parteien und Gewerkschaften sind ein Herzblut, wenn es um höhere Löhne gehen" – diese seien in Zeiten der Mega-Inflation auch bitter nötig. 

      Ein weiteres Problem seien der Personalmangel in Gesundheitsberufen. "Jeder muss die Garantie auf beste medizinische Grundversorgung haben", sagte Babler und betonte, dass er in dieser Thematik mit "dem Hans Peter" vieles gemeinsam habe. Es brauche unter anderem wieder bessere Arbeitsbedingungen, "dann wird das auch kein Mangelberuf mehr sein". 

      Am Samstag, 3. Juni 2023, wird neuer SPÖ-Chef gewählt.
      Am Samstag, 3. Juni 2023, wird neuer SPÖ-Chef gewählt.
      APA-Grafik / picturedesk.com

      Keine Bittsteller

      Das Wort Bittsteller zog sich durch die gesamten 45 Minuten der Babler-Rede. Gastarbeiter, Kinder, Personen, die sich für das Klima einsetzen – all diese Menschen seien keine Bittsteller. Apropos Klima: Hier vertritt der Kandidat eine klare Position: Die Menschheit habe schon jetzt einen Kipppunkt erreicht, der "nicht mehr reparabel" sei. Die reichsten 10 Prozent seien für die Hälfte aller Emissionen verantwortlich. Folglich gebe es in immer mehr Regionen (Trink-)Wassermängel, weswegen es wiederum vermehrte Verteilungskämpfe gebe. "Diese Verteilungskämpfe werden bald auch hier ankommen", so Babler, der betonte, dass dies ein "sozialdemokratischer Kampf" sei.

      Steuerpolitik neu denken

      Einen wichtigen Punkt des Referats stellte die Kinderarmut in Österreich dar. 350.000 Kinder im Land seien armutsgefährdet oder leben bereits in dieser. Sein Ziel ist es, jedes einzelne Kind aus der Armut zu holen – das soll unter anderem mit einer Kindergrundsicherung funktionieren. Auch warme Mahlzeiten seien "das Mindeste", was man machen könne. Zudem setzt sich Babler für eine gratis Nachmittagsbetreuung ein. Die Sozialdemokratie müsse immer aus der Kindersicht sehen, "das ist etwas, wofür wir als Partei brennen". 

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        Am 2. Juni findet in Linz ein außerordentlicher Parteitag der SPÖ statt, bei dem der Nachfolger von Pamela Rendi-Wagner bestimmt wird. Es gibt zwei Kandidaten:
        Am 2. Juni findet in Linz ein außerordentlicher Parteitag der SPÖ statt, bei dem der Nachfolger von Pamela Rendi-Wagner bestimmt wird. Es gibt zwei Kandidaten:
        Sabine Hertel

        Wie soll das funktionieren? Indem man bei der Steuerpolitik ansetzt. "Wir brauchen eine Steuerpolitik, die auch wirklich steuert." Es führe einfach kein Weg an einer Vermögensbesteuerung vorbei. 96 Prozent aller Haushalte würden profitieren, wenn man nur vier Prozent der reichsten Haushalte vermögensbesteuert, unterstrich er. An Kritikern einer solchen Maßnahme ließ Babler kein gutes Haar. Die Frage "Wer soll das zahlen?" sei unmoralisch, denn schließlich habe man in Corona-Zeiten mit milliardenschweren Fonds Unternehmen und Konzerne unterstützt. Daher kündigte er an, als SPÖ-Vorsitz die Vermögenssteuer zu einer Koalitionsbedingung zu machen.

        "Wir machen Träume zur Wirklichkeit"

        Vorwürfe, dass solche Forderungen ein "Traum" seien, wies der Kandidat scharf zurück. Die SPÖ habe bereits in der Vergangenheit aus Träumen Wirklichkeit gemacht – Stichwort 8-Stunden-Tag oder mehr Urlaubswochen, die eine Illusion gewesen seien, "bis das auch verwirklich wurde. So funktioniert Sozialdemokratie, liebe Genossinnen und Genossen", sagte ein emotionsgeladener Babler. 

        Gegen Ende zog Babler, der bekanntlich großer Fußball-Fan und FC-St.Pauli-Unterstützer ist, einen Vergleich zu einem der besten Fußballer der Geschichte, dem Holländer Johan Cruyff, der einmal sagte: "Wenn wir den Ball haben, schießt der Gegner kein Tor." Genau diese Devise müssen nun auch die Partei befolgen und eine "offensive Sozialdemokratie" zu etablieren – etwa indem man Werte wie Nächstenliebe und Solidarität wieder zum Grundprinzip der Politik macht. Dass das aktuell nicht der Fall sei, ist laut Babler "pervers". Das Ziel müsse sein, die unangefochtene Nummer 1 des Landes zu sein und zu bewirken, dass andere Parteien für die SPÖ koalitionsfähig sein müssen, nicht umgekehrt.

        Standing Ovations zum Schluss

        Zu guter Letzt bedankte sich der Bürgermeister von Traiskirchen bei allen, die ihn in den vergangenen Wochen und Monaten unterstützten und dies noch immer tun. Er habe bei seinen Basistouren, aber auch bei der Mitgliederbefragung, gemerkt, dass immer mehr Menschen wieder Teil der Partei sein wollen und das sei ein großer Grund zur Freude. "Wir brauchen jetzt alle: Vom Mühlviertel bis zum Neusiedlersee. Vom Bodensee bis nach Wien", so sein Appell. "Wir übernehmen jetzt eine hohe Verantwortung – es ist an der Zeit, wieder mehr Sozialdemokratie zu wagen. Freundschaft." Nach seiner Rede brauste im Linzer Design Center richtige Jubelstimmung auf, Babler wurde laut beklatscht und erhielt viele Standing Ovations.

        609 Delegierte finden sich beim SPÖ-Parteitag ein.
        609 Delegierte finden sich beim SPÖ-Parteitag ein.
        APA-Grafik / picturedesk.com
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