Wien

Ärzte gaben Wiener Künstler nur noch zwei Jahre

Artur Belja (42) ist erfolgreicher Künstler – obwohl er seine Gliedmaßen nicht bewegen kann. Er will Kunst von Beeinträchtigten sichtbarer machen.

Yvonne Mresch
Über 500 Euro zahlen Interessierte für Bilder von Artur Belja. Der 42-jährige sitzt im Rollstuhl, doch das hält ihn nicht von seinem größten Hobby ab.
Über 500 Euro zahlen Interessierte für Bilder von Artur Belja. Der 42-jährige sitzt im Rollstuhl, doch das hält ihn nicht von seinem größten Hobby ab.
Sabine Hertel

"Mein Weg war steinig, aber ich habe nie aufgegeben", sagt Artur Belja heute. Bereits im Alter von 14 Monaten wurde bei dem gebürtigen Bulgaren spinale Muskelatrophie diagnostiziert – eine seltene neuromuskuläre Erkrankung, bei der die Nervenzellen, die die Muskelbewegungen steuern, geschädigt werden. Betroffene, wie auch Belja, leiden unter zunehmender Muskelschwäche und Muskelschwund.

"Habe mich gefragt, was ich mit meinem Leben machen soll"

"Mein ganzes Leben lang habe ich von Ärzten gehört, ich hätte nur noch zwei Jahre zu leben. Ich lebte permanent mit dem Gedanken, bald zu sterben", erinnert er sich. Die Krankheit ist fortlaufend, das bedeutet sie schreitet in Schüben fort. "Als Kind konnte ich noch viel mehr machen. Aber viel Kraft hatte ich nie, auch der Rollstuhl war immer mein Begleiter", so Belja.

An die Schulzeit erinnert sich der heute 42-jährige nicht gerne zurück: "Ich war immer das ausländische, behinderte Kind. Hinzu kam, dass ich nie meine Klappe halte und einen speziellen Humor habe. Das war meine Waffe, kam aber nicht immer gut an." Nach zahlreichen Steinen, die ihm in den Weg gelegt wurden, brach Belja die Schule ab. "Ich habe zwei Jahre nur gezockt und mich gefragt, was ich mit meinem Leben machen soll."

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    Artur Belja ist Künstler aus Leidenschaft. Immer mit dabei: Katze "Iris".
    Artur Belja ist Künstler aus Leidenschaft. Immer mit dabei: Katze "Iris".
    Sabine Hertel

    Von Grußkarten zu "Swing-Pics"

    Eines begleitete Belja jedoch schon sein Leben lang: Die Kunst. "Ich habe das Talent von meiner Mutter geerbt, konnte immer schon gut Zeichnen. Das half mir auch dabei, mich auszudrücken. Konnte ich ein Wort auf Deutsch nicht, habe ich es gemalt", lacht er. Auch das Schreiben war ein großes Hobby des Wieners, der bereits zahlreiche Kurzgeschichten veröffentlichte und gerne Fantasy-Romane schreibt. Doch die Kunst war immer im Hinterkopf.

    Ein Griechenland-Urlaub, in dem Belja eine Künstlerin kennenlernte die an ihn glaubt, gab den Anstoß für seine Karriere: "Ich habe zunächst Grußkarten mit Window Colour gemalt. Die kamen gut an und ich habe sie für einige Jahre auf Märkten verkauft." Schließlich kam Belja auf die sogenannten "Swing-Pics": Eine Person malt mit geschlossenen Augen in schwingenden Bewegungen Linien auf ein Blatt Papier – daraus kreiert der Künstler dann seine Werke.

    Fünfter Platz bei Kunstwettbewerb

    "Malen ist für mich Meditation, es erdet mich und ist, wie bei einem Sportler, einfach Ausgleich", erklärt Belja seine Faszination. Doch die drohte 2016 ein jähes Ende zu finden: Durch einen weiteren Schub verlor er plötzlich die Kraft in seinen Armen und konnte sie schließlich gar nicht mehr bewegen. "Das war ein Absturz für mich. Ich war frustriert und dachte, das Malen kann ich nun ganz vergessen. Es ist hart, weil der Kopf ja funktioniert aber der Körper nicht mitspielt."

    Doch Belja gab nicht auf: Er fand auf digitalem Weg eine Möglichkeit, seine Leidenschaft weiter auszuüben. Sein Geld verdient er als HR-Mitarbeiter in einem Unternehmen, wo er Assistenten für Menschen mit Behinderungen vermittelt. In seiner Freizeit kreiert er weiterhin Kunstwerke. Eines davon reichte er nun beim Kunstwettbewerb des Vereins "voi fesch" ein. Die 2015 gegründete Organisation hat das Ziel, die Fähigkeiten von Menschen mit Behinderungen sichtbar zu machen. 285 Werke wurden eingereicht, Belja darf sich über den fünften Platz freuen.

    Malen mit dem Rollstuhl

    "Wie oft hörte ich Sätze wie 'Kinder können auch Malen' oder 'Der Behinderte bettelt um Almosen'", sagt Belja. "Es muss sich endlich etwas ändern, denn es gibt so viele geniale Menschen mit Talent. Wir wollen nicht nur vorgezeigt werden, wollen nicht, dass Politiker sich mit uns brüsten. Wir wollen zeigen, was wir können: Kunst ist nicht Perfektion, sondern Emotion." Artur Belja hat auch bereits ein weiteres Projekt im Kopf: "Ich möchte mit meinem Rollstuhl auf einer großen Fläche "schwingen", also zeichnen. Das ganze wird dann von einer Drohne aufgenommen. Aber bis dahin dauert es noch."

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