Niederösterreich
500 % mehr fürs Gas! Jurist zahlt EVN-Rechnung nicht
Michael Z. fühlt sich von der EVN überfahren: Der Gaspreis wurde ohne Info um 500 % angehoben, er zahlte den "alten" Preis, lässt es darauf ankommen.
Verhärtete Fronten zwischen Kunde Michael Z., Jurist im Brotberuf und dem Energieriesen EVN: Der 42-Jährige aus Baden hat eine Gasheizung und kam auf recht sparsame 17.559,8 kWh-Verbrauch für knapp 13 Monate. Der Angestellte hatte im November 2021 zur EVN gewechselt und den Tarif "Optima Flex Gas" mit 12 Monaten Preisgarantie gewählt.
Für allfällige spätere Preiserhöhungen sicherte die EVN laut Michael Z. noch Folgendes im Preisblatt zu: „Über die neuen Preise werden wir Sie rechtzeitig vor der jährlichen Preisanpassung der von Ihnen gewünschten Form (E-Mail, SMS) informieren.“ Per 5. Februar 2022 bekam er fortan Gas um 3,41 Cent pro Kilowattstunde, doch mit der Jahresabrechnung Ende Februar 2023 fiel dem rechtskundigen Badner auf, dass der Tarif ab 5. Februar 2023 von 3,41 auf 20,34 Cent erhöht worden war. "Eine Steigerung um fast 500 Prozent! Nur jene 23 Februartage hatten Mehrkosten von 382,48 Euro zur Folge“, erklärt Michael Z.
"EVN hat alle Kontaktdaten"
Da er die laut AGB verpflichtend vorgesehene Vorab-Info über die 500 %-ige Tariferhöhung nicht erhalten hatte, legte er Einspruch ein. Doch die EVN verwies darauf, dass er als Kunde nicht mitgeteilt habe, ob und wie er über etwaige Preisanpassungen informiert werden möchte. Michael Z. entgegnet: „Das Preisblatt sagt nicht, dass ich für den Erhalt der rechtzeitigen Vorab-Info der EVN zu geänderten Preisen noch aktiv etwas tun müsste. Die EVN hat zudem alle meine Kontaktdaten, deshalb verstehe ich nicht, weshalb die Vorab-Info seitens EVN unterblieb.“
Notgedrungen wechselte Michael Z. den Lieferanten ab 1. April 2023, fürs Monat März entstanden dem Badener nochmals Mehrkosten in der Höhe von 456,20 Euro. Der 42-Jährige wandte sich auch an die E-Control-Schlichtungsstelle, die die Preiserhöhung ohne die vertraglich vereinbarte Vorab-Info ebenfalls als kritisch einstufte. Michael Z. zahlte somit für die 23 Februartage und den März seinen Gasverbrauch zum "alten" Tarif, also 158,37 Euro sowie 161,04 Euro - die von der EVN geforderten Mehrkosten von 838,86 Euro blieben offen.
Inkasso und Gericht
Ein längerer Schriftverkehr mit der EVN fruchtete schließlich nicht, mittlerweile schaltete die EVN ein Inkasso-Institut ein. "Notfalls muss die Angelegenheit vor dem Bezirksgericht geklärt werden", erklärt der Jurist und meint abschließend: "Angesichts einer Gewinnsteigerung bei der EVN im aktuellen Geschäftshalbjahr um mehr als 70% und einer kürzlich vorgeschlagenen Sonderdividende an die EVN-Aktionäre in der Höhe von 111 Mio. Euro kann ich über das Verhalten der EVN nur mehr den Kopf schütteln."
Das sagt EVN
Die EVN nahm zum Fall wie folgt Stellung: Der Kunde habe damals das Informationsfeld nicht angekreuzt. "Dies war damals noch optional und der Kunde hat es eben nicht angekreuzt. Viele andere Kunden beschweren sich andererseits wieder über zu viele Infos und Schriftstücke", erklärt Stefan Zach. Der EVN-Pressechef bot dem Juristen auch ein klärendes Gespräch an.
Schlichtungsstelle sieht es kritisch
Die Schlichtungsstelle beantwortet die Urgenz des Juristen damals wörtlich wie folgt: "Vorab möchten wir ausdrücken, dass wir Ihre Unzufriedenheit nachvollziehen können. Tatsächlich sehen auch wir die nicht erfolgte Information über die Preiserhöhung - wie in Ihrem Fall - kritisch. Dies haben wir dem Energielieferanten bereits mehrfach mitgeteilt. In mehreren Beschwerdefällen haben wir die Vermittlungstätigkeit aufgenommen und auch Lösungsvorschläge ausgearbeitet und den Verfahrensparteien unterbreitet. Der Lieferant hält jedes Mal erneut fest, dass die Preisanpassung unabhängig von einer diesbezüglichen Information gültig sei, da der Preisanpassungsmechanismus und -zeitpunkt klar und eindeutig vertraglich geregelt sei. Die Vornahme oder Nichtvornahme der Preisinformation habe keine Auswirkungen auf die Gültigkeit der vertraglich eindeutig geregelten und demgemäß vorgenommenen Preisanpassungen. Die Energieunternehmen sind zwar zur Mitwirkung an Schlichtungsverfahren verpflichtet, sie sind aber nicht verpflichtet, unsere Lösungsvorschläge anzunehmen, da wir keine bindenden Entscheidungen treffen können. Wir können lediglich vermittelnd tätig werden und versuchen, eine Lösung zu finden. Wir bitten daher um Verständnis, dass wir Ihr Anliegen nicht in einem weiteren aussichtlosen Schlichtungsverfahren behandeln können. Die Schlichtungsstelle hat derzeit eine Vielzahl an Eingaben zu bewältigen und bestimmte Anträge, bei denen ein Ablehnungsgrund vorliegt, müssen daher auch in der weiteren Bearbeitung abgelehnt werden."