Experten fordern Wartefrist
4.600 Euro Sozialhilfe - so viel musst du verdienen
Die Debatte um die Sozialhilfe hört nicht auf. Die Agenda Austria fordert jetzt eine Wartefrist, bevor die volle Sozialhilfe ausbezahlt wird.
4.600 Euro: So viel erhält eine neunköpfige syrische Familie in Wien wie berichtet monatlich an Sozialhilfe. Dieser Fall ließ zuletzt deutliche Rufe nach einer Reform des Systems laut werden. Eine solche fordert auch die wirtschaftsliberale Denkfabrik Agenda Austria. Sie hat für "Heute" ausgerechnet, was eine Familie mit sieben Kindern unter 18 Jahre verdienen müsste, um zwölf Mal auf 4.600 Euro netto im Jahr zu kommen.
Die Berechnung
Das Ergebnis: Verdient nur ein Elternteil, wären es 4.843 Euro brutto pro Monat. Berücksichtigt in dieser Berechnung hat die Agenda Austria den Familienbonus, nicht aber Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag. Verdient ein Elternteil 1.000 Euro, müsste der andere 3.798 Euro beziehen. Bei 2.000 Euro sind es 2.792 Euro, bei 3.000 dann 1.776 und bei 4.000 Euro 807 Euro für den zweiten.
"Wie unsere Berechnungen zeigen, ist es tatsächlich so, dass es immer mehr Situationen gibt, in denen sich Arbeit nicht mehr lohnt und Menschen finanziell besser dastehen, wenn sie nicht arbeiten", sagt Denés Kucsera, Ökonom bei der Agenda Austria, im "Heute"-Gespräch. Im angesprochenen Beispiel der Großfamilie, die dank Sozialhilfe auf 4.600 Euro kommt, müsste ein Arbeitnehmer also das doppelte Medianeinkommen beziehen. "Das ist übrigens unabhängig davon, ob es sich um Migranten handelt – es wäre bei Österreichern das gleiche", so Kucsera.
„In immer mehr Situationen lohnt sich Arbeit nicht mehr.“
Der Experte fordert die Schaffung von Anreizen, damit Menschen einen Job annehmen. Dazu müsse das System in mehreren Schritten reformiert werden. Eine Maßnahme sei die Verschärfung von Sanktionen. Immerhin gelte in der Sozialhilfe der Grundsatz der Arbeitsbereitschaft. Heißt: Jeder ist verpflichtet, eine Arbeit aufzunehmen. Fehlt diese Bereitschaft, kann einem Erwachsenen die Sozialhilfe heute schon gestrichen werden. Bei der Exekution dieser Strafen ist Österreich aber laut Ansicht der Agenda Austria häufig zu milde.
Kucsera weiter: "Ganz wichtig ist ein einheitliches System der Mindestsicherung in ganz Österreich." Um das durchzusetzen, sollten jene Bundesländer, die die Gesetze zur Sozialhilfe nicht vollständig umsetzen – derzeit sind das Wien, Burgenland und Tirol – beim Finanzausgleich entsprechend sanktioniert werden, also weniger Geld vom Bund erhalten. Sollten Bundesländer dennoch höhere Leistungen auszahlen wollen, sollten sie diese künftig durch lokale Einnahmen finanzieren. Eine Querfinanzierung über das Budget solle so entfallen.
Fokus auf Sach- statt Geldleistungen
Ebenfalls am Wunschzettel der Agenda Austria: eine Zusammenführung der zahlreichen Leistungen, die es momentan gibt, etwa Mietbeihilfe, Sozialhilfe oder Familienbeihilfe, unter dem Dach der Sozialhilfe. Kucsera fordert auch einen stärkeren Fokus auf Sach- statt Geldleistungen. Das sei "im Sinne der bestmöglichen Versorgung der Kinder".
Eine Kernforderung ist eine Wartefrist bis zum vollen Bezug der Sozialhilfe. "Damit jene Menschen belohnt werden, die für den Sozialstaat bereits etwas beigetragen haben, sollte diesen vollen Anspruch erst haben, wer fünf Jahre Vollzeit oder zehn Jahre Teilzeit gearbeitet hat. Und es brauche eine faire Verteilung der Asylberechtigten auf alle Bundesländer. Hier plädiert der Ökonom für eine Residenzpflicht für die Asylberechtigten. "Der Bund könnte das mit Sanktionen beim Finanzausgleich verbinden – damit nicht alle Steuerzahler für Wien bezahlen müssen."
Die Bilder des Tages
Auf den Punkt gebracht
- Wirtschaftsexperten der Agenda Austria fordern eine Wartefrist von fünf Jahren Vollzeitarbeit, bevor die volle Sozialhilfe ausbezahlt wird
- Sie argumentieren, dass es immer mehr Situationen gibt, in denen sich Arbeit nicht mehr lohnt und Menschen finanziell besser dastehen, wenn sie nicht arbeiten
- Die Experten fordern auch eine Schaffung von Anreizen, damit Menschen einen Job annehmen, sowie eine einheitliche Mindestsicherung in ganz Österreich
- Außerdem plädieren sie für eine Zusammenführung der verschiedenen Leistungen unter dem Dach der Sozialhilfe und eine stärkere Fokussierung auf Sach- statt Geldleistungen