Wirtschaft
1,7 Milliarden Euro fehlen – jetzt spricht Wien Energie
Die Strompreise sind plötzlich explodiert: 1.000 Euro pro Megawattstunde werden schon verlangt, Wien Energie kann das alleine nicht mehr bezahlen.
Wien Energie ist durch einen massiven Teuerungssprung in finanzielle Schieflage geraten. Rund 1,7 Milliarden Euro an Sicherheiten fehlen plötzlich. Nachdem das Unternehmen beim Energiegipfel der Bundesregierung am Wochenende diese Bombe platzen ließ, hat es um Finanzhilfe durch den Bund angefragt.
Am Montag nahmen die Verantwortlichen dann erstmals öffentlich zu der massiven Geldnot Stellung: "Aufgrund des am Freitag abermals und plötzlich explodierten Strompreises steigen die erforderlichen Sicherheitskautionen im Energiehandel unvorhergesehen an." Innerhalb nur eines Tages sei der Preis im Handel von 700 auf rund 1.000 Euro pro Megawattstunde angestiegen – analog dazu hätten sich die erforderlichen Kautionen für bereits getätigte Geschäfte in der Zukunft vervielfacht.
Keine Insolvenz
Während es in Österreich der erste Fall einer so massiven Schieflage ist, sei diese Situation in Nachbarländern bereits aufgetreten: "Internationale Energieversorger in Deutschland stehen vor denselben Problemen und nutzen bereits das Instrument von staatlicher Unterstützung", rechtfertigt sich Wien Energie.
Gleichzeitig wird betont: Sowohl Wien Energie als auch die Wiener Stadtwerke seien "solide, wirtschaftlich gesunde Unternehmen mit bester Bonität". Es müssten keine Verluste ausgeglichen werden. Weil man aber die größten Gaskraftwerke Österreich betreibe, sei man dem Preisdruck damit am stärksten ausgeliefert.
Zum fehlenden Geld stellt man klar: "Die notwendigen Sicherheiten dienen ausschließlich der Absicherung von bereits getätigten Geschäften an der Energiebörse und damit der langfristigen Sicherstellung der Energieversorgung in Wien und ganz Österreich. Diese Sicherheiten sind als Garantien ein üblicher Teil von Handelsgeschäften. Die Kautionen kommen zurück, sobald die Handelsgeschäfte abgewickelt wurden."
So funktioniert der Energiehandel
Energie wird in Europa an der Börse gehandelt. Neben kurzfristigen Handelsgeschäften wird der Großteil der Energie am Terminmarkt verkauft. Dort werden Geschäfte abgeschlossen, die erst in Zukunft erfüllt werden – im Fachjargon spricht man von "Futures".
Wien Energie verkaufe Strom aus den Kraftwerken bis zu zwei Jahre im Voraus und beschafft Strom und Gas langfristig für seine Kunden an der Börse. So sichere sich das Unternehmen gegen zukünftige Strompreisschwankungen ab und könne damit für seine Kunden und Kraftwerke die Energiepreise für die nächsten Jahre abschätzen. "Das steigert die Planungssicherheit und ist ein bewährtes Instrument des Risikomanagements im Energiebereich", sagt das Unternehmen. Die Teuerung hat dieses Vorgehen aber nun völlig ausgehebelt.